Asthma bronchiale – Einleitung

Beim Asthma bronchiale (Synonyme: Allergisches Asthma bronchiale; Allergisches Bronchialasthma; Allergisches hyperreaktives Bronchialsystem; Asthmoide Bronchitis; asthmoide Spasmen; Atopisches Asthma; Belastungsasthma; Bronchialasthma; chronisches Asthma; Endogenes Asthma; Endogenes nichtallergisches Asthma bronchiale; exogenes allergisches Asthma; extrinsisches Asthma bronchiale; bronchiale Hyperreaktivität; ICD-10-GM J45.-: Asthma bronchiale) handelt es sich um eine anfallsweise auftretende Atemnot. Diese ist bedingt durch eine variable und reversible Verengung der Bronchien (Luftröhrenäste), welche durch eine Entzündung sowie eine Hyperreaktivität (Überempfindlichkeit) verursacht wird.

Asthma bronchiale ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Das Erstmanifestationsalter liegt meist in den ersten fünf Lebensjahren (70 % der Fälle).

Formen des Asthma bronchiale

  • Extrinsisches Asthma bronchiale allergisches Asthma bronchiale (Allergie-Asthma), IgE-vermittelt; gehört zu dem polygen vererbten atopischen Erkrankungen (Atopie)
  • Intrinsisches Asthma bronchiale nicht-allergisch, nicht IgE-vermittelt
    • infektbedingt (Viren, Bakterien) – tritt typischer Weise im Winter nach Infekten der Atemwege auf (Infekt-Asthma)
    • medikamentenbedingt – Analgetika (Schmerzmittel; Acetylsalicylsäure/Asthma bei Aspirin-Intoleranz ("Aspirin-exacerbated airway disease: AERD"); Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): 5,5-12,4 % der Asthma-Patienten), Betablocker
    • ausgelöst durch körperliche Anstrengung (Anstrengungsasthma, engl.: "exercise-induced asthma", EIA; bei Kindern und Jugendlichen beträgt die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): 40-90 %) oder auch emotionalen Stress
    • berufs- oder umweltbedingt – toxische, chemisch-irritative Stoffe (Inhalationsnoxen)
  • Gemischtförmiges Asthma bronchiale
    Für ein extrinsisches Asthma – allergisches Asthma – spricht der Beginn im jüngeren Erwachsenenalter, das Erstauftreten im höheren Alter eher für ein intrinsisches Asthma oder eine Mischform.

Die Lebenszeitprävalenz (Krankheitshäufigkeit in der gesamten Lebenszeit) umfasst drei verschiedene Asthmaformen:

  • transiente (vorübergehende) Formen der rezidivierenden Atemwegsobstruktionen (Verengung bzw. Verlegung der Atemwege) im Kindes- und Jugendalter („transient wheezing“); wird auch als "childhood asthma" bezeichnet.
    Beachte: trotz Beschwerdefreiheit im Erwachsenenalter besteht im Alter ein erhöhtes Risiko für beschleunigten Lungenfunktionsverlust [3]
  • persistierendes allergische Asthma mit Beginn in der Kindheit und Jugend; typischerweise assoziiert mit Allergien, allergische Rhinitis (Heuschnupfen) etc.; wird als "early-onset asthma" bezeichnet.
  • Im Erwachsenenalter erstmals auftretendes Asthma ("adult-onset asthma"), das im Regelfall ohne Nachweis von relevanten Allergien auftritt.

Definition der Asthmaschwere s. u. Klassifikation.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Im Kindesalter beträgt das Verhältnis Jungen zu Mädchen 2:1. Bei erwachsenen Asthmatikern sind Frauen häufiger betroffen.

Häufigkeitsgipfel

  • Allergisches Asthma: Beginnt überwiegend im Kindesalter, mit dem Maximum des Auftretens zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr.
  • Nicht-allergisches Asthma: Tritt erst im mittleren Alter auf, häufig nach dem 40. Lebensjahr.
  • Infekt-Asthma: Am häufigsten bei Personen über 45 Jahren.

Saisonale Häufung

  • Allergie-Asthma: Häufiger im Frühsommer aufgrund von Blütenstaub und im Herbst aufgrund von Hausstaub.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Weltweit liegt die Prävalenz bei 10-15 % der Kinder und etwa 5-7 % der Erwachsenen.
  • Die höchste Prävalenz findet sich in Schottland und Neuseeland, während sie in Osteuropa und Asien niedriger ist.
  • In Deutschland beträgt die Lebenszeitprävalenz 8,6 %.
  • Etwa 30 % der erwachsenen Asthmatiker leiden an einer Kombination aus extrinsischem und intrinsischem Asthma, während die restlichen an reinen Formen leiden.
  • Generell nimmt die Prävalenz von Asthma mit zunehmendem Alter ab, insbesondere für das allergische Asthma. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen liegt die Prävalenz bei 9 %.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Asthma bronchiale zeigt einen variablen Verlauf und kann sowohl episodisch als auch chronisch-persistierend auftreten. Besonders im Kindes- und Jugendalter besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für Spontanremissionen. Zwischen 40-80 % der betroffenen Jugendlichen erleben eine Verbesserung oder völlige Beschwerdefreiheit während der Pubertät. Bei etwa 50 % der Kinder mit schwerem Asthma klingen die Symptome in der Pubertät ab, wobei eine Eosinophilie im Blut ein prädiktiver Faktor für diese Besserung ist [2].

