Endometriose – Einleitung

Unter Endometriose versteht man das Vorkommen von Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) extrauterin (außerhalb der Gebärmutterhöhle), beispielsweise in oder auf den Ovarien (Eierstöcken), den Tuben (Eileitern), der Harnblase oder dem Darm. Es handelt sich um eine chronische, östrogenabhängige (weibliches Sexualhormon) Erkrankung.

Synonyme: Adenomyomatose; Adenomyose; Adenomyosis; Adenomyosis uteri; Beckenendometriose; Blasenendometriose; Darmendometriose; Douglasendometriose; Eierstockendometriose; Eileiterendometriose; Endometriose der Tuba uterina; Endometriose des Beckenperitoneums; Endometriose des Pelviperitoneums; Endometriose des Septum rectovaginale; Endometriosezyste; Endometriosis externa; Endometriosis genitalis; Endometriosis genitalis externa; Endometriosis genitalis interna; Endometriosis ovarii; Endometriosis tubae; Endometriosis uteri; Endometriosis uteri externa; Endometriosis uteri interna; Endometriosis vaginae; Endometriumektopie; Hautendometriose; Hautnarbenendometriose; Hysteroadenosis; Intestinale Endometriose; Nabelendometriose; Narbenendometriose; Ovarialendometriose; Portioendometriose; Rektumendometriose Schokoladenzyste des Ovars; Teerzyste des Ovars; Tubenendometriose; Uterusendometriose; Vaginalendometriose.

Formen der Endometriose

Nach ICD-GM-10-Einteilung in erster Linie nach der Lokalisation:

  • ICD-10-GM N80.- Endometriose
  • ICD-10-GM N80.0 Endometriose des Uterus (Gebärmutter)
  • ICD-10-GM N80.1 Endometriose des Ovars (Eierstock)
  • ICD-10-GM N80.2 Endometriose der Tuba uterina (Eileiter)
  • ICD-10-GM N80.3 Endometriose des Beckenperitoneums (Bauchfell des Beckens)
  • ICD-10-GM N80.4 Endometriose des Septum rectovaginale (bindegewebige Trennwand/Septum zwischen der Scheide/Vagina und dem Mastdarm/Rektum) und der Vagina (Scheide)
  • ICD-10-GM N80.5 Endometriose des Darmes
  • ICD-10-GM N80.6 Endometriose in Hautnarbe
  • ICD-10-GM N80.8 Sonstige Endometriose
  • ICD-10-GM N80.9 Endometriose, nicht näher bezeichnet

Das ektope Endometrium ("außerhalb der Gebärmutter liegende Gebärmutterschleimhaut") unterliegt auch außerhalb des Uterus (Gebärmutter) denselben zyklischen hormonellen Veränderungen. Das bedeutet, dass es während der Menstruation auch dort zu Blutungen kommt. Es besteht aus Drüsen, Stromazellen (Zellen eines Organs, welche die allgemeine Stütz- und Ernährungsfunktion ausüben) und glatter Muskulatur. Es wird durch Nerven, Blut- und Lymphgefäßen versorgt.

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt meist in der Geschlechtsreife auf, wird jedoch erst bis zu 10 Jahren später diagnostiziert. Betroffen sind Frauen zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr.

Prävalenz: Die Krankheitshäufigkeit liegt bei 4-15 % aller Frauen in Deutschland (zwischen Pubertät und Klimakterium). Während der Phase der Geschlechtsreife sind 7-15 % betroffen. Bei Frauen mit Dysmenorrhoe (Regelschmerzen) liegt die Prävalenz bei 40-60 %, bei Frauen mit chronischen Unterleibschmerzen bei über 30 % und bei Frauen mit Sterilität bei ca. 20-30 %.

Besondere Fälle: Obwohl die Endometriose als Erkrankung des fertilen Alters (Phase der Fruchtbarkeit) gilt, wurde sie vor der Menarche (Auftreten der ersten Regelblutung) histologisch in Einzelfällen nachgewiesen. Auch postmenopausal gibt es einige, wenige Erkrankungen (2,5 % aller Betroffenen).

Inzidenz: Die Häufigkeit von Neuerkrankungen wird auf ca. 40.000 Erkrankungen pro Jahr geschätzt (in Deutschland).

Diagnoseverzögerung: Die Diagnose wird wegen unspezifischer Beschwerden häufig erst nach vielen Jahren gestellt. In Deutschland vergehen im Mittel 6-8 Jahre zwischen den ersten Symptomen und der Diagnosestellung.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Endometriose ist eine chronische, östrogenabhängige Erkrankung, die typischerweise in der Geschlechtsreife auftritt, jedoch oft erst bis zu 10 Jahre später diagnostiziert wird. Der Verlauf der Erkrankung ist variabel und kann sich in folgenden Phasen zeigen:

