Analgetika/Antiphlogistika und Glucocorticoide
Kniearthrose (Gonarthrose)

Therapieziel

  • Linderung der Beschwerden

Therapieempfehlungen

  • In der Regel wird bei nicht-aktiver Arthrose das Analgetikum/Schmerzmittel Paracetamol (beste Verträglichkeit) empfohlen. 
    Achtung!

    Keine Wirkung von Paracetamol bei Patienten mit Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) [1, 2]
    .
    Laut einer Metaanalyse ist Paracetamol bei Gonarthrose und Coxarthrose kaum wirksam [4].
  • Bei aktivierter Arthrose (abgeriebenes Knorpel- oder Knochenmaterial entzündet): Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) [Erstlinientherapie], z. B. Diclofenac;  Wirkstoffe aus der Gruppe der COX-2-Inhibitoren, z. B. Celecoxib, Celebrex® oder Etoricoxib, Arcoxia® [keine Dauertherapie!]
  • In Hinblick auf Schmerz und Funktion wirken bei Patienten mit Gonarthrose und Coxarthrose (Knie- und Hüftarthrose) Diclofenac – und, mit leichten Abstrichen – Etoricoxib am besten [8].
    Beachte: Kein Diclofenac bei kardiovaskulärem Risiko! Betroffen davon sind Patienten mit Herzinsuffizienz (Herzschwäche) der NYHA-Klassen II bis IV, Koronare Herzkrankheit (KHK, Herzkranzgefäßerkrankung), peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) oder zerebrovaskulärer Erkrankung.
  • Ggf. Glucocorticoide; die Wirkung bei intraartikulärer Injektion ("in die Gelenkhöhle hinein") wird kontrovers beurteilt (EULAR-Leitlinie: 1b; OARSI-Leitlinie: geeignet; AAOS-Leitlinie: nicht geeignet), kann jedoch bei anders nicht beherrschbarer Entzündung verabreicht werden.

Weitere Hinweise

  • Die intravenöse Applikation (Verabreichung) bringt keine Vorteile gegenüber der oralen Applikation.
  • Es sollte keine Dauertherapie durchgeführt werden.
  • Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)-Therapie
    • Verschiedene NSAR sollten nicht kombiniert werden!
    • Therapiealternative bei hohem kardiovaskulärem/gastrointestinalem (das Herzkreislaufsystem und Magen-Darm-Trakt betreffendes) Risiko → konventionelle NSAR + niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (ASS) + Protonenpumpeninhibitoren (PPI; Säureblocker) (Empfehlung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft)
    • Bei Patienten mit Gonarthrose führte Aspirin in niedriger Dosierung (< 300 mg) zu reduziertem medialen Tibiaknorpelverlust über einen Verlauf von mehr als 2 Jahren [7].
  • Erkenntnisse aus einem systematischen Review und Metaanalyse zeigen, dass Schmerzsensibilisierung bei Patienten mit Gonarthrose vorhanden ist und mit der Schwere der Symptome in Verbindung gebracht werden kann [3].
  • Cave! Gemäß einer Kohortenstudie waren die 1-Jahres-Mortalitätsraten nach kurz- bis mittelfristiger Tramadol-Einnahme als Schmerzmittel bei Patienten mit Arthrose gegenüber NSAR (Naproxen, Diclofenac, Celecoxib und Etoricoxib) deutlich erhöht. Unter Codein wurden im Direktvergleich ähnlich hohe Todesraten wie unter Tramadol erreicht (34,6 bzw. 32,2/1.000 Personenjahre) [10].

Glucocorticoide (intraartikuläre Injektion)

