Migräne – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Migräne dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie Personen mit häufig wiederkehrenden Kopfschmerzen oder diagnostizierter Migräne?
- Sind in Ihrer Familie neurologische Erkrankungen bekannt (z. B. Epilepsie (Krampfanfälle), Multiple Sklerose, Apoplexe (Schlaganfälle))?
- Leiden nahe Angehörige unter psychiatrischen Erkrankungen (z. B. Depression, Angststörungen), die mit Migräne in Zusammenhang stehen können?
Sozialanamnese
- Beruf:
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Gibt es stressige oder belastende Arbeitsbedingungen?
- Bringt Ihr Beruf hohe Verantwortung oder Zeitdruck mit sich?
- Gibt es in Ihrem beruflichen Umfeld häufige Reize wie Bildschirmarbeit, künstliches Licht, Lärm oder wechselnde Arbeitszeiten (z. B. Schichtdienst)?
- Psychosoziale Situation:
- Haben Sie in Ihrem Alltag mit erhöhtem psychosozialem Stress zu tun (z. B. durch familiäre Verpflichtungen, Pflege von Angehörigen, Konflikte)?
- Gibt es Belastungen durch Doppelbelastung (Beruf und Familie)?
- Wie gestalten sich Ihre Pausen- und Erholungszeiten im Tagesverlauf? Können Sie sich ausreichend regenerieren?
- Haben Sie in letzter Zeit Veränderungen in Ihrer Lebenssituation erlebt (z. B. Umzug, Trennung, Arbeitsplatzwechsel), die Ihre Migräne beeinflusst haben könnten?
Reiseanamnese
- Haben sich Ihre Migränebeschwerden während oder nach einer Reise verschlechtert?
- Kam es im Zusammenhang mit der Reise zu vermehrtem Stress, z. B. durch Organisation, Zeitdruck oder familiäre Belastungen?
- Hat sich Ihr Schlafverhalten während der Reise verändert (z. B. Schlafmangel, andere Einschlafzeiten, unruhiger Schlaf)?
- Gab es eine Zeitumstellung oder eine Reise über mehrere Zeitzonen hinweg?
- Waren Sie klimatischen Veränderungen ausgesetzt, z. B. hoher Luftfeuchtigkeit, extremer Hitze oder Kälte?
- Kam es zu einem Aufenthalt in größeren Höhen (z. B. Gebirge, Flugreisen)?
- Haben Sie während der Reise andere oder unregelmäßige Mahlzeiten zu sich genommen (z. B. Fast Food, Auslassen von Mahlzeiten, andere Essenszeiten)?
- Haben Sie neue Nahrungsmittel probiert, die möglicherweise Triggerstoffe enthalten (z. B. gereifter Käse, Rotwein, Schokolade)?
- Haben Sie auf Reisen mehr koffeinhaltige Getränke konsumiert als sonst (z. B. Kaffee, Cola, Energydrinks)?
- Haben Sie auf Reisen Alkohol getrunken (z. B. Rotwein, Bier)? In welchen Mengen?
- Kam es auf der Reise zu einer ungewohnten Belastung durch Lichtreize (z. B. grelles Sonnenlicht, LED- oder Neonlicht)?
- Haben Sie auf Reisen Medikamente eingenommen, die Sie sonst nicht einnehmen?
- Gab es im Rahmen der Reise Kontakte zu potenziellen Infekten oder körperlichen Belastungen wie Erschöpfung oder Jetlag?
- Haben Sie auf Reisen Sport getrieben oder körperliche Anstrengung erlebt, die über das gewohnte Maß hinausging?
- Wurde die Migräne direkt nach Rückkehr verstärkt bemerkt?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Treten die Kopfschmerzen bei Ihnen auf einer Seite des Kopfes oder auf beiden Seiten auf?
- Haben Sie dabei halbseitige Sehstörungen (Flimmerskotom)?
- Wie stark sind die Kopfschmerzen?
- Strahlt der Schmerz aus? Wenn ja, wohin (z. B. Nacken, Auge, Kiefer)?
- Wie lange dauern die Kopfschmerzen? (Stunden, Tage)
- Wechselt der Kopfschmerz in Bezug auf die Seite des Auftretens?
- Werden die Kopfschmerzen bei Bewegung intensiver?
- Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
- 0-2: kein/kaum Schmerz
- 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt
- 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen
- 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz*
- 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich*
- Haben Sie neben den Kopfschmerzen begleitende Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmscheu?
- Treten Augentränen und Augenrötung oder Nasenverstopfung auf?
- Treten während der Kopfschmerzen Sehstörungen oder neurologische Störungen wie Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen auf?*
- Haben Sie dabei Sprachstörungen?
- Wie oft treten die Kopfschmerzen auf?
- Leiden Sie unter Schwindel?
Geben Sie bitte an, ob es bei Ihnen Auslöser für die Migräne gibt (ggf. führen eines Kopfschmerzkalenders/Kopfschmerztagebuchs)?
- Ernährung
- Käse, vor allem dessen Bestandteil Tyramin
- Schokolade, vor allem der Bestandteil Phenylethylamin
- Hunger
- Nahrungskarenz
- Genussmittelkonsum
- Alkohol, vor allem Rotwein (besonders der Bestandteil Tyramin)
- Kaffee
- Tabak (Rauchen)
- Psycho-soziale Situation
- Angst
- Stress
- Entlastung nach Stresssituationen
- Plötzliche Entspannung (Sonntagsmigräne)
- Änderung der Schlafgewohnheiten (bzw. Wechsel des Schlaf-Wachrhythmus) sowie Schlafmangel
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Sind Sie übergewichtig? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
- Ernähren Sie sich ausgewogen?
- Schlafen Sie regelmäßig und ausreichend?
- Trinken Sie gerne Kaffee, schwarzen oder grünen Tee? Wenn ja, wie viele Tassen pro Tag
- Trinken Sie andere bzw. weitere koffeinhaltige Getränke? Wenn ja, wie viel jeweils davon?
- Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
Eigenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Haben Sie eine Vorgeschichte mit Kopfschmerzen, Migräne oder anderen neurologischen Erkrankungen?
- Haben Sie andere chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Schilddrüsenerkrankungen?
- Operationen:
- Wurden Sie am Kopf, Nacken oder den Augen operiert?
Medikamentenanamnese
- Einnahme von Hormonpräparaten bei Frauen zur Empfängnisverhütung oder in der Menopause
- Fenfluramin (Appetitzügler)
- Reserpin – Antisympathikotonikum; Medikament, welches die Synthese oder Freisetzung von Noradrenalin hemmt; sie werden in der Behandlung der Hypertonie eingesetzt; haben aber relativ viele Nebenwirkungen, weshalb sie nicht Medikamente der ersten Wahl sind
- Weitere Medikamente: siehe dazu unter "Arzneimittelnebenwirkungen" unter "Kopfschmerzen durch Medikamente"
Umweltanamnese
- Gibt es spezifische Umgebungsfaktoren, die Migräne auslösen, wie:
- Flackerlicht (z. B. Bildschirmarbeit)?
- Lärm (z. B. Verkehrslärm)?
- Aufenthalte in großen Höhen?
- Wettereinflüsse (z. B. Föhn, Kälte, plötzlicher Wetterwechsel)?
- Sind Sie regelmäßig Rauch oder anderen Schadstoffen ausgesetzt?
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.