  • Initialphase: Die ersten Symptome der Endometriose treten meist zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr auf. Typische Beschwerden sind zyklusabhängige Schmerzen, insbesondere Dysmenorrhoe (Regelschmerzen), und chronische Unterbauchschmerzen. Oft bleibt die Krankheit jedoch jahrelang unentdeckt.
  • Chronische Phase: Mit Fortschreiten der Erkrankung können die Symptome intensiver werden und zu erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag führen. Viele Frauen entwickeln chronische Schmerzen und leiden unter weiteren Beschwerden wie Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) und Dyschezie (schmerzhafter Stuhlgang).
    Die Endometriose ist eine der häufigsten Ursachen für zyklusbedingte Schmerzen und Infertilität bei prämenopausalen Frauen. Sie kann auch in der Peri- und Postmenopause auftreten, wobei die histologisch (feingeweblich) gesicherte Endometriose jährlich neu diagnostiziert wird: 17 % in der Altersgruppe von 45-55 Jahren und 2,5 % in der Altersgruppe von 55-95 Jahren [4].
  • Fortgeschrittene Phase: In fortgeschrittenen Stadien kann die Endometriose zu erheblichen Komplikationen wie Infertilität (Störung der Fruchtbarkeit) führen. Es besteht ein erhöhtes Risiko für organübergreifendes und infiltratives Wachstum, was zu Funktionsstörungen der betroffenen Organe führen kann. Eine Operation zur Entfernung der Endometrioseherde kann notwendig werden, allerdings tritt die Erkrankung häufig rezidivierend (wiederkehrend) auf.

Prognose

Die Prognose der Endometriose ist von mehreren Faktoren abhängig:

  • Schweregrad und Lokalisation: Die Prognose variiert je nach Schweregrad und betroffener Lokalisation. Oberflächliche Endometrioseherde können besser behandelt werden als tief infiltrierende Formen, die oft schwerwiegendere Symptome verursachen.
  • Frühe Diagnose und Therapie: Eine frühzeitige Diagnose und eine gezielte Therapie können die Symptome erheblich lindern und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. Therapeutische Optionen umfassen medikamentöse Behandlungen zur Schmerz- und Hormontherapie sowie operative Eingriffe zur Entfernung der Endometrioseherde.
  • Kinderwunsch: Die Behandlung der Endometriose bei Frauen mit Kinderwunsch erfordert eine besondere Herangehensweise, da die Erkrankung häufig mit Fertilitätsstörungen assoziiert ist. Etwa 30-50 % der Frauen mit Endometriose haben einen unerfüllten Kinderwunsch [3].
  • Rezidivrate: Die Endometriose tritt häufig rezidivierend auf. Die stadienabhängige Rezidivrate liegt bei 20-80 %. Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen und gegebenenfalls wiederholte operative Eingriffe sind daher notwendig, um die Erkrankung zu kontrollieren.
  • Komorbiditäten: Frauen mit Endometriose leiden häufig auch unter anderen gesundheitlichen Problemen wie Migräne, kardiovaskulären Risiken, gastrointestinalen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen [5]. Diese Komorbiditäten können die Lebensqualität weiter beeinträchtigen und müssen in die Behandlung integriert werden.

Die psychische Belastung durch chronische Schmerzen und Frustration aufgrund von Fertilitätsproblemen darf nicht unterschätzt werden. Ein multidisziplinärer Ansatz, der auch psychologische Unterstützung umfasst, kann die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.

Komorbiditäten

Es wurden bislang Zusammenhänge zwischen Endometriose und Migräne, kardiovaskulären Risiken (beispielsweise Schlaganfallrisiko), gastrointestinalen Erkrankungen (Magen-Darm-Erkrankungen; z. B. Reizdarmsyndrom; chronisch-entzündliche Darmerkrankungen) sowie Autoimmunerkrankungen (Morbus Basedow, Multiple Sklerose (MS), rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom, systemischer Lupus erythematodes (SLE)) festgestellt [5].
Weitere Assoziationen der Endometriose bestehen mit der Depression, Angststörungen und Essstörungen [6].

Literatur

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Endometriose. (AWMF-Registernummer: 015-045), September 2020 Langfassung
  2. Gülden H, Mechsner S, Ebert AD.: Diagnose und Therapie der tief-infiltrierenden Endometriose. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(25): 446-56. doi: 10.3238/arztebl.2010.0446
  3. Macer ML, Taylor HS: Endometriosis and infertility: a review of the pathogenesis and treatment of endometriosis-associated infertility. Obstet Gynecol Clin North Am 2012; 39 (4): 535-549
  4. Haas et al.: Endometriosis: a premenopausal disease? Age pattern in 42,079 patients with endometriosis. Arch Gynecol Obstet 2012 Sep;286(3):667-70. doi: 10.1007/s00404-012-2361-z. Epub 2012 May 5.
  5. Surmann H, Kiesel L: Endometriose – eine systemische Erkrankung? Gynäkologische Endokrinologie Print ISSN: 1610-2894 Elektronische ISSN: 1610-2908 doi https://doi.org/10.1007/s10304-023-00521-6
  6. Koller D et al.: Epidemiologic and Genetic Associations of Endometriosis With Depression, Anxiety, and Eating Disorders JAMA Netw Open . 2023 Jan 3;6(1):e2251214. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2022.51214.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Chronischer Unterbauchschmerz der Frau. (AWMF-Registernummer: 016-001), November 2015 Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.
  2. S2k-Leitlinie: Psychosomatisch orientierte Diagnostik und Therapie bei Fertilitätsstörungen. (AWMF-Registernummer: 016-003), Dezember 2019 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Endometriose. (AWMF-Registernummer: 015-045), September 2020 Langfassung