Labordiagnostik
Blasenentzündung (Zystitis)

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Urinuntersuchung mittels Teststreifens:
    • Ein Schnelltest auf Nitrit weist ggf. nitritbildende Bakterien im Urin nach. [Nitratnachweis bei Harnwegsinfektion (HWI): 95 % mit positivem Nitrattest haben positive Kulturen, allerdings auch 45 % mit negativem Test, dieses insbesondere bei Säuglingen]
    • Ebenso ist ggf. eine Leukozyturie (vermehrte Anzahl weißer Blutkörperchen im Urin) nachweisbar.
      [gemäß deutschen S3-Leitlinien gilt eine Harnwegsinfektion (HWI) als wahrscheinlich, wenn Nitrit- oder Leukozytenesterase-Test positiv ausfallen]
    • Urin-pH-Werte > 7,0 im pH-Tagesprofil = Hinweis auf einen Harnwegsinfekt mit ureasebildenen Bakterien (Gefahr der Infektsteinbildung)
  • Urinsediment*; Achtung! Eine isolierte Hämaturie (Nachweis von Erythrozyten/rote Blutkörperchen im Urin) bedarf einer nephrologische Abklärung und einer Verlaufskontrolle.
    13 % der Kinder mit gesichertem Harnwegsinfekt per Kultur zeigten keine Pyurie (Eiterurin): Kinder mit E.-coli-Infekten zeigten zu nur 11 % keine Pyurie, waren dagegen Enterokokken die Ursache, bildete sich kein Eiterharn bei 46 % [2].
  • Urinkultur* (Erregernachweis und Resistogramm, das heißt Austestung geeigneter Antibiotika auf Sensibilität/Resistenz) aus Mittelstrahlurin ggf. Katheterurin – indikationen [3]:
    • Patientinnen mit rezidivierenden HWI 
    • schwangere Frauen
    • jüngere Männer 
      Beachte: 
      • Die Diagnose einer unkomplizierten HWI (Zystitis oder Pyelonephritis) beim Mann ist nur nach Ausschluss komplizierender Faktoren zulässig (IIb) [3].
      • Bei Männern mit rezidivierenden HWI sollten weitere urologische Untersuchungen erfolgen (IV-B) [3].

Beachte [3]:

  • Bei Frauen, die keine Risikofaktoren für komplizierte HWI (Harnwegsinfektion) aufweisen, typische Symptome (Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen), Pollakisurie (Drang zu häufigem Wasserlassen ohne vermehrte Harnausscheidung), imperativer Harndrang (Harndrang, der nicht unterdrückt bzw. kontrolliert werden kann)) beklagen, keine vaginalen Beschwerden (Juckreiz, veränderter Ausfluss) haben, bei denen kein Fieber und keine Flankenschmerzen vorliegen, kann das Vorliegen einer unkomplizierten Zystitis mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden (IIa).
    Eine Urinkultur ist bei Frauen mit eindeutiger klinischer Symptomatik einer unkomplizierten, nicht rezidivierenden oder therapierefraktären Zystitis nicht erforderlich.

Systematisches Screening auf eine asymptomatische Bakteriurie (ASB; ABU):

  • Nicht-schwangere Frauen in der Prämenopause (Lebensphase: etwa zehn bis fünfzehn Jahre vor der Menopause/allerletzte Regelblutung): nein (Ia-A) [3]
  • Schwangerschaft: nein (Ib-B) [3].
  • Postmenopause ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen: nein (Ia-A) [3]
  • Jüngere Männer ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen: nein (V-A) [3]
  • Diabetische Patienten ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen mit stabiler Stoffwechselsituation: nein (Ia-B) [3].
  • Patienten, bei denen urologische Eingriffe bevorstehen: ja  [1].

Beachte: Eine asymptomatische Bakteriurie (ABU) tritt besonders häufig im Alter auf, vor allem Heimbewohner (Männer 15-40 %; Frauen 25-50 %) sind davon betroffen.

