Szintigraphie

Bei der Szintigraphie (aus dem lateinischen scintilla – Funken) handelt es sich um ein bildgebendes diagnostisches Verfahren der Radiologie, mit welchem die Erfassung von langandauernden Funktionsprozessen möglich ist. Zur Erstellung eines Szintigramms bedarf es der Gabe von Tracersubstanzen (bei diesem Radiopharmakon handelt es sich um eine chemische Substanz, die mit einem radiologisch aktivem Stoff markiert wurde, sodass eine Anreicherung des Tracers im Gewebe erreicht wird, durch welche die Funktion des jeweiligen Organs überprüft werden kann. Durch die klassische statische Szintigraphie ist es nicht möglich, Organfunktionen zu betrachten, die sich innerhalb des Untersuchungsvorganges verändern, da der Herstellungsprozess des Szintigramms bis zu einer halben Stunde dauern kann. Zur Registrierung der Stoffwechselaktivität in den Organstrukturen des Körpers eignet sich jedoch die planare Szintigraphie, da hier eine Aufnahme erstellt wird, die mehrere Ebenen abbildet.

Die Entwicklung der Szintigraphie beruht größtenteils auf den Erfindern der 1963 in einer Veröffentlichung vorgestellten Gamma-Kamera, Kuhl und Edwards.

Beurteilbare Strukturen

Die Szintigraphie ermöglicht die Beurteilung der Stoffwechselaktivität und der Funktion verschiedener Organsysteme, wobei die visualisierten Strukturen und Prozesse je nach verwendeter Tracersubstanz variieren:

  • Gehirn: Erkennung von Durchblutungsstörungen, Entzündungsprozessen und neurodegenerativen Erkrankungen.
  • Herz: Bewertung der Herzfunktion, Durchblutung und Identifikation von abgestorbenem Gewebe nach einem Infarkt (umschriebener Gewebsuntergang (Nekrose) infolge einer Durchblutungsstörung (Ischämie)).
  • Knochen: Nachweis von Knochenmetastasen (Tochtergeschwülste in den Knochen), Entzündungen und anderen Veränderungen.
  • Schilddrüse: Beurteilung von Funktionsstörungen und Knoten.
  • Leber und Milz: Beurteilung der Funktion und Nachweis von Tumoren oder Zysten.
  • Nieren: Funktionsüberprüfung und Beurteilung der Nierendurchblutung.
  • Lunge: Lungenperfusion (Lungendurchblutung) und -ventilation (Lungenbelüftung) zum Nachweis von Lungenembolien oder anderen pathologischen Veränderungen.

Das Verfahren

Das Prinzip der Szintigraphie beruht auf der Darstellung stoffwechselaktiver Organsysteme des Körpers unter Anwendung von Tracersubstanzen, welche sich nach Aufnahme in den Körper verteilen. Diese applizierten Tracersubstanzen sind radioaktiv und geben somit Gammastrahlung an die Umwelt ab. Die Messung der Strahlung erfolgt mit Hilfe einer Gamma-Kamera, welche über dem zu untersuchenden Organ lokalisiert ist und die Aktivitätsverteilung aufnehmen kann. Für die Funktion der Gamma-Kameras ist die Anwendung sogenannter Kollimatoren unabdingbar, da durch diese die abgegebene Strahlung gebündelt werden kann. Zusätzlich zum Bündelungseffekt dienen Kollimatoren auch zur Selektion der Strahlung, da schräg einfallende Photonen von den Blenden absorbiert werden. Durch die Kollimatoren wird in einer definierten Eindringtiefe die Empfindlichkeit der planaren Szintigraphie erhöht. Aufgrund der möglichen Überlagerung der Abbildungsebenen bei der Szintigraphie sind pathologische Funktionsveränderungen häufig erst ab einer Größe von über 1 cm erkennbar. Bei der planaren Szintigraphie werden als Radiopharmaka häufig Technetium-Präparate eingesetzt, da diese zwar auf dem Blutweg transportiert, jedoch nicht in Stoffwechselprozesse integriert werden. Die abgegebene Gammastrahlung wird nun von sich in der Gamma-Kamera befindenden Szintilisationskristallen in Lichtblitze umgewandelt. Durch ein Berechnungsverfahren wird ein elektronisches Signal erzeugt, durch welches sich der Schwärzungsgrad im Szintigramm ergibt.

