Diabetische Polyneuropathie – Medizingerätediagnostik

Obligate Medizingerätediagnostik

  • Elektromyographie (EMG) (Messung der Muskelaktivität) der betroffenen Nerven – bei Verdacht auf proximale Nervenschädigungen (z. B. lumbosakrale Plexusneuropathie (Nervengefleksstörung im Lenden-Kreuzbein-Bereich))
  • Elektroneurographie (ENG) (Messung der Nervenleitgeschwindigkeit) der betroffenen Muskeln – zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit [gestörte Nervenleitgeschwindigkeit ohne Beschwerden bzw. klinische Befunde = subklinische diabetische Polyneuropathie (diabetisch bedingte Nervenschädigung)]

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung, der Labordiagnostik (Laboruntersuchungen) und der obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Stufenweise Diagnostik: Screening (Früherkennung) – Basisdiagnostik (Grunduntersuchung) – weiterführende Diagnostik (Erweiterungsuntersuchung)
    • Basisdiagnostik: Elektroneurographie (Nervenleitgeschwindigkeit), quantitative sensorische Tests (QST) (Messung der Empfindungswahrnehmung)
    • Weiterführende Diagnostik: Hautbiopsie (Gewebeprobe der Haut) zur Beurteilung der kleinen Nervenfasern, autonome Funktionstests (Funktionsmessungen des vegetativen Nervensystems) (z. B. Herzfrequenzvariabilität (Schwankung der Herzfrequenz), Blutdruckantwort auf Lagewechsel)
  • Neurosonographie (Nervensonographie) (Ultraschalluntersuchung der Nerven) – neurologische Ultraschalldiagnostik (Darstellung der Nervenstrukturen) zur Darstellung des peripheren Nervs (Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark) und seiner umgebenden Strukturen
    • Beurteilung der Querschnittsfläche (cross-sectional area, CSA) (Flächenmessung) des gesamten Nervs und einzelner Faszikel (Nervenbündel)
  • Somatosensible evozierte Potentiale (SEP/SSEP) (Messung der Nervenreaktion auf elektrische Reize) – elektrische Reizantwort auf Elektrostimulation (elektrische Reizung) peripherer Nerven des somatosensorischen Systems (Nerven für Empfindungen) zur Objektivierung sensibler Defizite (Empfindungsstörungen)
  • Messung der Herzfrequenzvariabilität (HFV) (Synonym: Herzratenvariabilität (HRV)) (Analyse der Herzrhythmusschwankungen) – Standardverfahren der autonom-nervösen Funktionsdiagnostik (Diagnostik des vegetativen Nervensystems), insbesondere bei Verdacht auf kardiovaskuläre autonome Neuropathie (KADN) (Nervenschädigung des Herz-Kreislauf-Systems)
    • Testung der HRV:
      • unter tiefer Respiration (über 1-2 min mit einer Frequenz von 6 Atemzügen/Minute)
      • nach Lagewechsel
  • Orthostasetest (Schellong-Test) (Kreislaufbelastungstest im Stehen) – zum Nachweis einer orthostatischen Hypotonie (OH) (Blutdruckabfall beim Aufstehen)
    • Testverlauf: Blutdruckmessung zweimal innerhalb 1 Minute im Liegen; erneute Messung direkt nach aktivem Aufstehen und danach alle 30 Sekunden über 3 Minuten
    • Interpretation: Normwert für den systolischen Blutdruckabfall ≤ 27 mmHg
    • Zur Frage, ob der Test auf orthostatische Hypotonie (OH) aus dem Sitzen oder dem Liegen (Schellong-Test) erfolgen sollte, ergab eine Studie, dass beim Wechsel von Rückenlage zu Stand häufiger eine OH entdeckt wird; das Ergebnis korreliert auch mit dem Auftreten orthostatischer Beschwerden [1].
  • Urodynamische Diagnostik (Blasenfunktionsmessung) – zur Differenzierung der verschiedenen Formen der Harninkontinenz (unwillkürlicher Harnverlust) (Stress-, Urge- oder Mischformen, neurogene Blase (Blasenentleerungsstörung durch Nervenschaden)) – bei Verdacht auf diabetische Zystopathie (Blasenstörung bei Diabetes)
  • Röntgenaufnahme des Thorax (Röntgen-Thorax) (Röntgenaufnahme des Brustkorbs) und der Lungen in zwei Ebenen – Zusatzuntersuchung
  • Computertomographie (CT) (Computergestützte Schichtaufnahme) – bei Verdacht auf maligne Erkrankungen (bösartige Tumoren) zur erweiterten Tumorsuche (hohe Strahlenbelastung; häufig Kontrastmittel erforderlich)
  • Magnetresonanztomographie (MRT) (Kernspintomographie) – bei Verdacht auf maligne Erkrankungen (bösartige Tumoren) zur erweiterten Tumorsuche

Literatur

  1. Juraschek SP et al.: Comparison of supine and seated orthostatic hypotension assessments and their association with falls and orthostatic symptoms. Journal of the American Geriatrics Society 2022; https://doi.org/10.1111/jgs.17804