Gebärmutterhalsspiegelung (Kolposkopie)

Die Kolposkopie (griech. kolpos: Scheide; skopia: Betrachtung) ist eine frauenärztliche Untersuchung der Vagina (Scheide) und der Cervix uteri (Gebärmutterhals) mithilfe eines speziellen Mikroskops.
Dieses Verfahren dient in Kombination mit der Zytodiagnostik (Untersuchung von Zellen aus einem vaginalen Abstrich) vor allem der Früherkennung des Cervixkarzinoms (lat. Carcinoma cervicis uteri), auch Kollumkarzinom (lat. Collum für „Hals“) oder Gebärmutterhalskrebs genannt). Außerdem ermöglicht es eine Fotodokumentation.

Als Abklärungskolposkopie ist sie der Goldstandard der Diagnostik des frühen Cervixkarzinoms und seiner Vorstufen. 

Beurteilbare Strukturen

  • Plattenepithel
    • Dies ist der normale Zelltyp, der die äußere Oberfläche des Gebärmutterhalses (Zervix) bedeckt. Veränderungen in Farbe, Textur oder Muster können auf eine mögliche Pathologie hinweisen.
  • Transformationszone (TZ)
    • Dies ist der Bereich, in dem das ursprüngliche zylindrische Epithel, das den inneren Gebärmutterhalskanal auskleidet, in das Plattenepithel übergeht. Dysplasien und andere prämaligne Veränderungen treten häufig in dieser Zone auf.
  • Blutgefäße
    • Das Muster und die Verteilung der Blutgefäße können mittels eines Grünfilters besser sichtbar gemacht werden. Unregelmäßige, erweiterte oder ungewöhnlich verzweigte Gefäße können auf eine Dysplasie (oberflächliche Zellveränderung am Gebärmutterhals) oder ein Karzinom hinweisen.
  • Drüsenöffnungen
    • Sichtbar in der Schleimhaut des Gebärmutterhalses, besonders in der endozervikalen ("innerhalb des Gebarmutterhalses (Zervix)") Region. Veränderungen in ihrer Erscheinung können auf Entzündungsprozesse oder andere pathologische Zustände hindeuten.
  • Schleimhautreaktionen auf Essigsäure und Jod
    • Anomalien in der Reaktion auf diese Reagenzien (Essigsäure und Jod) können Hinweise auf abnormales Gewebe geben. Essigsäure bewirkt eine Weißfärbung (Acetowhite-Reaktion) bei dysplastischem Gewebe, während eine Jodprobe (Schiller-Test) jodnegative Bereiche im gesunden jodpositiven Gewebe zeigt.
  • Narben und Polypen
    • Narben können auf frühere chirurgische Eingriffe oder Geburten zurückgehen, während Polypen gutartige Wucherungen darstellen, die ebenfalls bei einer Kolposkopie beobachtet werden können.
  • Ektopien und Erosionen
    • Ektopien sind Bereiche, in denen Drüsenepithel auf der Oberfläche der Portio (Portio vaginalis uteri) – kennzeichnet den Übergang vom Gebärmutterhals (Cervix uteri) in die Vagina – sichtbar ist, was normalerweise innerhalb des Zervikalkanals liegt. Erosionen sind kleine Wunden oder Risse in der Schleimhaut, die entzündlich sein können.
  • Läsionen und ihre Abgrenzung
    • Die Begrenzung und das Aussehen von Läsionen, wie flache Läsionen, erhabene Läsionen und ulzerierte (geschwürige) Bereiche, geben wichtige diagnostische Hinweise.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Kolposkopie aufgrund zytologischer Befunde (= Abklärungskolposkopie):
    • jede Art von Karzinomverdacht
    • Verdacht auf leicht- oder höhergradige Dysplasien (Abweichung der Gewebestruktur vom normalen Bild)
    • Glanduläre Atypien (Glanduläre, eventuell entzündungsbedingte Epithelatypien (Abweichungen von der Norm), die nicht die Kriterien der Dysplasie erfüllen)
    • unklare Befunde von zytologischen Abstrichen (Pap-Abstrich; Dünnschichtzytologie)
    • auffällige Abstriche bei Patientinnen, die unter Immunsuppression (Unterdrückung der körpereigenen Abwehrkräfte) stehen, z. B. wg. HIV-Infektion oder Organtransplantationen
  • Kolposkopie aufgrund sonstiger Befunde:
    • nachgewiesene Infektion mit HPV (Humane Papillomviren: Viren, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können)
    • Kontaktblutung (Blutungen bei Schleimhautkontakt, z. B. nach Verkehr)
    • persistierender Fluor vaginalis (anhaltender Scheidenausfluss)
    • makroskopische auffälliger Cervix (Veränderungen, die mit bloßem Auge sichtbar sind)
    • Cervixpolypen (gutartige Ausstülpungen der Schleimhaut im Gebärmutterhalskanal)
    • HIV-Erstdiagnose

