Medizingerätediagnostik: Gehirn, Nervensystem und psychische Gesundheit
Die medizintechnische Diagnostik neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen dient der strukturellen, funktionellen und perfusionsbezogenen Beurteilung zentraler und peripherer Anteile des Nervensystems. Sie ermöglicht die Früherkennung, Differentialdiagnose und Verlaufskontrolle zahlreicher Erkrankungen – etwa bei Schlaganfall, Demenz, Epilepsie, Parkinson-Syndromen, Multipler Sklerose und psychiatrischen Störungen. Ergänzt wird sie durch neurophysiologische Verfahren zur Funktionsanalyse peripherer und zentralnervöser Leitungsbahnen.
Je nach Fragestellung kommen strukturierende Bildgebung, funktionelle Verfahren oder molekulare Bildgebung zum Einsatz. Für die klinische Praxis hat sich eine stufenweise Diagnostik etabliert, orientiert an Leitsymptomatik, Aussagekraft und Verfügbarkeit.
Systematische Einteilung der Verfahren
Strukturgebende Bildgebung – Darstellung morphologischer Veränderungen wie Atrophien, Tumoren, Blutungen oder Gefäßprozesse
- Craniale Computertomographie (cCT) (Schädel-CT) – Schichtbildverfahren mit Röntgenstrahlung zur schnellen Detektion von Blutungen, Infarkten oder Frakturen (z. B. bei Schlaganfall oder Schädelverletzung)
- Schädel-Magnetresonanztomographie (MRT) – Hochauflösende Schnittbildgebung ohne Strahlenbelastung zur Darstellung von Hirngewebe, Entzündungen und Tumoren (z. B. bei Multipler Sklerose oder Tumorverdacht)
- Nervenultraschall (peripherer Nerven) (Nervensonographie) – Sonographische Darstellung von Nervenverläufen zur Diagnostik von Kompressionssyndromen oder Nervenschädigungen (z. B. bei Karpaltunnelsyndrom oder Nervenquetschung)
Funktionelle Bildgebung und Perfusionsdiagnostik – Erfassung von Stoffwechselprozessen, Hirndurchblutung und funktionellen Aktivierungen
- Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) – Bildgebung der Hirnaktivität über Sauerstoffverbrauch bei kognitiven oder motorischen Aufgaben (z. B. zur Operationsplanung bei Hirntumoren)
- Perfusionsszintigraphie (z. B. HMPAO, ECD) – Nuklearmedizinisches Verfahren zur quantitativen Darstellung der zerebralen Durchblutung (z. B. bei Demenzverdacht oder Durchblutungsstörungen)
- Single-Photon-Emissions-Tomographie (SPECT) des Gehirns – Bildgebung der Hirndurchblutung mittels radioaktiver Substanzen (z. B. bei Alzheimer, Parkinson oder Epilepsie)
- Positronenemissionstomographie (PET) des Gehirns – Darstellung des Zuckerstoffwechsels oder spezieller Eiweiße im Gehirn (z. B. zur Frühdiagnose von Alzheimer oder zur Tumorbeurteilung)
- Positronenemissionstomographie/Computertomographie (PET/CT) – Kombination aus Stoffwechselbildgebung und Schichtaufnahme zur gleichzeitigen Darstellung von Funktion und Struktur
- DaTSCAN-Szintigraphie – Nachweis von Nervenzellen mit Dopaminaufnahme zur Abgrenzung von Parkinson-Erkrankungen (zeigt Funktionsverlust in bestimmten Hirnregionen)
- Hirnrezeptorszintigraphie – Darstellung der Dichte und Verteilung spezifischer Neurorezeptoren mittels selektiv gebundener Radioliganden (z. B. bei Epilepsie, Demenz oder psychiatrischen Erkrankungen)
Neurophysiologische Verfahren – Messung bioelektrischer Aktivitäten in zentralen und peripheren Nervensystemen
- Elektroenzephalographie (EEG) (Hirnstrommessung) – Aufzeichnung elektrischer Hirnaktivität über Oberflächenelektroden (z. B. bei Epilepsie oder Bewusstseinsstörung)
- Quantitative EEG-Analyse (qEEG) – Computergestützte Auswertung der Hirnstromfrequenzen (z. B. bei Aufmerksamkeitsdefiziten oder Depressionen)
- Elektromyographie (EMG) – Messung der elektrischen Muskelaktivität zur Unterscheidung zwischen Muskel- und Nervenerkrankung (z. B. bei Muskelschwäche)
- Elektroneurographie (ENG) – Messung der Nervenleitgeschwindigkeit zur Diagnose peripherer Nervenschädigungen (z. B. bei Polyneuropathie oder Nervenkompression)
Weitere Verfahren – Ergänzende vaskuläre Diagnostik zentralnervöser Strukturen
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Dopplersonographie zur Schlaganfallvorsorge – Ultraschallgestützte Messung des Blutflusses in extrakraniellen (außerhalb des Schädels) und transkraniellen (innerhalb des Schädels) Hirnarterien zur Erkennung von Engstellen (z. B. bei erhöhtem Schlaganfallrisiko)
Strukturierte Diagnostik nach Leitsymptomatik
Leitsymptom / Fragestellung | Empfohlene Verfahren | Ziel der Untersuchung |
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Akuter Apoplex | Craniale CT, Schädel-MRT, Doppler-Sonographie, Perfusions-SPECT | Differenzierung zwischen Blutung und Ischämie, vaskuläre Abklärung |
Demenzabklärung | Schädel-MRT, Perfusionsszintigraphie, Amyloid-PET, fMRT, Hirnrezeptorszintigraphie | Hirnatrophie, Durchblutungsmuster, Amyloidnachweis |
Epilepsie | EEG, Schädel-MRT, fMRT, interiktales PET, iktales SPECT, Hirnrezeptorszintigraphie | Anfallsfokus, strukturelle Läsionen, funktionelle Aktivität |
Parkinson-Syndrom | DaTSCAN, Schädel-MRT, FDG-PET, Hirnrezeptorszintigraphie | Dopamintransporterstatus, Abgrenzung atypischer Parkinsonformen |
Polyneuropathie / periphere Nervenstörung | EMG, ENG, Nervenultraschall | Leitungsstörungen, morphologische und funktionelle Beurteilung |
Psychiatrische Abklärung (z. B. Depression, ADHS, Schizophrenie) | qEEG, fMRT, PET, Hirnrezeptorszintigraphie | Netzwerkanalyse, funktionelle Aktivität, Neurotransmitterverteilung |
Unklare Bewusstseinsstörung | EEG, CT, MRT, Perfusions-PET/SPECT | Differenzierung metabolisch, epileptisch, strukturell bedingter Ursachen |
Fazit
Die apparative Diagnostik neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen umfasst ein breites Spektrum strukturierter, funktioneller und molekularer Verfahren. Eine indikationsorientierte Auswahl unter Berücksichtigung der Leitsymptomatik ermöglicht eine stufenweise, zielgerichtete Diagnostik. Während klassische Verfahren wie CT, MRT, EEG und Dopplersonographie weiterhin zentrale Bausteine darstellen, ergänzen moderne Verfahren wie fMRT, PET oder DaTSCAN zunehmend die Differentialdiagnostik komplexer Erkrankungen des zentralen Nervensystems.