Mit zunehmendem Alter sinken jedoch die Chancen auf eine Spontanremission erheblich. Bei Erwachsenen bleibt Asthma bronchiale häufig eine lebenslange Erkrankung. Die Atemwege der Betroffenen bleiben anfällig und reagieren empfindlich auf verschiedene Reize, was zu wiederkehrenden Asthmaanfällen führen kann. Unbehandelt kann Asthma bronchiale zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Lungenfunktion führen. Zudem haben Erwachsene mit einer Vorgeschichte von remittiertem Asthma aus der Kindheit ein erhöhtes Risiko für einen beschleunigten Lungenfunktionsverlust im späteren Leben [3].

Asthma kann auch in verschiedenen Schweregraden auftreten, die von milden, intermittierenden Symptomen bis zu schweren, täglichen Beeinträchtigungen reichen. Die Krankheit kann durch zahlreiche Faktoren wie Allergene, Infektionen, körperliche Anstrengung und Stress getriggert werden. Saisonale Schwankungen, insbesondere bei allergischem Asthma, sind häufig, wobei die Symptome im Frühsommer und Herbst verstärkt auftreten.

Prognose

Die Prognose von Asthma bronchiale hängt stark von der Schwere der Erkrankung, dem Ansprechen auf die Therapie und dem Vorhandensein von Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)  ab. Bei guter Kontrolle der Symptome durch eine geeignete medikamentöse Therapie und Lebensstiländerungen können viele Betroffene ein nahezu normales Leben führen.

Asthma bronchiale ist jedoch mit einer erhöhten Mortalität (Sterblichkeit) verbunden: In Mitteleuropa sterben jährlich 1-8 Menschen pro 100.000 Einwohner an den Folgen von Asthma. Eine frühzeitige Diagnose und konsequente Therapie sind entscheidend, um die Prognose zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

Komorbiditäten

Asthma bronchiale geht häufig mit verschiedenen Begleiterkrankungen einher, die die Prognose negativ beeinflussen können. Zu den häufigsten Komorbiditäten zählen:

  • Adipositas (Übergewicht)
  • Gastroösophagealer Reflux (GERD; Sodbrennen)
  • Obstruktive Schlafapnoe (Atemstillstände während des Schlafs)
  • Erkrankungen der oberen Atemwege (allergische Rhinitis (allergischer Schnupfen)*, Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung), Polypen)
  • Psychische Erkrankungen (Angsterkrankungen, Depressionen)

Besonders häufig leiden Asthmatiker unter allergischer Rhinitis und Sinusitis, was die Asthmakontrolle erschweren kann. Psoriasis (Schuppenflechte) tritt ebenfalls häufiger bei Patienten auf, die bereits in der Kindheit an Asthma bronchiale litten [1].

Die Lebenserwartung von Asthmatikern hängt stark von der Kontrolle der Symptome und der Behandlung der Komorbiditäten ab. Unbehandelte oder schlecht kontrollierte Asthmaanfälle können zu schweren Komplikationen und einem vorzeitigen Tod führen.

*Asthma bronchiale und allergische Rhinitis werden heutzutage als zwei Ausprägungsformen einer atopischen Entität und nicht mehr als getrennte Erkrankungen angesehen.

Literatur

  1. Egeberg A, Khalid U, Gislason GH, Mallbris L, Skov L, Hansen PR: Risk of psoriasis in patients with childhood asthma – a Danish nationwide cohort study. Br J Dermatol. 2015 Mar 20. doi: 10.1111/bjd.13781.
  2. Ross KR et al.: Severe asthma during childhood and adolescence: A longitudinal study. J Allergy Clin Immunol. 2020 Jan;145(1):140-146.e9. doi: 10.1016/j.jaci.2019.09.030. Epub 2019 Oct 14.
  3. Miura S et al.: Accelerated decline in lung function in adults with a history of remitted childhood asthma. Eur Respir J. 2022 59: 2100305 doi: https://​doi.​org/​10.​1183/​13993003.​00305-2021

Leitlinien

  1. Chung KF. Wenzel SE. Brozek JL et al.: International ERS/ATS guidelines on definition, evaluation and treatment of severe asthma. Eur Respir J 2014 Feb;43(2):343-73. doi: 10.1183/09031936.00202013. Epub 2013 Dec 12.
  2. Renz H: In-vitro-Allergiediagnostik. Rezensierte Publikation. JLM Band 39: Heft 4. Juli 2015 doi.org/10.1515/labmed-2015-0062
  3. Global Initiative For Asthma (GINA) report 2016; http://​www.​ginasthma.​org
  4. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma. (AWMF-Registernummer: nvl-002), September 2020 Kurzfassung Langfassung
  5. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung
  6. S2k-Leitlinie: Fachärztliche Diagnostik und Therapie von Asthma. (AWMF-Registernummer: 020-009) März 2023. Langfassung