Sirtuine: Wächter der Langlebigkeit und metabolischen Homöostase

Sirtuine sind eine Familie von NAD+-abhängigen Deacetylasen und ADP-Ribosyltransferasen, die in eukaryotischen Organismen weitverbreitet sind. Sie regulieren kritische biologische Pfade, die mit Alterung, Stressantwort, Energiestoffwechsel und Zellüberleben zusammenhängen. Sirtuine werden in sieben Isoformen (SIRT1 bis SIRT7) klassifiziert, die sich durch ihre subzelluläre Lokalisation und spezifischen Funktionen unterscheiden.

Die Entdeckung von Sirtuinen reicht zurück in die frühen 1990er-Jahre, als Forschungen an Hefen das Gen "SIR2" (silent information regulator 2) identifizierten und dessen Einfluss auf die Lebensspanne der Zellen feststellten. Die folgenden Jahrzehnte brachten ein wachsendes Verständnis für die Rolle der Sirtuine nicht nur in Hefen, sondern auch in anderen Modellorganismen und beim Menschen. Ihre Fähigkeit, die Lebensdauer zu verlängern und vor altersbedingten Krankheiten zu schützen, rückte sie ins Zentrum der Anti-Aging-Forschung.

Funktionsbeschreibung

Sirtuine regulieren eine Vielzahl von zellulären Funktionen, die für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und die Verzögerung des Alterungsprozesses wesentlich sind. Sie sind beteiligt an:

  • DNA-Reparatur: Sirtuine fördern die Reparatur beschädigter DNA und tragen so zur Genomstabilität bei.
  • Energiestoffwechsel: Sie verbessern die Effizienz des Energiestoffwechsels, indem sie die Fettoxidation steigern und die Insulinsensitivität erhöhen.
  • Stressantwort: Sirtuine verstärken die zelluläre Stressantwort, was die Zellen widerstandsfähiger gegenüber Umweltstress macht.
  • Regulation der Zellalterung: Durch die Modulation der Aktivität von Transkriptionsfaktoren und anderen Schlüsselproteinen beeinflussen Sirtuine den Alterungsprozess und die Zellteilung.

Stimulierende Faktoren

Neben der Kalorienrestriktion, die als einer der stärksten Stimuli für die Aktivierung von Sirtuinen gilt, können auch andere Faktoren ihre Aktivität erhöhen:

  • Klotho: Es gibt Hinweise darauf, dass Klotho die Aktivität von Sirt1 beeinflussen kann. Klotho kann möglicherweise indirekt die Expression oder die Aktivität von Sirt1 in einigen Zelltypen oder Geweben hochregulieren. Diese Interaktion könnte über verschiedene Signalwege erfolgen, einschließlich der Modulation von Insulin- und IGF-1-Signalwegen (Klotho hemmt die Signalübertragung), die beide mit der Langlebigkeit und dem Schutz vor altersbedingten Krankheiten in Verbindung gebracht werden.
  • Pharmakologische Wirkstoffe: Verbindungen wie Resveratrol, das in roten Trauben vorkommt, können Sirtuine direkt aktivieren und ihre schützenden Effekte auf den Körper verstärken.
  • Körperliche Aktivität: Regelmäßiges Training stimuliert die Expression und Aktivität von Sirtuinen, insbesondere SIRT1.
  • Nährstoffe: Einige Aminosäuren und Vitamine, insbesondere Niacin in Form von Nicotinsäure und Nicotinamid, die als Vorläufer für die Synthese von NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) fungieren, können zur Aktivierung von Sirtuinen beitragen.
    Erklärung zu Aminosäuren: 
    In Bezug auf die Förderung der Sirtuin-Aktivität und die Synthese von NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) spielen Aminosäuren nicht direkt eine Rolle als Vorläufer. Vielmehr ist Niacin (Vitamin B3), das in zwei Formen vorkommt – Nicotinsäure und Nicotinamid –, ein direkter Vorläufer von NAD+. Niacin kann aus der Aminosäure Tryptophan im Körper synthetisiert werden, was Tryptophan zu einer indirekten Quelle für NAD+ macht.
    Tryptophan ist somit die Aminosäure, die in diesem Kontext relevant ist, da der Körper es nutzen kann, um Niacin zu produzieren, welches dann für die NAD+-Synthese verwendet wird. Dieser Prozess ist besonders wichtig unter Bedingungen, bei denen die direkte Aufnahme von Niacin über die Nahrung unzureichend ist. Die Effizienz der Umwandlung von Tryptophan zu Niacin kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, einschließlich der Verfügbarkeit von Eisen, Riboflavin (Vitamin B2) und Vitamin B6, die alle für den Stoffwechselweg notwendig sind.

