Shuntvolumen-Analyse

Bei der Shuntvolumen-Analyse handelt es sich um ein diagnostisches Verfahren der Pulmologie (Lehre von der Lunge), welches zur Beurteilung der Ausprägung und Progression (Verlauf/Fortschreiten) eines Rechts-Links-Shunts beispielsweise bei einer vorliegenden arteriovenösen Malformation (angeborene Fehlbildung der Blutgefäße, bei der die Arterien direkt mit den Venen verbunden sind) eingesetzt werden kann. Ein Rechts-Links-Shunt ist als das Übertreten des Blutflusses von der rechten Seite des Herzens zur linken Seite definiert, sodass die notwendige Oxygenierung des Blutes (Sauerstoffanreicherung) nicht erfolgen kann. Der Rechts-Links-Shunt lässt sich in anatomische und physiologische Shunts einteilen. Während anatomische Shunts dadurch gekennzeichnet sind, dass diese auftreten, nachdem der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen dem Blut und der Luft in den Alveolen (Lungenbläschen) abgeschlossen ist, existieren dem gegenüber physiologische Shunts bei der Perfusion nicht-ventilierter (nicht-luftgefüllter) Alveolen, welches unter anderem bei einer Pneumonie (Lungenentzündung) auftreten kann. Zur Shuntvolumen-Analyse werden verschiedene Methoden eingesetzt.

Zielsetzung der Shuntvolumen-Analyse

Die Shuntvolumen-Analyse ist ein diagnostisches Verfahren, das eingesetzt wird, um das Vorhandensein und das Ausmaß eines Rechts-Links-Shunts zu quantifizieren. Diese Analyse ist besonders wichtig für die Beurteilung der Schwere und der möglichen Auswirkungen von Zuständen wie arteriovenösen Malformationen, hepatopulmonalem Syndrom und verschiedenen Herzerkrankungen, die zu intrakardialen Shunts führen können. Die Shuntvolumen-Analyse ermöglicht eine gezielte Einschätzung der Sauerstoffversorgung des Blutes und der Effizienz der Lungenfunktion, was entscheidend ist für die Planung der weiteren Behandlung und Management der zugrunde liegenden Erkrankungen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Arteriovenöse Malformationen (AVM) der Lunge − Eine pulmonale AVM beruht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf dem Vorliegen einer hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie (vererbbare Erweiterung von Blutgefäßen), die auch als Morbus Osler bezeichnet wird. Diese Malformationen (Fehlbildungen) können sowohl einzeln als auch multipel (mehrfach) auftreten und zu diversen Komplikationen führen. Neben Blutungen, die häufig als Hämoptyse (Bluthusten) imponieren, können auch septisch-embolische Prozesse (durch Infektion und Gefäßverschluss bedingt) wie zum Beispiel ein Hirnabszess vorkommen. Typischerweise wird durch das Auftreten des Rechts-Links-Shunts eine Hypoxämie (Sauerstoffmangel) hervorgerufen. Die Ausprägung des Shunts spielt in der Evaluation der AVM eine wichtige Rolle, weshalb die Shuntvolumen-Analyse ein notwendiges Verfahren darstellt.
  • Hepatopulmonales Syndrom − Dieses Syndrom stellt eine sehr komplexe Ansammlung verschiedener Symptome dar, deren Ursache die portale Hypertonie (portale Hypertension; Pfortaderhochdruck) ist. Als Symptome lassen sich eine, durch den Rechts-Links-Shunt hervorgerufene, Hypoxämie und eine pathologische (krankhafte) Erweiterung der Lungengefäße feststellen. In der Regel zeigt sich eine Verschlechterung der Hypoxämie bei der Progression der Lebererkrankung und Reduktion der Leberfunktion.
  • Intracardiale Shunts − Als Vitien (Herzfehler), die einen Rechts-Links-Shunt hervorrufen, lassen sich verschiedene aufzählen. Allen gemein ist die geringe Häufigkeit des Auftretens. Neben einer Ebstein-Anomalie (sehr seltene angeborene Herzfehlbildung, bei der das septale und häufig auch das posteriore Segel der Trikuspidalklappe (zwischen rechtem Herzvorhof und rechter Herzkammer) zur Herzspitze hin verlagert sind und die Klappensegel sind missgestaltet; meist besteht zudem eine offene Verbindung auf Vorhofebene in Form eines Atriumseptumdefektes (ASD) oder eines persistierenden Foramen ovale (PFO; offenen Foramen ovale) und der Fallotschen Tetralogie (angeborene Herzfehlbildung, die etwa 10 % der angeborenen Herzfehler ausmacht; besteht aus vier Komponenten (daher Tetralogie): einer Pulmonalstenose, einem Ventrikelseptumdefekt, einer über der Herzscheidewand reitenden Aorta sowie einer nachfolgenden Rechtsherzhypertrophie), wird die Transposition (Vertauschung) der großen Arterien zu den Vitien mit Rechts-Links-Shunt gezählt.
  • Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS) − dieses Syndrom beschreibt ein schnelles progressives Lungenversagen, dessen Ursache kein Krankheitsprozess des Herzens ist.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Bei gegebener Indikation liegen keine Kontraindikationen vor.

Vor der Untersuchung

Der Rechts-Links-Shunt stellt eine Folge einer zugrunde liegenden Erkrankung dar. Somit muss vor der Untersuchung des Shuntvolumens eine genaue Diagnostik der Grunderkrankung erfolgen. Bei einem hepatopulmonalen Syndrom liegt die portale Hypertonie (portale Hypertension; Pfortaderhochdruck; Erhöhung des portalvenösen Drucks über den Normbereich, 3-6 mmHg) als Ursache vor. Aufgrund dessen müssen Komplikationen der Hypertension mittels Endoskopie (Spiegelung), Sonographie (Ultraschall), Farbduplexsonographie etc. ausgeschlossen werden.