Kriterien zur mikrobiologischen Diagnose einer Harnwegsinfektion bzw. einer asymptomatischen Bakteriurie (ABU)*:

  • Harnwegsinfektion (HWI):
    • Erregerzahlen > 105 KBE/ml (aus dem „sauberen“ Mittelstrahlurin gewonnen)
    • Erregerzahlen von 103 bis 104 KBE/ml können bei klinischen Symptomen (symptomatische Patienten) bereits klinisch relevant sein, vorausgesetzt, es handelt sich um Reinkulturen (d. h. nur eine Art von Bakterien) typischer uropathogener Bakterien
    • Erregerzahlen von 102 KBE/ml (mind. 10 identische Kolonien); bei Urinkultur aus suprapubischer Harnblasenpunktion (Blasenpunktion)
  • Asymptomatische Bakteriurie (ABU): Erregerzahlen > 105 KBE/ml desselben Erregers (und gleichen Resistenzmuster) in zwei Harnproben bei fehlenden klinischen Zeichen eines Harnwegsinfektes 

*Für die Diagnose einer Harnwegsinfektion muss eine signifikante Bakteriurie mit Monokultur sowie eine signifikante Leukozyturie vorliegen.

Beachte: Bei nicht-schwangeren Frauen ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen soll kein Screening auf eine asymptomatische Bakteriurie erfolgen [3].

Uringewinnung (mit dem Ziel der Reduktion von Kontaminationen/Verunreinigungen)

  • Für eine Untersuchung von Urinsediment bzw. Urinkultur: Gewinnung von Mittelstrahl; vorbereitende Maßnahmen:
    • Säuglinge/Kleinkinder:
      • "clean-catch"-Urin, d. h., das Kind wird mit entblößtem Genitale auf dem Schoß gehalten und eine spontan Miktion (Wasserlassen) abgewartet. Der Urin wird mit einem sterilen Gefäß aufgefangen.
      • Katheterurin oder
      • Urin per Blasenpunktion
    • Frau:
      • Spreizen der Labien (Schamlippen)
      • sorgfältige Reinigung des Meatus urethrae (äußere Mündung der Harnröhre) mit Wasser
    • Mann:
      • sorgfältige Reinigung der Glans penis ("Eichel") des Mannes mit Wasser
  • Für eine orientierende Urinuntersuchung (z. B. mittels Teststreifen) kann auf eine Reinigung des Introitus vaginae (Scheideneingang) bzw. der Glans penis verzichtet werden.

Grenzwerte zur Diagnose unterschiedlicher HWI und der asymptomatischen Bakteriurie (ABU)

 Diagnose  Bakteriennachweis  Uringewinnung
 Akute unkomplizierte Zystitis bei Frauen  103 KBE/ml  Mittelstrahlurin
 Akute unkomplizierte Pyelonephritis  104 KBE/ml  Mittelstrahlurin
 Asymptomatische Bakteriurie  105 KBE/ml  
  • Bei Frauen: Nachweis in zwei konsekutiven Mittelstrahlurinkulturen,
  • Bei Männern: in einer Mittelstrahlurinkultur,
  • Bei Gewinnung durch Katheter und einzelner Bakterienspezies: 10 2 KBE/ml

Beachte:  Bei Säuglingen ist zum Nachweis eines Harnwegsinfekts erforderlich: positiver Befund in der Urinanalyse (Leukozyturie und/oder Bakteriurie) und in einer durch Katheter oder Blasenpunktion gewonnenen Urinprobe eine Zahl von 105 KBE/ml eines uropathogenen Erregers.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Kleines Blutbild
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. PCT (Procalcitonin) 
  • Nüchternglucose (Nüchternplasmaglucose; Nüchternblutzucker)
  • ggf. Ausschluss einer venerischen Erkrankung (Infektionen, die vorwiegend durch Geschlechtsverkehr übertragen werden) – bei Zystitis mit Adnexitis (Entzündung des Eileiters und des Eierstocks), Kolpitis (Scheidenentzündung), Prostatitis (Prostataentzündung) 
  • Urinzytologie
  • BK-(Polyoma)-Virus-DNA-Nachweis – bei Immunsupprimierten kann BK-Virus zu einer hämorrhagischen Zystitis führen

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur

  1. Hecker MT, Donskey CJ: Is antibiotic treatment indicated in a patient with a positive urine culture but no symptoms? Cleveland Clinic Journal of Medicine 2014; 81: 721-724
  2. Shaikh, N et al.: Association Between Uropathogen and Pyuria. Pediatrics Juli 2016, 138 (1) e20160087; DOI: 10.1542/peds.2016-0087
  3. S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. (AWMF-Registernummer: 043-044), 30. April, 2017 Kurzfassung Langfassung

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. (AWMF-Registernummer: 043-044), 30. April, 2017 Kurzfassung Langfassung

     
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