Die Szintigraphie gliedert sich in mehrere Systeme auf:

  • Statische Szintigraphie: bei dieser Methode handelt es sich um eine Übergruppe bestehend aus der Hot-Spot-Szintigraphie und der Cold-Spot-Szintigraphie. Allerdings ist eine genaue Abgrenzung der beiden Verfahren nicht immer möglich, sodass häufig der Begriff der statischen Szintigraphie verwendet wird.
  • Cold-Spot-Szintigraphie: dieses Verfahren dient hauptsächlich zur Darstellung nicht pathologischer Gewebe. Mithilfe der Cold-Spot-Szintigraphie ist es möglich, eine genaue Beurteilung eines Organs betreffend der Größe, Lage und Form zu gewährleisten. Des Weiteren stellt das Verfahren auch bei pathologisch raumfordernden Prozessen mit vorhandenen Speicherdefekten (Cold Spots) ein potentes Mittel in der Diagnostik dar. Besonders bei der Untersuchung der Myokard- und Hirnperfusion (Herzmuskel- und Gehirndurchblutung) und beim Nachweis einer Lungenembolie ist das Verfahren von diagnostischer Bedeutung. Die besonders oberflächlich liegende Glandula thyroidea (Schilddrüse) stellt ein optimales Untersuchungsobjekt dar, bei welchem pathologische Veränderungen ab 5 mm festgestellt werden können.
  • Hot-Spot-Szintigraphie: Im Gegensatz zur Cold-Spot-Szintigraphie werden bei diesem Verfahren Radiopharmaka benutzt, welche sich vornehmlich an stoffwechselaktiven Bereichen anreichern. Aufgrund dessen dient diese Methode zum Nachweis pathologischer Prozesse. Eine Mindestgröße des pathologisch veränderten Bereichs ist nicht gegeben, da die Erkennung dieser Struktur nahezu ausschließlich von der Aktivität des Gewebes abhängt. Als Resultat hiervon ist bei vielen Erkrankungen mit regional begrenzten Veränderungen die Hot-Spot-Szintigraphie, als Früherkennungsmaßnahme der Wahl zu nennen. Als weitere Indikationen für die Hot-Spot-Szintigraphie sind besonders Tumoren und mögliche Metastasen sowie Thromben und Schilddrüsenknoten anzugeben.
  • Sequenz-Szintigraphie: Als weitere Übergruppe der Szintigraphie stellt diese Methode eine Abgrenzung zur statischen Szintigraphie dar, da bei dieser ausschließlich ein Aktivitätszustand abgebildet werden kann, der ein Gleichgewicht erreicht hat und dieses sich kaum oder gar nicht mehr verändert. Zusätzliche dynamische Informationen, die mehrere Phasen des Stoffwechsels betreffen, lassen sich nicht durch das statische Verfahren sammeln. Ausschließlich die Sequenz-Szintigraphie kann Prozesse wie die Perfusion eines Organs abbilden. Häufig bedarf es einer genauen Beurteilung der Funktionseinschränkung eines Organsystems, welche nur durch eine zusätzliche rechnergestützte Bearbeitung der Ergebnisse möglich ist.

Neben der konventionellen Szintigraphie besteht auch die Möglichkeit der Anwendung eines Verfahrens, welches auf dem Grundprinzip der Szintigraphie basiert, der Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT).

Als Vorteile der Szintigraphie gegenüber dem SPECT-Scan sind die folgenden zu nennen:

  • Die Dauer des SPECT-Scans beträgt für einen Ganzkörperscan nahezu eine Stunde. Die szintigraphische Untersuchung benötigt nur ungefähr die Hälfte des Zeitaufwandes.
  • Des Weiteren handelt es sich bei der konventionellen Szintigraphie um das kostengünstigere Verfahren.

Als Nachteile der Szintigraphie gegenüber dem SPECT-Scan sind die folgenden zu nennen:

  • Aufgrund der höheren Eindringtiefe lassen sich tiefer gelegene Krankheitsherde leichter diagnostizieren. Überdies ist das Auflösungsvermögen unabhängig von der Tiefe der zu untersuchenden Gewebsstruktur des SPECT-Scans als besser zu beurteilen.
  • Des Weiteren fällt die räumliche Zuordnung der Strukturen beim Szintigraphien weitaus schwerer aus als beim SPECT-Scan. 

Folgende Szintigraphieverfahren sind u. a. bekannt:

Die Indikationsbereiche (Anwendungsbereiche) werden bei jeweiliger Methode dargestellt.

Literatur

  1. Dössel O: Bildgebende Verfahren in der Medizin. Von der Technik zur medizinischen Anwendung. Springer Verlag 2000
  2. Schober O: Nuklearmedizin: Basiswissen und klinische Anwendung. Schattauer Verlag 2007
  3. Krug K: Thoraxdiagnostik. Georg Thieme Verlag 2004
  4. Kauffmann G: Radiologie. Elsevier Verlag 2006