Fehlgeburt (Abort) – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Beta-HCG (humanes Choriongonadotropin) – notwendig bei nicht eindeutigem Befund, bei Abortus imminens (drohender Fehlgeburt) oder bei Verdacht auf eine gestörte Frühgravidität (Frühschwangerschaft). Verlaufskontrolle in 2-tägigen Abständen: bei intakter Schwangerschaft Verdopplung der Werte alle 48 Stunden in den ersten 7 Schwangerschaftswochen (SSW); bis zur 10. SSW kann die Verdopplungszeit bis zu 3 Tage betragen. Danach Abfall der HCG-Werte (Höchstwerte ca. 10.000-20.000). Die weiterführende Diagnostik erfolgt mittels vaginalem Ultraschall.
- Kleines Blutbild – Ausschluss einer Infektion
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung einer möglichen Ursache (insbesondere bei Frauen mit wiederholten Spontanaborten, WSA)
- Infektionsserologie – STORCH-Komplex (Toxoplasmose, Röteln, Cytomegalie, Herpes simplex, weitere Infektionen) im Rahmen von Schwangerschaftsinfektionen
- Endometriumbiopsie – Ausschluss einer chronischen Endometritis (Entzündung der Gebärmutterschleimhaut) (Nachweis von Plasmazellen im Endometriumbiopsat durch Immunhistochemie)
- Schilddrüsenparameter – TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) und Thyreoperoxidase(TPO)-Antikörper, spezifische Diagnostik bei Verdacht auf Hashimoto-Thyreoiditis (chronische Schilddrüsenentzündung)
- Antiphospholipidsyndrom (APS) – Diagnostik bei habituellem Abort (≥ 2 Spontanaborte vor der 20. SSW):
- Anti-Cardiolipin-Antikörper (IgM, IgG)
- Anti-β2-Glykoprotein-1-Antikörper (IgM, IgG)
- Lupus-Antikoagulans
- β2-Glycoprotein-Antikörper-Untersuchung – kann erwogen werden nach ≥ 2 Aborten
- Thrombophiliediagnostik – nur bei klinischen Hinweisen auf thromboembolische Risiken (nicht zur allgemeinen Abortprophylaxe):
- Antithrombin, Protein C und Protein S
- Ausschluss einer Faktor-V-Leiden-Mutation (erbliche Gerinnungsstörung)
- Ausschluss einer Prothrombin-G20210A-Mutation (erbliche Gerinnungsstörung)
- TSH-Bestimmung in der Frühschwangerschaft – bei Frauen mit wiederholten Spontanaborten und erhöhten TPO-Antikörpern
- Chromosomenanalyse – beider Partner präkonzeptionell oder aus Abortmaterial, ausschließlich bei habituellen Aborten
- Präimplantationsdiagnostik – bei Paaren mit wiederholten Spontanaborten ohne Nachweis einer familiären Chromosomenstörung oder monogenen Erkrankung
Diagnosekriterien für das Antiphospholipid-Syndroms (APS) [1]
Klinische Kriterien |
≥ venöse und/oder arterielle Thrombosen |
1 oder 2 unerklärte Fehlgeburten bei morphologisch unauffälligen Feten > 10. SSW oder ≥ 3 Aborte < 10. SSW |
≥ 1 später Abort bzw. Frühgeburt < 34. SSW aufgrund einer Plazentainsuffizienz (Mutterkuchenschwäche) oder Präeklampsie (Auftreten einer Hypertonie (Bluthochdruck) mit mindestens einer weiteren Organmanifestation: z. B. Nieren) |
Laborkriterien (2-maliger Nachweis im Abstand von 12 Wochen) |
– Anti-Cardiolipin-AK (IgM, IgG) [mittlere bis hohe Titer] |
– Anti-β2-Glykoprotein-1-AK (IgM, IgG) [hohe Titer] |
– Lupus-Antikoagulans |
Legende
- SSW: Schwangerschaftswoche
- AK: Antikörper
- Ig: Immunglobuline
Red Flags (Warnhinweise) beim Abort
Kategorie | Kriterien |
---|---|
Akute Notfälle | - Starke vaginale Blutung - Hämodynamische Instabilität (Kreislaufinstabilität mit Blutdruckabfall, schneller Herzschlag, Schockzeichen) |
Infektiöse Komplikationen | - Fieber > 38 °C - Übelriechender vaginaler Ausfluss - Klinische Zeichen einer Sepsis (Blutvergiftung) (septischer Abort) |
Differentialdiagnosen | - Starke, einseitige Unterbauchschmerzen - Peritonealzeichen (Bauchfellreizung) - Synkope (Ohnmacht) oder Kreislaufkollaps → Verdacht auf Extrauteringravidität (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter) |
Weitere kritische Situationen | - Rasch progrediente Schmerzen - Zeichen einer begleitenden Plazentainsuffizienz (Funktionsschwäche des Mutterkuchens) oder Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) |
Literatur
- Miyakis S, Lockshin MD, Atsumi T et al.: International consensus statement on an update of the classification criteria for definite antiphospholipid syndrome (APS). J Thromb Haemost. 2006 Feb;4(2):295-306.
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie von Frauen mit wiederholten Spontanaborten. (AWMF-Registernummer: 015-050), Mai 2022 Langfassung
- S2k-Leitlinie: Früher Schwangerschaftsverlust im 1. Trimenon. (AWMF-Registernummer: 015-076), September 2024 Langfassung