  • Wirkweise: Glucocorticoide wirken antiphlogistisch (antientzündlich) und antiödematös (abschwellend)
  • Die Wirkung bei intraartikulärer Injektion ("Injektion in die Gelenkhöhle hinein") wird kontrovers beurteilt (EULAR-Leitlinie: 1b; OARSI-Leitlinie: geeignet; AAOS-Leitlinie: nicht geeignet), kann jedoch bei anders nicht beherrschbarer Entzündung verabreicht werden.
  • In einer Studie mit insgesamt 100 Patienten mit manifester Gonarthrose wurde jeweils eine Hälfte der Patienten mittels intraartikulärer Injektion mit 40 mg/ml Methylprednisolon, gelöst in 4 ml Lidocainhydrochlorid (10 mg/ml), behandelt und die andere Hälfte erhielt lediglich eine Mischung aus Kochsalz und Lidocain im Verhältnis 4 : 1. Anschließend wurden die Schmerzen mithilfe des Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score (KOOS) ermittelt. Zwischen der Verumgruppe und der Placebogruppe ergab sich kein signifikanter Unterschied [6].
  • In einer Studie mit 140 Patienten mit Gonarthrose, in der zwei Jahre regelmäßig intraartikulär eine 1-ml-Injektion mit 40 mg/ml Triamcinolon appliziert wurde, zeigte sich keine Verbesserung der Gonarthroseschmerzen gegenüber Kochsalzinjektionen, dafür aber ein signifikant stärkerer Knorpelverlust im Kniegelenk. Der Nachweis des Knorpelverlustes erfolgte per Knie-MRT [9].
  • Beachte: Die intraartikuläre Corticoid-Spritze (Gabe von Glucocorticoiden in die Gelenkhöhle hinein) führt wahrscheinlich zu Gelenkschäden. Dieses lassen folgende radiologische Befunde erwarten [11]:
    • bei 6 % aller Teilnehmer kam es zu einer raschen Verschmälerung des Gelenksspalts (Rapid progressive osteoarthrits, RPOA Typ 1)
    • bei ca. einem Prozent waren sogenannte SIF (subchondrale Insuffizienzfrakturen) nachweisbar); man geht davon, dass diese Folge einer relativen Überlastung bei struktur- oder dichtegemindertem Knochen ist
    • weitere Patienten zeigten Osteonekrosen (ON; "Knochensterben") oder Gelenkdestruktionen mit nachweisbarem Knochenverlust (RPOA Typ 2).
    Die Autoren diskutieren dabei folgenden Sachverhalt: Sie geben an, nicht zu wissen, ob die beobachteten Schäden zum Zeitpunkt der Injektion bereits abliefen oder ob sie Folge oder Komplikation der Corticoid-Behandlung sind. Möglicherweise können die Injektionen verhindert haben, dass bereits bestehende Schäden abheilen?! 
    Hinweis: Es handelt sich hier um eine Beobachtungsstudie mit kleiner Fallzahl.
  • In einer Phase-III-Studie konnten Stammzellentherapien bislang keinen Vorteil gegenüber einer konventionellen Injektion von Steroiden ermitteln [14].

Therapieversuche ohne Erfolg

  • Zoledronsäure (Bisphosphonat): kann weder den Verlust von Gelenkknorpel und Knochenmasse verlangsamen, noch die Symptome der Patienten lindern [12].

Netzwerkanalyse: Hyaluronsäure, Corticosteroide, PRP oder PRGF

In einer Netzwerkanalyse wurden Patienten mit Kniearthrose und intraartikuläre Injektionen von Hyaluronsäure (HA), Corticosteroiden (CS), plättchenreichen Plasmas („platelet rich plasma“, PRP; s. u. ACP-Therapie), Wachstumsfaktoren-reichem Plasma (PRGF) und Placebo verglichen.
Für die Wirkung auf beide Endpunkte – Schmerz und Funktion – ergab sich folgende Rangliste: 1. PRP, 2. PRGF, 3. HA, 4. CS, 5. Placebo. Eine klinisch bedeutsame Verbesserung der Funktion (Effektstärke > 1,0) kam nur mit PRP und mit PRGF zustande [13].

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

In der Regel werden Medikamente aus den oben genannten Gruppen in Kombination mit Chondroprotektiva/knorpelschützenden Wirkstoffen (z. B. Glukosaminsulfat, Chondroitinsulfat) eingenommen, um knorpelabbauende Substanzen zu hemmen sowie Linderung oder Verbesserung der Schmerzen zu erzielen.

In einer multizentrischen Interventionsstudie mit 606 Gonarthrosepatienten konnte nachgewiesen werden, dass die Wirkung von Glucosamin und Chondroitin für die Therapie der Gonarthrose identische Effekte zeigte wie eine medikamentöse Behandlung mit dem selektiven COX-2-Hemmer Celecoxib. Beide Therapieformen senkten den Schmerzindex der Gonarthrosepatienten um circa 50 %. Die Abnahme von Gelenkschwellungen und Gelenkergüssen nahm ebenfalls in beiden Gruppen gleich stark ab [4].

