Karpaltunnelsyndrom – Einleitung

Beim Karpaltunnelsyndrom (KTS) handelt es sich um ein Kompressionssyndrom (Engpasssyndrom) des Nervus medianus im Bereich des Handwurzelkanals. In der Regel tritt das Syndrom beidseitig auf.

Synonyme und ICD-10: Brachialgia paraesthetica nocturna; Carpaltunnelsyndrom (CTS); KTS [Karpaltunnelsyndrom]; Karpaltunnel-Syndrom; Kompression des Nervus medianus; Medianuskompressionssyndrom; Neuropathie bei Engpass des Nervus medianus; ICD-10-GM G56.0: Karpaltunnel-Syndrom

Anatomie

Der Nervus medianus (Mittelnerv) ist ein Nerv, der den Unterarm zum Teil motorisch und sensibel innerviert. Durch den Karpaltunnel zieht der Nervus medianus auf die Handinnenfläche und innerviert dort einige der kurzen Fingermuskeln. Zudem ist der Nervus medianus für die sensible Innervation der Handfläche vom Daumen bis zur Innenseite des Ringfingers zuständig.

Das Karpaltunnelsyndrom ist das häufigste Engpasssyndrom eines peripheren Nervs. Häufig tritt es beidseitig auf (80 % der Fälle). Das Kubitaltunnelsyndrom (KbTS; Synonym: Ulnarisneuropathie am Ellenbogen; früher auch Sulus ulnaris-Syndrom, SUS) ist das zweithäufigste Nervenkompressionssyndrom (13-mal seltener als das KTS).

Formen des Karpaltunnelsydroms (KTS)

  • Primäres Karpaltunnelsyndrom: Ohne erkennbare Grunderkrankung oder äußere Einflüsse.
  • Sekundäres Karpaltunnelsyndrom: Als Folge anderer Erkrankungen oder Verletzungen, z.B. Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis, Hypothyreose oder nach Traumen.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 3-4.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr auf. Bei Kindern ist sie selten.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 3-6 % (in Deutschland). In Südschweden liegt die Prävalenz für die typischen Symptome eines Karpaltunnelsyndroms bei 14,8 % der Bevölkerung.
In der Gravidität (Schwangerschaft; auf dem dritten Trimenon/Schwangerschaftsdrittel) wird die Prävalenz mit 17 % angegeben. Bei Diabetikern liegt sie zwischen 3 und 20 %.
Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ist die Prävalenz besonders hoch.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) des Karpaltunnelsyndroms beträgt ca. 300 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Körperlich Arbeitende haben eine 3- bis 7-mal höhere Inzidenz für ein Karpaltunnelsyndrom als nicht körperlich Arbeitende.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Bei leichten Formen der Erkrankung reicht in der Regel eine konservative Therapie aus. Dazu gehören:

  • Medikamentöse Therapie: Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung.
  • Physikalische Maßnahmen: Physiotherapie zur Verbesserung der Beweglichkeit und Reduktion von Schwellungen.
  • Ergotherapie: Übungen zur Kräftigung der Muskulatur und Verbesserung der Handfunktion.
  • Handgelenksschiene: Immobilisation des Handgelenks, insbesondere nachts, um Druck auf den Nerv zu reduzieren.

Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer Muskelatrophie im Bereich des Daumenballens kommen, was zu einer Schwächung des Daumens und Einschränkungen in der Feinmotorik führt. In schweren Fällen, bei denen konservative Maßnahmen nicht ausreichen, ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich. Die Operation, bei der das Karpalband durchtrennt wird, entlastet den Nerv und verbessert die Symptome.

Prognose

Je früher die Behandlung beginnt, desto besser ist die Prognose. Nach einer Operation bessern sich die nächtlichen Schmerzen sofort, und auch die Sensibilitätsstörungen vergehen innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen. Langfristig ist die Prognose bei rechtzeitiger Behandlung gut. Bei frühzeitigem Eingriff sind die Erfolgsaussichten hoch, und die meisten Patienten können nach der Operation ihre normale Handfunktion wiederherstellen.

Komorbiditäten

Häufige Begleiterkrankungen sind die diabetische Polyneuropathie (Prävalenz bei Patienten mit KTS und Diabetes 30 %, ohne diabetische Polyneuropathie 14 %) [1]. Patienten mit KTS haben ein zwölfmal höheres Risiko für eine Amyloidosediagnose und ein um die Hälfte erhöhtes Risiko für eine Herzinsuffizienz. Das Karpaltunnelsyndrom sollte daher als Warnzeichen für eine künftige Amyloidose bzw. amyloidose-assoziierte Kardiomyopathie ernst genommen werden [2].

Literatur

  1. Bahrmann A et al.: Karpaltunnelsyndrom bei Diabetes mellitus. Med. Klin. 2010; 105:150-4
  2. Fosbøl EL et al.: Association of carpal tunnel syndrome with amyloidosis, heart failure, and adverse cardiovascular outcomes. J Am Coll Cardiol. 2019 Jul 9;74(1):15-23. doi: 10.1016/j.jacc.2019.04.054.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms. (AWMF-Registernummer: 005-003), Januar 2022 Langfassung