Tinnitus – Einleitung

Unter dem Begriff Tinnitus (von lat. tinnire = klingeln) (Synonyme: Ear noises; Ohrensausen; Ohrgeräusche; Ohrrauschen; Pulsatiler Tinnitus; Pulssynchroner Tinnitus; Tinnitus aurium; ICD-10-GM H93.1: Tinnitus aurium) versteht man Ohrgeräusche, die permanent oder temporär (zeitweise) auftreten, die ohne äußere Schallquelle im Ohr oder im Kopf lokalisiert wahrgenommen werden. Es handelt sich dabei häufig um ein Summen, Rauschen, Zischen oder Klingeln.

Die Ursachen sind sehr vielfältig, oft liegt neben dem Tinnitus noch eine Schwerhörigkeit vor.
Abzugrenzen vom idiopathischen Tinnitus sind pulssynchrone Ohrgeräusche (pulssynchroner Tinnitus).

Man kann den Tinnitus unterteilen in:

  • Subjektiven Tinnitus – nur der Betroffene hört die Geräusche (häufig)
  • Objektiven Tinnitus – die Geräusche werden im Körper erzeugt (z. B. Spasmus des Musculus tensor tympani) bzw. werden auch vom Untersucher wahrgenommen; sehr selten

Weiterhin kann der Tinnitus eingeteilt werden in:

  • Akuter Tinnitus (< 3 Monate bestehend)
  • Subakuter Tinnitus (3 bis < 12 Monate)
  • Chronischer Tinnitus* bzw. chronisch-idiopathischer Tinnitus (> 12 Monate bestehend)

*Die Autoren der S3-Leitlinie definieren chronischen Tinnitus als Ohrgeräusche, die seit mindestens drei Mona­ten bestehen und die Betroffenen belasten.

Die häufigste Form des Tinnitus ist allerdings der intermittierende Tinnitus. In einer repräsentativen Querschnittstudie verneinten 48 % der Tinnituspatienten, dass sie den Ton anhaltend "immer jeden Tag“ wahrnehmen [2].

Tinnitus gehört zu den häufigsten Beschwerdebildern in der HNO-Praxis.

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel: Anstieg des Risikos für Tinnitus bis zum Alter von etwa 65 Jahren.
Ein chronischer Tinnitus kann in jedem Lebensalter auftreten. 

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für einen akuten Tinnitus liegt bei 25 % der Bevölkerung (in Deutschland). Die Prävalenz für einen chronischen Tinnitus liegt bei 4 % aller Erwachsener. Aufgrund der steigenden Lärmbelästigung in der Freizeit erkranken immer mehr junge Menschen an einem Tinnitus. Die Prävalenz bei Jugendlichen und unter 29-Jährigen liegt bei 5 %. 

Verlauf und Prognose

Verlauf

Tinnitus, auch bekannt als Ohrgeräusche, bezeichnet das Hören von Geräuschen ohne äußere Schallquelle. Diese können permanent oder temporär auftreten und werden häufig als Summen, Rauschen, Zischen oder Klingeln beschrieben.

Akuter Tinnitus

  • Dauer: Weniger als 3 Monate.
  • Prognose: Bis zu 70 % der Fälle verschwinden von selbst oder bessern sich erheblich.

Subakuter Tinnitus

  • Dauer: 3 bis weniger als 12 Monate.
  • Prognose: Die Chancen auf eine Besserung sind höher als bei chronischem Tinnitus, jedoch geringer als bei akutem Tinnitus.

Chronischer Tinnitus

  • Dauer: Mehr als 12 Monate.
  • Prognose: Die Krankheit verläuft häufig chronisch. Ein Teil der Patienten zeigt jedoch eine Habituation (Gewöhnung) an die Ohrgeräusche.

Intermittierender Tinnitus

  • Definition: Tinnitus, der nicht konstant, sondern zeitweise auftritt.
  • Prävalenz: Häufigste Form des Tinnitus; 48 % der Betroffenen berichten, dass sie den Ton nicht anhaltend "immer jeden Tag" wahrnehmen [2].

Prognose

Die Prognose von Tinnitus variiert je nach Ursache, Dauer und individuellen Faktoren des Patienten.

Akuter Tinnitus

  • Prognose: In vielen Fällen bessern sich die Symptome innerhalb weniger Wochen bis Monate, besonders wenn frühzeitig behandelt wird.

Chronischer Tinnitus

  • Lebensqualität: 7-20 % der Patienten fühlen sich in ihrer Lebensqualität erheblich eingeschränkt.
  • Behandlungsbedürftigkeit: Etwa 1-5 % der Allgemeinbevölkerung sind durch die Ohrgeräusche deutlich bis sehr stark beeinträchtigt [1].
  • Habituation: Die Mehrzahl der betroffenen Patienten gewöhnt sich im Laufe der Zeit an die Ohrgeräusche.

Behandlungsansätze

  • Entspannungstechniken: Methoden wie progressive Muskelentspannung, Yoga und Meditation können helfen, die Tinnitus-Symptome zu lindern und den Umgang mit den Ohrgeräuschen zu verbessern.
  • Therapieansätze: Behandlungen sollten sich am Schweregrad des Tinnitus und den Komorbiditäten orientieren.
  • Klinische Studien: Zeigen, dass sich Tinnitusbeschwerden im Verlauf abmildern können, allerdings bestehen große Unterschiede zwischen den Patienten [3].

Komorbiditäten

Tinnitus ist häufig mit anderen gesundheitlichen Problemen vergesellschaftet, darunter:

  • Hör- und Gleichgewichtsstörungen
  • Affektive Störungen: Anpassungsstörung, depressive Episoden
  • Angststörungen: Phobien, generalisierte Angststörungen
  • Stressreaktionen: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Insomnie/Schlafstörungen

Literatur

  1. Pilgramm M, Rychlik R, Lebisch H et al.: Tinnitus in der Bundesrepublik Deutschland – eine repräsentative epidemiologische Studie. HNO Aktuell 1999; 7:261-265
  2. Oiticica J, Bittar RS: Tinnitus prevalence in the city of Sao Paulo. Braz J Otorhinolaryngol 2015 Mar-Apr;81(2):167-76. doi: 10.1016/j.bjorl.2014.12.004. Epub 2014 Dec 27.
  3. Phillips JS et al.: The Natural History of Subjective Tinnitus in Adults: A Systematic Review and Meta-analysis of No-Intervention Periods in Controlled Trials. Laryngoscope 2017, online 20. April; doi: 10.1002/lary.26607

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Hörsturz. (AWMF-Registernummer: 017-010), Januar 2014 Langfassung
  2. Mazurek B et al.: A multidisciplinary European guideline for tinnitus: diagnostics, assessment, and treatment. Date: 18 February 2018 HNO 2019;67(4):1-33. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00106-019-0633-7.
  3. S3-Leitlinie: Chronischer Tinnitus. (AWMF-Registernummer: 017-064), September 2021 Langfassung