Kopfschmerzen (Cephalgie) – Einleitung

Als Kopfschmerzen (Synonyme: Cephalgie, Kephalgie, Kephalalgie, Zephalgie, Cephalaea; ICD-10-GM R51: Kopfschmerz) werden Schmerzempfindungen im Bereich des Kopfes bezeichnet.

Kopfschmerzen sind weitverbreitet und jeder war sicherlich schon einmal davon betroffen.
Doch oftmals weiß man gar nicht, woher die Schmerzen kommen und nicht immer sind die Schmerzen so stark, dass ein Arzt aufgesucht wird.

Formen der Kopfschmerzen

Nach dem ICD-10-GM 

  • Migräne (ICD-10-GM G43; 38 % aller Fälle)
  • Cluster-Kopfschmerz (ICD-10-GM G44.0)
  • Vasomotorischer Kopfschmerz, andernorts nicht klassifiziert (ICD-10-GM G44.1)
  • Spannungskopfschmerz (ICD-10-GM G44.2; 54 % aller Fälle)
  • Chronischer posttraumatischer Kopfschmerz (ICD-10-GM G44.3)
  • Arzneimittelinduzierter Kopfschmerz, andernorts nicht klassifiziert (ICD-10-GM G44.4)
  • Sonstige näher bezeichnete Kopfschmerzsyndrome (ICD-10-GM G44.8)

Nach der International Headache Society (IHS) 

  • Primäre Kopfschmerzen (idiopathische Kopfschmerzen) ‒ mehr als 92 % aller Kopfschmerzen, die als eine eigenständige Erkrankung gelten; Häufigkeit nimmt im Alter ab
  • Sekundäre Kopfschmerzen (symptomatische Kopfschmerzen) ‒ weniger als 7 % (8-10 %); Kopfschmerzen, die aufgrund neurologischer oder anderer Erkrankung oder als Nebenwirkungen von Therapien auftreten; Häufigkeit nimmt im Alter zu.
  • Kraniale Neuralgien, zentrale und primäre Gesichtsschmerzen – weniger als 1 % aller Kopfschmerzen; z. B. primäre Trigeminusneuralgie

In der ICHD-3 werden 228 Kopfschmerzformen aufgeführt.

Spannungskopfschmerz und Migräne sind die beiden häufigsten Kopfschmerzformen.

Schmerzerkrankungen gelten als chronisch, wenn sie länger als sechs Monate anhalten. Ein Kopfschmerz wird als chronischer Kopfschmerz in Abhängigkeit von der Form des Kopfschmerzes definiert:

  • Migräne:
    • episodisch: 15 Tage/Monat
    • chronisch: ≥ 3 Monate, ≥ 15 Kopfschmerztage/Monat, davon ≥ 8, welche die Diagnosekriterien der Migräne erfüllen
  • Spannungskopfschmerz:
    • episodisch:
      • sporadisch: < 12 Kopfschmerztage/Jahr
      • häufig: > 12 und < 180 Kopfschmerztage/Jahr
    • chronisch: mindestens drei Monate ≥ 15 Kopfschmerztage/Monat
  • Clusterkopfschmerz: ganzjährig Attacken, ohne dass es zu einer kopfschmerzfreien Zeit von vier Wochen Dauer oder länger kommt.
  • Trigeminoautonome Kopfschmerzen (paroxysmalen Hemikranie; SUNCT-Syndrom (Short-lasting Unilateral Neuralgiform headache attacks with Conjunctival injection and Tearing; SUNA-Syndrom (Short-lasting Unilateral Neuralgiform headache attacks with cranial Autonomic symptoms): siehe Definiton Clusterkopfschmerz
  • Hemicrania continua: per definitionem chronischer Kopfschmerz
  • Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch (Medication Overuse Headache; MOH): ≥ 3 Monate, Kopfschmerz besteht an mindestens 15 Tagen im Monat
  • Posttraumatische Kopfschmerzen: man unterscheidet einen akuten posttraumatischen Kopfschmerz von einem persistierenden (oder chronischem) posttraumatischen Kopfschmerz: > 3 Monate

Epidemiologie

In einer Kinderarztpraxis machen wiederkehrender Spannungskopfschmerz und Migräne und ihre Unterformen über 90 % der vorgestellten Kopfschmerzbeschwerden aus.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für chronische oder rezidivierende (wiederkehrende) Kopfschmerzen liegt in Deutschland bei 60%. Die Häufigkeit primärer Kopfschmerzerkrankungen nimmt mit zunehmendem Alter ab, während die Prävalenz sekundärer Kopfschmerzen altersunabhängig bei etwa 8% liegt und im höheren Alter auf etwa 15 % ansteigt.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Primäre Kopfschmerzen