Vor der Untersuchung

  • Terminplanung: Die Kolposkopie wird am besten in der ersten Hälfte des Menstruationszyklus durchgeführt, da die Beurteilung des Gebärmutterhalses nach der Menstruation einfacher ist.
  • Sexuelle Enthaltsamkeit: Patientinnen sollten 24-48 Stunden vor der Untersuchung auf Geschlechtsverkehr verzichten, um die Aussagekraft der Untersuchung nicht zu beeinträchtigen.
  • Vermeidung von vaginalen Produkten: Dazu gehören Duschen, Cremes, Gele und Tampons, die das Ergebnis der Untersuchung beeinflussen können.
  • Medikamentenmanagement: Bestimmte Medikamente, insbesondere solche, die die Blutgerinnung beeinflussen, sollten nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt abgesetzt werden.
  • Informierte Einwilligung: Patientinnen sollten über den Zweck und Ablauf der Untersuchung informiert sein und ihre Einwilligung geben.

Das Verfahren 

Die Untersuchung wurde erstmals von Prof. Dr. Hans Hinselmann aus Bonn im Jahr 1925 beschrieben und ist bis heute eine anerkannte und praktizierte Methode.
Betrachtet wird der Teil des Gebärmutterhalses, der in die Vagina hineinragt. Dieser Teil wird auch als Portio vaginalis (kurz Portio bzw. Muttermund genannt)  bezeichnet. Der untersuchende Arzt führt zur Erweiterung der Vagina Spekula (Metallspatel) ein. Anschließend wird das Kolposkop vor der Scheidenöffnung in Position gebracht.
Ein Kolposkop ist ein Mikroskop, das die Schleimhaut der Cervix uteri (auch kurz Cervix genannt; Gebärmutterhals) beleuchtet und sie auf das 3,5- bis 30-fache vergrößert. Da in einer Nativ-Kolposkopie (ohne Anfärbung der Schleimhaut) die meisten Schleimhautdefekte nicht gut erkennbar sind, bedient man sich folgender Methoden:

  • Essigsäureprobe
    • Die Schleimhaut der Portio vaginalis wird mit 3%iger Essigsäurelösung betupft. Die Essiglösung führt zu einer Ausfällung des die Oberfläche bedeckenden Schleims (Zervikalschleim). Dabei werden die "Träubchenstrukturen" des zervikalen Drüsenepithels ebenso gut sichtbar gemacht wie die grauweißen Areale metaplastischen Epithels, die sich deutlich vom grauroten normalen Plattenepithel abheben.
    • Bei einer Leukoplakie (verhornender Prozess) kann die Essigsäure nicht in das Epithel eindringen, eine Reaktion ist daher auch nicht zu erwarten (Die Verhornung zeigt sich so als ein weißlicher "Belag").
    • Bei atypischem Epithel (z. B. Cervixdysplasie, Carcinoma in situ) und beim Cervixkarzinom kommt neben der intensiv weißlichen Verfärbung noch eine opake Verquellung hinzu.
  • Schiller-Jodprobe
    • Die Portio wird mit der sogenannten Schiller-Jodlösung (3%ige Jod-Kaliumjodidlösung) betupft. Die gesunde Schleimhaut wird braun verfärbt, da das Jod mit dem Glykogen (Vielfachzucker) auf der Oberfläche reagiert ("jodpositiv"). Die veränderte Schleimhaut färbt sich gar nicht  oder nur sehr wenig ("jodnegativ")
  • Grünfilter
    • Die Sicht durch den Filter ermöglicht eine bessere Darstellung der Gefäße.