Inhibierende Faktoren

Faktoren, die zu einer Hemmung von Sirtuinen führen, umfassen:

  • Überernährung und hoher Zucker-/Fettkonsum: Diese Bedingungen können die NAD+/NADH-Verhältnisse stören und die Sirtuin-Aktivität verringern.
  • Chronischer Stress und Schlafmangel: Sie können über hormonelle und metabolische Wege die Funktion von Sirtuinen beeinträchtigen.

Phytotherapeutika als natürliche Stimulatien der Sirtuine

Sirtuine, eine Familie von NAD+-abhängigen Deacetylasen, spielen eine wesentliche Rolle bei der Regulierung von Prozessen, die mit der Langlebigkeit (Longevity), dem Energiestoffwechsel und der Stressantwort verbunden sind. Ihre Aktivierung durch Phytotherapeutika bietet einen vielversprechenden Ansatz zur Förderung der Gesundheit und Verzögerung des Alterungsprozesses. Im Folgenden werden relevante Phytotherapeutika und ihre Wirkung auf die Sirtuin-Aktivität beschrieben, gewichtet nach ihrer Effektivität.

Resveratrol

  • Quelle: Trauben, Beeren, Erdnüsse
  • Wirkmechanismus: Direkte Aktivierung von SIRT1, einer der prominentesten Sirtuin-Isoformen. Resveratrol verbessert die Insulinsensitivität, fördert die DNA-Reparatur und schützt vor Zellschäden durch oxidativen Stress.
  • Effektivität: Eines der potentesten natürlichen Sirtuin-Aktivatoren, bekannt für seine lebensverlängernden Eigenschaften und den Schutz vor altersbedingten Erkrankungen.

Spermidin

  • Quelle: In Lebensmitteln wie Käse und Pilzen vorkommend
  • Wirkmechanismus: Spermidin fördert die Autophagie, einen Prozess, der eng mit der Aktivität von Sirtuinen verbunden ist. Obwohl es möglicherweise nicht direkt Sirtuine aktiviert, unterstützt Spermidin deren Funktion durch die Verbesserung der zellulären Reinigungsprozesse.
  • Effektivität: Trägt zur Langlebigkeit bei und hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit, indem es die zelluläre Homöostase und den Energiestoffwechsel unterstützt.

Quercetin

  • Quelle: Äpfel, Zwiebeln, Beeren, Kapern, Trauben, grünes Blattgemüse
  • Wirkmechanismus: Quercetin kann die Aktivität von Sirtuinen steigern, insbesondere von SIRT1. Es wirkt entzündungshemmend und antioxidativ, unterstützt die DNA-Reparatur und fördert die zelluläre Gesundheit.
  • Effektivität: Unterstützt die zelluläre Funktion und Langlebigkeit, indem es die Sirtuin-Aktivität fördert und gleichzeitig vor oxidativem Stress schützt.

EGCG (Epigallocatechingallat)

  • Quelle: Grüner Tee (Camellia sinensis)
  • Wirkmechanismus: EGCG hat potenzielle Effekte auf die Aktivierung von Sirtuinen, insbesondere im Kontext der Prävention von oxidativem Stress und Entzündungen. Es fördert die zelluläre Gesundheit und könnte die Lebensdauer durch die Unterstützung der Sirtuin-Funktionen verlängern.
  • Effektivität: Bietet antioxidative und entzündungshemmende Vorteile, die indirekt die Sirtuin-Aktivität und damit verbundene gesundheitliche Vorteile unterstützen.

Literatur zu den einzelnen Phytotherapeutika finden Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.

Schlussbetrachtung

Kalorienrestriktion, körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung reich an Nährstoffen, die Sirtuin-Aktivität fördern können, die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes zur Maximierung der gesundheitlichen Vorteile. Die fortgesetzte Erforschung der komplexen Interaktionen zwischen Sirtuinen, Diät, Lebensstil und pharmakologischen Wirkstoffen wird entscheidend sein, um effektive Anti-Aging-Strategien zu entwickeln, die nicht nur die Lebensspanne verlängern, sondern auch die Lebensqualität verbessern. Die Herausforderung liegt darin, personalisierte Interventionen zu identifizieren, die auf individuelle Bedürfnisse und genetische Profile abgestimmt sind, um das volle Potenzial der Sirtuine in der Prävention von altersbedingten Erkrankungen und der Förderung der Langlebigkeit zu nutzen.

© Deutsche Klinik für Prävention, Bad Münder

Literatur

  1. Lee SH et al.: Sirtuin signaling in cellular senescence and aging.BMB Rep. 2019 Jan;52(1):24-34. doi: 10.5483/BMBRep.2019.52.1.290.
  2. Chen C et al.: SIRT1 and aging related signaling pathways Mech Ageing Dev. 2020 Apr:187:111215. doi: 10.1016/j.mad.2020.111215.
  3. Lagunas-Rangel FA: SIRT7 in the aging process Cell Mol Life Sci. 2022 May 18;79(6):297. doi: 10.1007/s00018-022-04342-x.