Medikamentöse Therapie
Diabetische Polyneuropathie

Therapieziele

  • Normoglykämie (Blutzuckerwerte im Normbereich) inkl. Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren
  • Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität

Therapieempfehlungen

  • Die Therapie der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie (= diabetische sensomotorische Polyneuropathie (DSPN)) ist symptomatisch. Sie sollte immer durch nicht-medikamentöse Maßnahmen unterstützt werden.
  • Die Therapie der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie sollte so früh wie möglich beginnen und somit zu einer Verbesserung der Lebensqualität (z. B. Schlafqualität, Mobilität) führen.
  • Analgesie gemäß WHO-Stufenschema:
    • Nicht-Opioidanalgetikum (Paracetamol, Mittel der ersten Wahl)
    • Niederpotentes Opioidanalgetikum* (z. B. Tramadol) + Nicht-Opioidanalgetikum (kurzfristig einsetzen bei starken Schmerzen)
    • Hochpotentes Opioidanalgetikum* (z. B. Morphin) + Nicht-Opioidanalgetikum
    *Opioide nicht als Erst- oder Zweitlinientherapie bei neuropathischen Schmerzen [4]
  • Wirkstoffe zur Erstlinientherapie: Antiepileptika wie Gabapentin und Pregabalin, Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wie Duloxetin und Venlafaxin sowie trizyklische Antidepressiva
    Nota bene: Capsaicin 8 % Pflaster hat bei Patienten mit diabetischer sensomotorischer Polyneuropathie (DSPN) im direkten Vergleich mit Pregabalin genau so gut abgeschnitten.
    Das wirksame Medikament muss bei jedem einzelnen Patienten durch Erprobung gefunden werden. Dabei müssen das individuelle Beschwerdebilde sowie die Nebenwirkungen und Kontraindikationen berücksichtigt werden.
    Beachte: Substanzen mit erhöhten renalen und kardiovaskulären Langzeitrisiken (z. B. NSAR, Coxibe) sind nicht indiziert!
  • Spezifische therapeutische Maßnahmen bei:
    • kardialer autonomer diabetischer Neuropathie (KADN; s. u.)
    • autonomer diabetischer Neuropathie (ADN)
      • AND am Gastrointestinaltrakt (s. u.)
      • AND am Urogenitaltrakt (s. u.)
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie" wg. Lebensstiländerung

Weitere Hinweise zur Schmerztherapie

  • Wegen des hohen Risikos für Abhängigkeit und andere Komplikationen werden Opioide nicht als Erst- oder Zweitlinientherapie neuropathischer Schmerzen bei Diabetes mellitus empfohlen [4].
  • Bei der schmerzhaften symmetrischen diabetischen Polyneuropathie [4]
    • wird eine Schmerztherapie mit Pregabalin oder Duloxetin empfohlen (Evidenzlevel A).
    • sind Trizyklische Antidepressiva ebenfalls wirksam (Evidenzlevel B). Aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils sollten sie allerdings vorsichtig eingesetzt werden.
  • Gabapentin lindert laut einem Cochrane-Review neuropathische Schmerzen besser als ein Placebo – und zwar bei den Diagnosen schmerzhafte diabetische Neuropathie und postherpetische Neuralgie [5].
  • Pregabalin (Antiepileptika) ist bei diabetischer Neuropathie nicht wirksamer als Duloxetin, Venlafaxin oder trizyklische Antidepressiva [3].

Folgende Wirkstoffe/Wirkstoffgruppen sollten nicht eingesetzt werden:

  • Alpha-Liponsäure
  • Cannabinoide
  • Capsaicin-Salbe
  • Lidocain-Pflaster
  • Nichtsteroidale Antirheumatika
  • Selektive Cox-2-Hemmer
  • Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer

Spezifische therapeutische Maßnahmen bei kardialer autonomer diabetischer Neuropathie (KADN)

Keine Gabe von [Evidenzgrad (EG) B]:

  • Betablockern mit intrinsischer sympathomimetischer Aktivität (ISA) – dazu gehören: Alprenolol, Oxprenolol, Pindolol
  • ACE-Hemmern
  • Trizyklischen Antidepressiva in antidepressiv wirksamer Dosierung (bei symptomatischer orthostatischer Hypotonie/niedriger Blutdruck)
  • Diuretika (bei symptomatischer orthostatischer Hypotonie)
  • Erythropoetin (Synonyme: Erythropoietin, EPO) – bei Anämie mit reduziertem Hämatokrit [Evidenzgrad (EG) A]
  • Alpha-Liponsäure, Vitamin E

AND am Gastrointestinaldtrakt

Therapie gemäß der jeweiligen Störung nach den auch für Patienten ohne Diabetes gültigen Vorgaben. Als gastroprokinetisch (Stimulation der motorischen Aktivität des Magens) wirksame Pharmaka stehen Domperidon, Erythromycin (eignet sich nicht für die Langzeittherapie) und Metoclopramid zur Verfügung.

AND am Urogenitaltrakt

Spezifische therapeutische Maßnahmen gemäß Leitlinien:

  • Parasympathomimetika nicht als Monotherapie empfohlen [Evidenzgrad (EG) B]
  • Selektive Alpha-1-Blocker als Therapie der Wahl bei Männern mit Diabetes mellitus, Prostatahyperplasie ("Prostatavergrößerung") und Restharnbildung (sofern keine orthostatische Störung vorliegt) [Evidenzgrad (EG) A]
  • Kein Einsatz von Finasterid, falls keine klinisch relevante Prostatahyperplasie vorliegt [Evidenzgrad (EG) A]
  • Anticholinerge Therapie unter Restharnkontrolle bei Symptomen einer überaktiven Blase (auch bei diabetischer Zystopathie) [Option]
  • Harnableitung bei Patienten mit chronischer Restharnbildung, wenn eine medikamentöse Therapie nicht ausreichend ist [Evidenzgrad (EG) A]
  • Antibiotische Therapie von symptomatischen Harnwegsinfekten entsprechend der Resistenzlage; bei komplizierten Harnwegsinfekten (z. B. instabile Stoffwechsellage) wird eine Therapiedauer von mindestens 7 Tagen empfohlen [Evidenzgrad (EG) B]

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für den Energiestoffwechsel sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Kalium, Magnesium)
  • Spurenelemente (Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
    Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Grüntee-Polyphenole, Epigallocatechingallate)
  • Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin, Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesiumcitrat und Kaliumcitrat), Phosphatidylserin)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. D. Ziegler et al.: Abstract: A-07-1319-EASD, Kongress der European Association for the Study of Diabetes 2007 in Amsterdam.
  2. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter. (AWMF-Registernummer: nvl - 001e - wird überarbeitet), Juli 2012 Kurzfassung Langfassung
  3. Waldfogel JM et al.: Pharmacotherapy for diabetic peripheral neuropathy pain and quality of life. A systematic review. Neurology 2017, epub 24.3.2017, doi: 10.1212/WNL.0000000000003882
  4. Pop-Busui R, Boulton AJ, Feldman EL et al.: Diabetic neuropathy: A position statement by the American Diabetes Association. Diabetes Care 2017 Jan;40(1):136-154. doi: 10.2337/dc16-2042
  5. Moore A et al.: Gabapentin for Chronic Neuropathic Pain. JAMA. 2018;319(8):818-819. doi:10.1001/jama.2017.21547

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter. (AWMF-Registernummer: nvl - 001e - wird überarbeitet), Juli 2012 Kurzfassung Langfassung

     
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