Wird eine auffällige Schleimhautveränderung (suspekter Portiobefund) gefunden, so wird eine Biopsie (Gewebeprobe) entnommen und eine histologische Untersuchung folgt. Die Kolposkopie dient nicht nur der allgemeinen Untersuchung, sondern auch der Kontrolle während operativer Eingriffe (z. B. Konisation) am weiblichen Genitaltrakt.
Die Kolposkopie liefert vor allem in der Früherkennung des Cervixkarzioms (Gebärmutterhalskrebs) wertvolle Informationen, die eine effektive Behandlung ermöglichen.

Eine Abklärungskolposkopie darf nur erbracht werden, wenn eine entsprechende Genehmigung der kassenärztlichen Vereinigung vorliegt.

Mögliche Befunde

  • Normale Befunde
    • Gesunde, intakte Schleimhaut ohne sichtbare Anomalien oder Läsionen.
  • Cervikale Dysplasien
    • Leichte, moderate oder schwere Dysplasien, die Vorstufen des Zervixkarzinoms darstellen können und oft mit einer HPV-Infektion in Verbindung stehen.
  • Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)
    • Frühe oder fortgeschrittene Stadien eines malignen Tumors am Gebärmutterhals.
  • Polypen
    • Gutartige Wucherungen, die von der Schleimhaut des Gebärmutterhalses oder des Gebärmutterkörpers ausgehen.
  • Infektionen
    • Anzeichen von Infektionen wie z. B. Herpes genitalis, Trichomoniasis oder bakterielle Vaginose, die spezifische Veränderungen der Schleimhaut verursachen können.
  • Ektopie (Ektropium)
    • Bereich des Gebärmutterhalses, in dem Drüsengewebe an der Oberfläche sichtbar ist; oft normal bei jungen Frauen oder nach hormonellen Veränderungen.
  • Atrophie
    • Verdünnung der Schleimhaut, häufig bei postmenopausalen Frauen, macht die Schleimhaut anfälliger für Verletzungen und Infektionen.
  • Vaskuläre Veränderungen
    • Atypische Gefäßmuster können Hinweise auf Dysplasie oder Karzinome sein.
  • Entzündliche Veränderungen
    • Entzündungsbedingte Rötungen und Irritationen, die oft auf eine Infektion oder eine physikalische Reizung zurückzuführen sind.
  • Jodnegative Areale
    • Bereiche, die sich bei der Schiller-Jodprobe nicht anfärben, was auf atypisches Gewebe hindeuten kann.

Nach der Untersuchung

  • Leichte Blutungen: Leichte Blutungen oder Ausfluss können nach einer Kolposkopie auftreten, besonders wenn eine Biopsie entnommen wurde.
  • Normaler Alltag: Die meisten Frauen können ihre normalen Aktivitäten unmittelbar nach der Untersuchung fortsetzen.
  • Sexuelle Enthaltsamkeit: Nach einer Biopsie wird empfohlen, für eine kurze Zeit auf Geschlechtsverkehr zu verzichten, um Heilung und Genesung zu fördern.
  • Ergebnisse: Die Ergebnisse einer Kolposkopie, insbesondere wenn Biopsien entnommen wurden, können einige Tage bis Wochen dauern. Patientinnen sollten einen Folgetermin zur Besprechung der Ergebnisse vereinbaren.
  • Symptomüberwachung: Sollten ungewöhnliche Symptome wie starke Blutungen, Fieber oder starke Schmerzen auftreten, ist eine sofortige medizinische Beratung erforderlich.
  • Weitere Untersuchungen: Abhängig von den Ergebnissen der Kolposkopie und Biopsie kann eine weitere Behandlung oder regelmäßige Nachsorge erforderlich sein.

Literatur

  1. Burghardt E, Girardi F, Pickel H: Atlas der Kolposkopie: Grundlagen, klinische Kolposkopie und spezielle Cervixpathologie. Georg Thieme Verlag 2001
  2. Bazlen U: Gynäkologie und Geburtshilfe. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005
  3. Lelle R, Küppers V: Kolposkopie in der Praxis. Springer 2008

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Prävention des Zervixkarzinoms. (AWMF-Registernummer: 015 - 027OL), Dezember 2017 Langfassung

     
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