Weitere Informationen zu Chondroprotektiva siehe im nachfolgenden Kapitel.

Beachte: Chondroprotektiva sollten bevorzugt in Kombination mit weiteren knochenaktiven Vitalstoffen wie beispielsweise mit Vitaminen (C, D, E, K) und ggf. auch Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA)) eingenommen werden.

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, B3, B5, B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Magnesium)
  • Spurenelemente (Eisen, Kupfer, Mangan, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Aminosäuren (Tryptophan)
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Curcumin, Bromelain aus Ananas-Extrakt)
  • Weitere Vitalstoffe (Chondroitinsulfat, Glucosaminsulfat, Kollagene, Baldrianwurzel-Extrakt, Melissenkraut-Extrakt, Schlafbeerenwurzel-Extrakt)

Bei Vorliegen einer Insomnie (Schlafstörung) infolge einer Kniearthrose s. u. Insomnie/Medikamentöse Therapie/Supplemente.

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Dougados M et al.: Paracetamol in osteoarthritis of the knee. Ann Rheum Dis 2004;63:923-930 doi:10.1136/ard.2003.017236
  2. Bannuru RR, Schmid CH, Kent DM, Vaysbrot EE, Wong JB, McAlindon TE: Comparative Effectiveness of Pharmacologic Interventions for Knee Osteoarthritis: A Systematic Review and Network Meta-analysis.  Ann Intern Med. 2015 Jan 6;162(1):46-54. doi: 10.7326/M14-1231
  3. Fingleton C et al.: Pain sensitization in people with knee osteoarthritis: A systematic review and meta-analysis. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.joca.2015.02.163
  4. Hochberg MC et al.: Combined chondroitin sulfate and glucosamine for painful knee osteoarthritis: a multicentre, randomised, double-blind, non-inferiority trial versus celecoxib. Ann Rheum Dis. 2015 Jan 14. pii: annrheumdis-2014-206792. doi: 10.1136/annrheumdis-2014-206792.
  5. Efficacy and safety of paracetamol for spinal pain and osteoarthritis: systematic review and meta-analysis of randomised placebo controlled trials. BMJ 2015; 350 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.h1225
  6. Henriksen M et al. Evaluation of the Benefit of Corticosteroid Injection Before Exercise Therapy in Patients With Osteoarthritis of the Knee. A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med 2015; online 30. März; doi: 10.1001/jamainternmed.2015.0461
  7. Wluka AE et al.: Aspirin is associated with reduced cartilage loss in knee osteoarthritis: Maturitas 2015 Jul;81(3):394-7. doi: 10.1016/j.maturitas.2015.04.015. Epub 2015 May 11.
  8. Da Costa BR et al.: Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)30002-2
  9. McAlindon TE et al.: Effect of Intra-articular Triamcinolone vs Saline on Knee Cartilage Volume and Pain in Patients With Knee Osteoarthritis. A Randomized Clinical Trial. JAMA 2017; 317 (19): 1967-1975; doi: 10.1001/jama.2017.5283
  10. Zeng C et al.: Association of Tramadol With All-Cause Mortality Among Patients With Osteoarthritis. JAMA. 2019;321(10):969-982. doi:10.1001/jama.2019.1347
  11. Kompel AJ et al.: Intra-articular Corticosteroid Injections in the Hip and Knee: Perhaps Not as Safe as We Thought? Radiology 2019; https://doi.org/10.1148/radiol.2019190341
  12. Cai G et al.: Effect of Intravenous Zoledronic Acid on Tibiofemoral Cartilage Volume Among Patients With Knee Osteoarthritis With Bone Marrow Lesions A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2020;323(15):1456-1466. doi:10.1001/jama.2020.2938
  13. Singh H et al.: Relative Efficacy of Intra-articular Injections in the Treatment of Knee Osteoarthritis: A Systematic Review and Network Meta-analysis. Am J Sports Med 2021; https://doi.org/10.1177/03635465211029659
  14. Mautner K et al.: Cell-based versus corticosteroid injections for knee pain in osteoarthritis: a randomized phase 3 trial Nat Med (2023). https://doi.org/10.1038/s41591-023-02632-w

Leitlinien

  1. Kathmann W: EULAR-Leitlinie zur intraartikulären Therapie. Orthopädie & Rheuma 2020;23:16-1
     
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