  • Migräne: Migräneanfälle treten episodisch auf und können ohne Behandlung mehrere Stunden bis Tage dauern. Sie gehen häufig mit Übelkeit, Erbrechen und Licht- bzw. Lärmempfindlichkeit einher. Chronische Migräne wird diagnostiziert, wenn an mindestens 15 Tagen im Monat Kopfschmerzen auftreten, von denen mindestens 8 Tage die Diagnosekriterien der Migräne erfüllen.
  • Spannungskopfschmerz: Dieser Kopfschmerztyp tritt in episodischer oder chronischer Form auf. Episodische Spannungskopfschmerzen sind entweder sporadisch (weniger als 12 Kopfschmerztage pro Jahr) oder häufig (12 bis 180 Kopfschmerztage pro Jahr). Chronische Spannungskopfschmerzen sind definiert als Kopfschmerzen an mindestens 15 Tagen im Monat für mindestens drei Monate.
  • Clusterkopfschmerz: Clusterkopfschmerzen sind durch extreme Schmerzintensität gekennzeichnet, oft begleitet von autonomen Symptomen wie Tränenfluss und Nasenlaufen. Die Attacken treten in Clustern (Häufungen) über Wochen oder Monate auf, gefolgt von Remissionsphasen. Ganzjährige Clusterkopfschmerzen treten ohne kopfschmerzfreie Perioden von mindestens vier Wochen auf.

Sekundäre Kopfschmerzen

  • Sekundäre Kopfschmerzen resultieren aus anderen medizinischen Bedingungen wie neurologischen Erkrankungen oder als Nebenwirkungen von Therapien. Dazu gehören posttraumatische Kopfschmerzen, medikamenteninduzierte Kopfschmerzen und Kopfschmerzen aufgrund von Infektionen oder Tumoren.

Verlauf bei Kindern

  • In einer Kinderarztpraxis machen wiederkehrender Spannungskopfschmerz und Migräne über 90 % der vorgestellten Kopfschmerzbeschwerden aus. Die Prävalenz chronischer oder rezidivierender Kopfschmerzen liegt bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland bei 60 %.

Prognose

Allgemeine Prognose

  • Kopfschmerzen können sehr unangenehm sein und die Betroffenen stark in ihrem Alltag einschränken. Daher ist es wichtig, die Ursache der Kopfschmerzen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung zu ergreifen.
  • Bei primären Kopfschmerzen wie Migräne und Spannungskopfschmerzen kann die Prognose durch eine adäquate Behandlung und Vermeidung von Triggerfaktoren verbessert werden.

Sekundäre Kopfschmerzen

  • Sekundäre Kopfschmerzen aufgrund von Hirntumoren sind bei weniger als 0,1 % aller Kopfschmerzpatienten das einzige oder erste Symptom [1].
  • Bei rezidivierenden Kopfschmerzen sollte ein Arzt aufgesucht werden, da diese nicht immer ein eindeutig diagnostizierbares Syndrom darstellen.

Spezifische Prognoseindikatoren

  • Migräne: Patienten mit chronischer Migräne haben oft eine schlechtere Lebensqualität und ein höheres Risiko für Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angststörungen.
  • Spannungskopfschmerz: Chronische Spannungskopfschmerzen können zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität führen, sind aber in der Regel nicht mit schweren gesundheitlichen Komplikationen verbunden.

Komorbiditäten

Begleiterkrankungen bei Patienten mit primären Kopfschmerzen: Rückenschmerzen (7,6 %), Angsterkrankungen (4,1 %), Depression (3,8 %), Koronare Herzkrankheit/Herzkranzgefäßerkrankung (2,6 %) und Apoplex/Schlaganfall (1,4 %) [2]. Des Weiteren sind relativ häufig primäre Kopfschmerzen mit Angsterkrankungen, arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) und Diabetes mellitus assoziiert.

Literatur

  1. Valentinis L, Tuniz F, Valent F et al.: Headache attributed to intracranial tumours: a prospective cohort study. Cephalalgia 32010 Apr;30(4):389-98. doi: 10.1111/j.1468-2982.2009.01970.x. Epub 2010 Feb 1.
  2. Global Burden of Diseases and Injuries Collaborators. Lancet 2020; 396: 1204-22 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30925-9

Leitlinien

  1. Göbel H., Heinze A.: Primäre Kopfschmerzerkrankungen. DGS-PraxisLeitlinie. Hilfsmittel für die tägliche Praxis. DGS - Praxisleitlinien 2023