Das Verfahren

Die Shuntvolumen-Analyse dient der Untersuchung der Verbindung von Perfusion (Durchblutung) und Oxygenierung des Blutes. Bei einem Rechts-Links-Shunt lässt sich ein massives Missverhältnis von Ventilation (Belüftung der Lunge) und Perfusion (Versorgung mit Blut) feststellen, die zu einer deutlichen Hypoxämie (Sauerstoffmangel im arteriellen Blut) führen. Die Shuntvolumen-Analyse kann mithilfe dieser Formel quantifiziert werden:

Qs/Qt = (CcO2-CaO2) / (CcO2-CvO2)

In diesem Fall stellt Qs/Qt den Shunt-Anteil dar, während CcO2 den Sauerstoffgehalt am Ende der Kapillare darstellt. CaO2 ist als arterieller Sauerstoffgehalt definiert und CvO2 stellt den arteriellen und gemischt venösen Sauerstoffgehalt dar. CcO2 wird über den kapillaren Sauerstoffgehalt ermittelt. Zur Durchführung der Shuntvolumen-Analyse wird vom Patienten über einen Zeitraum von mindestens 10 bzw. 20 Minuten 100 % Sauerstoff über eine Maske eingeatmet. Während der Untersuchung trägt der Patient einen Nasenclip, um eine 100 % Einatmung von Sauerstoff gewährleisten zu können.

Eine gängige Methode, die insbesondere beim hepatopulmonalen Syndrom genutzt wird, ist der szintigraphische Shuntnachweis mittels 99m-Tc-MAA, bei der die Anreicherung der verabreichten radioaktiven Substanzen in den verschiedenen Organen beurteilt werden kann. Weiterhin wird auch die Echokardiographie zum Shuntnachweis eingesetzt. Das Spektrum zum Shuntnachweis umfasst noch weitere Methoden.

Mögliche Befunde

  • Geringfügiger oder kein Shunt
    • Normale Oxygenierung (Anreicherung mit Sauerstoff) des Blutes.
    • Keine signifikanten pulmonalen oder kardialen Interventionen erforderlich.
  • Moderater Shunt
    • Mäßige Hypoxämie) (verminderter Gehalt an Sauerstoff im Blut) kann festgestellt werden.
    • Potenziell behandelbar mit medikamentösen Therapien oder interventionellen Verfahren, je nach Ursache.
  • Hoher Shuntanteil
    • Deutliche Hypoxämie, die eine signifikante Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung des Körpers anzeigt.
    • In der Regel sind invasive Verfahren wie chirurgische Korrekturen der arteriovenösen Malformationen oder andere spezifische Behandlungen erforderlich.
  • Progressive Zunahme des Shuntvolumens
    • Verschlechterung der klinischen Symptome und möglicherweise zunehmende Herzbelastung. Bedarf an regelmäßiger Überwachung und möglicherweise Anpassung der Behandlungsstrategien.

Spezielle Überlegungen

  • Hepatopulmonales Syndrom: Die Identifizierung und das Management eines Rechts-Links-Shunts sind kritisch, da sie zur Entscheidung über eine mögliche Lebertransplantation beitragen können.
  • Intrakardiale Shunts (Shunts innerhalb des Herzens): Detaillierte Bildgebung und Shuntquantifizierung sind entscheidend für die chirurgische Planung.
  • Arteriovenöse Malformationen (angeborene Gefäßmissbildungen): Die Shuntvolumen-Analyse kann helfen, das Risiko von Komplikationen wie Hirnabszessen und hämorrhagischen Ereignissen zu bewerten.

Die Shuntvolumen-Analyse ist ein kritisches Werkzeug in der Diagnose und im Management von Patienten mit Zuständen, die zu einer Mischung von arterialisiertem und venösem Blut führen, und spielt eine entscheidende Rolle in der Planung der therapeutischen Interventionen.

Nach der Untersuchung

Im Anschluss an die Untersuchung und nach Durchführung weiterer diagnostischer Methoden zur Beurteilung der Grunderkrankung muss die weitere Behandlung festgelegt werden. Die Therapiemaßnahmen richten sich jedoch nicht allein nach dem Shuntvolumen, sondern nach der Grunderkrankung. Bei einem hepatopulmonalen Syndrom stellt die Lebertransplantation (LTx) die einzige Methode zur Heilung dar.

Mögliche Komplikationen 

Die Komplikationen der Shuntvolumen-Analyse sind abhängig von dem Verfahren, welches zur Analyse benutzt wird.

Literatur

  1. Theodore AC: Oxygenation and mechanisms of hypoxemia. UpToDate. 2017
  2. Hoeper MM, Strassburg C, Krowka M: Portopulmonary hypertension and hepatopulmonary syndrome. Lancet. 2004. 363:1461-1468
  3. Ratti L, Pozzi M: The pulmonary involvement in portal hypertension: portopulmonary hypertension and hepatopulmonary syndrome. Gastroenterol Hepatol. 2006. 29:40-50
  4. Lange PA, Stoller JK: The Hepatopulmonary syndrome. Ann Intern Med. 1995 Apr 1;122(7):521-9.
  5. Herold G: Innere Medizin. Herold Verlag 2011

     
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