Plasmozytom – Einleitung

Beim Plasmozytom (Synonyme: Bence-Jones-Plasmozytom; Hupert-Krankheit; Kahler-Buzzolo-Krankheit; Malignes Plasmom; Morbus Kahler; Multipler Plasmazelltumor; Multiples Myelom (MM); Multiples Plasmazellenmyelom; Myelom; Myelomatose; Plasmazellmyelom; Reticulosis plasmacellularis; medulläres Plasmozytom; ICD-10 C90.0-: Multiples Myelom) handelt es sich um eine maligne (bösartige) Systemerkrankung, die zu den Non-Hodgkin-Lymphomen der B-Lymphozyten (B-Zell-Lymphom) zählt.

Das Plasmozytom (multiples Myelom) geht mit einer malignen Neoplasie (Neubildung) von Plasmazellen und der Bildung von Paraproteinen (funktionslose, (un)vollständige Antikörper) einher.

Das multiple Myelom wird auch als lymphoplasmozytisches Lymphom bezeichnet.

Das multiples Myelom entsteht regelhaft aus einer monoklonalen Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS). 

Es ist die häufigste maligne Neoplasie des Knochens (ca. ein Drittel der biopsierten Knochentumore) und die zweithäufigste maligne hämatologische Erkrankung (bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems) nach der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL).

Das symptomatische multiple Myelom (Plasmozytom) wird nach den überarbeiteten IMWG-Kriterien wie folgt definiert: "Vorliegen monoklonaler Plasmazellen im Knochenmark ≥ 10 % oder ein durch Biopsie bestätigtes Plasmozytom des Knochens oder einer extramedullären ("außerhalb des Knochenmarks") Manifestation und eines der folgenden "Myeloma-defining events" (s. u. Klassifikation)" [2].

Eine Unterform des Plasmozytoms ist das "Smoldering multiple Myelom" ("schwelendes Myelom"; engl.: Smoldering myeloma). Dieses ist gekennzeichnet durch einen langsamen Verlauf und das Fehlen der myelomtypischen Skelettveränderungen, der Anämie (Blutarmut) bzw. Niereninsuffizienz (Nierenschwäche). Die Knochenmarkinfiltration liegt bei < 10 % und die Konzentration der Paraproteine konstant bei 3 g/dl.

Das symptomatische multiple Myelom ist beim Vorliegen sog. CRAB-Kriterien ("hypercalcaemia“, "renal failure", "anemia", "bone lesions"; Hypercalcämie, Nierenversagen, Anämie, Skelettveränderungen) behandlungsbedürftig.

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens des Plasmozytoms liegt meist nach dem 45. Lebensjahr. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt bei Männern bei 72 und bei Frauen bei 74 Jahren [3].

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) ist bei Afroamerikanern im Vergleich zu weißen US-amerikanischen Bürgern etwa doppelt so hoch.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt 6-8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose

Verlauf

Das Plasmozytom (multiple Myelom) zeigt einen variablen Verlauf, der von langsam bis schnell progressiv reicht. Initial können Patienten asymptomatisch sein oder unspezifische Symptome wie Müdigkeit und Knochenschmerzen aufweisen. Im fortgeschrittenen Stadium treten typische Symptome wie Hyperkalzämie (Hypercalcämie; Calciumsüberschuss), Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), Anämie (Blutarmut) und osteolytische Knochenschäden (Knochenabbauenden Knochenschäden) auf. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung liegt in 20-50 % der Fälle eine renale Beteiligung (Nierenbeteiligung) vor, die durch die toxischen Effekte der monoklonalen Leichtketten verursacht wird.

Prognose

Die Prognose des Plasmozytoms ist stark von verschiedenen Faktoren abhängig, darunter das Alter bei Diagnosestellung, die allgemeine körperliche Verfassung, das Vorhandensein von Begleiterkrankungen und das Ansprechen auf die Therapie. Die Lebenserwartung und die 5-Jahres-Überlebensrate sind trotz Fortschritten in der Therapie weiterhin begrenzt. Das mediane Sterbealter liegt für Männer bei 76 und für Frauen bei 78 Jahren. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 54 % bei Frauen und 56 % bei Männern, während die 10-Jahres-Überlebensrate bei etwa 39 % liegt.

Das Plasmozytom tritt häufig rezidivierend (wiederkehrend) auf. Mit jedem Rezidiv steigt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein erneutes Rezidiv auftritt [1].

Eine komplette Remission ist bei konventioneller Chemotherapie nur in etwa 5 bis 10 % der Fälle möglich. Kombinationstherapien aus Chemotherapie und autologer Stammzelltransplantation können bei über 40 % der Patienten eine komplette Remission erreichen. Eine schwere Niereninsuffizienz ist mit einem erhöhten Risiko für frühe Todesfälle verbunden.

Zusammenfassung

Das multiple Myelom ist eine chronische, meist nicht heilbare Erkrankung mit einer variablen Prognose. Durch eine frühzeitige und adäquate Therapie können jedoch Komplikationen reduziert und die Lebensqualität der Patienten verbessert werden. Die kontinuierliche Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze bietet Hoffnung auf verbesserte Überlebensraten und Lebensqualität für die Betroffenen.

Literatur

  1. van de Donk NW et al.: Expert opinion on pharmacotherapy 2013. New developments in the management and treatment of newly diagnosed and relapsed/refractory multiple myeloma patients. doi: 10.1517/14656566.2013.805746
  2. Rajkumar SV, Dimopoulos MA, Palumbo A et al.: International myeloma working group updated criteria for the diagnosis of multiple myeloma. Lancet Oncol 2014; 15: 538-48.
  3. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_ 2017/krebs_in_deutschland_2017.pdf?__blob=publicationFile

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patienten mit monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) oder Multiplem Myelom. (AWMF-Registernummer: 018 - 035OL), Februar 2022 Kurzfassung Langfassung