Labordiagnostik der Nebenschilddrüse

Die Labordiagnostik ist ein zentrales Instrument zur Beurteilung von Erkrankungen der Nebenschilddrüsen. Sie ermöglicht die differenzierte Einschätzung des Calcium- und Phosphathaushalts (Gleichgewicht von Calcium und Phosphat im Körper), der Parathormonregulation (Steuerung durch Nebenschilddrüsenhormone) sowie des Vitamin-D-Stoffwechsels (Umwandlung und Aktivierung von Vitamin D) und liefert essenzielle Hinweise auf funktionelle Störungen der Nebenschilddrüsen wie Hyper- und Hypoparathyreoidismus (Über- oder Unterfunktion der Nebenschilddrüsen).

Im Gegensatz zu bildgebenden Verfahren bietet die Labordiagnostik häufig frühzeitige und richtungsweisende Hinweise auf pathophysiologische Veränderungen und ist daher unverzichtbar für die Differentialdiagnose (Abgrenzung verschiedener Krankheitsursachen), Therapieentscheidung und Verlaufskontrolle bei Verdacht auf Erkrankungen der Nebenschilddrüsen.

Das diagnostische Spektrum gliedert sich in folgende Hauptbereiche:

Calciumhaushalt

  • Gesamt-Calcium – Zentrale Messgröße zur Einschätzung des Calciumstatus (Calciumspiegel im Blut); erhöht bei Hyperparathyreoidismus, erniedrigt bei Hypoparathyreoidismus.
  • Ionisiertes Calcium – Biologisch aktive Fraktion (frei verfügbares Calcium im Blut); entscheidend bei veränderten pH-Werten oder abweichendem Albumin.
  • Calcium im 24h-Urin – Differenzierung zwischen familiärer hypokalzurischer Hypercalcämie (FHH) und primärem Hyperparathyreoidismus.

Parathormonregulation

  • Parathormon (PTH, intakt) – Schlüsselhormon der Nebenschilddrüsen (Regulator des Calcium- und Phosphathaushalts); erhöht bei primärem und sekundärem Hyperparathyreoidismus, erniedrigt bei Hypoparathyreoidismus.
  • Magnesium – Notwendig für die PTH-Sekretion und -Wirkung (Ausschüttung und Wirksamkeit des Parathormons); Hypomagnesiämie kann eine funktionelle PTH-Störung verursachen.

Phosphathaushalt und differenzialdiagnostische Regulatoren

  • Phosphat (Serum) – Gegenspieler des Calciums; erniedrigt bei PTH-Überschuss, erhöht bei PTH-Mangel.
  • Phosphat im 24h-Urin – Erhöht bei PTH-induzierter tubulärer Phosphatausscheidung (gesteigerte Phosphatausscheidung über die Nieren).
  • Fibroblast Growth Factor 23 (FGF23) – Phosphaturischer Faktor (hormonähnlicher Stoff zur Phosphatregulation); erhöht bei Tumorinduzierter Osteomalazie oder genetisch bedingten Hypophosphatämien.

Vitamin-D-Stoffwechsel

  • 25-OH-Vitamin D – Speicherform (inaktive Form von Vitamin D im Blut); wichtiger Indikator für die Versorgungslage.
  • 1,25-(OH)₂-Vitamin D (Calcitriol) – Aktive Form (hormonell wirksames Vitamin D); erhöht bei PTH-Überproduktion, erniedrigt bei Niereninsuffizienz.

Marker des Knochenstoffwechsels

  • Alkalische Phosphatase (AP) – Erhöht bei gesteigertem Knochenumbau (vermehrte Knochenaktivität), z. B. bei Hyperparathyreoidismus.
  • Beta-CrossLaps (β-CTX) – Abbauprodukt des Kollagens (Eiweißbestandteil des Knochens); Marker der Knochenresorption (Abbau von Knochengewebe).
  • Prokollagen-Typ-I-N-Propeptid (PINP) – Marker der Knochenneubildung (Aufbau von Knochensubstanz).
  • Tartratresistente saure Phosphatase (TRAP 5b) – Knochenabbau-Marker (Hinweis auf Knochenabbauprozesse), v. a. bei Osteolysen.

Nierenfunktion (zur Differenzierung sekundärer Formen)

  • Kreatinin (Serum) – Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate (Maß für die Nierenleistung); relevant bei sekundärem Hyperparathyreoidismus.

Hier folgt die Fachtabelle zur Labordiagnostik der Nebenschilddrüse im korrekten Format nach Ihrem Schema:

Übersichtstabelle: Labordiagnostik der Nebenschilddrüse

Parameter Funktioneller Bereich Diagnostische Bedeutung
Gesamt-Calcium Calciumstatus ↑ bei primärem Hyperparathyreoidismus, ↓ bei Hypoparathyreoidismus; Korrektur bei Albumin
Ionisiertes Calcium Biologisch aktives Calcium Exakter Wert zur funktionellen Einschätzung, unabhängig von Albumin
Calcium im 24h-Urin Renale Calciumausscheidung ↑ bei primärem Hyperparathyreoidismus, ↓ bei FHH
Parathormon (PTH, intakt) Hormonregulation ↑ bei Hyperparathyreoidismus, ↓ bei Hypoparathyreoidismus
Magnesium Cofaktor für PTH-Sekretion ↓ bei Hypomagnesiämie-induzierter PTH-Suppression
Phosphat (Serum) Phosphathaushalt ↓ bei PTH-Überfunktion, ↑ bei PTH-Mangel
Phosphat im 24h-Urin Renale Phosphatausscheidung ↑ bei gesteigerter tubulärer Ausscheidung unter PTH-Einfluss
Fibroblast Growth Factor 23 (FGF23) Phosphaturischer Regulator ↑ bei Tumorinduzierter Osteomalazie, X-chromosomaler Hypophosphatämie
25-OH-Vitamin D Vitamin-D-Versorgung ↓ bei Mangelzuständen; wichtig bei sekundärem Hyperparathyreoidismus
1,25-(OH)₂-Vitamin D (Calcitriol) Hormonell aktive Vitamin-D-Form ↑ bei primärem Hyperparathyreoidismus, ↓ bei Niereninsuffizienz
Alkalische Phosphatase (AP) Knochenumbau ↑ bei erhöhter osteoblastärer Aktivität, z. B. bei Hyperparathyreoidismus
Beta-CrossLaps (β-CTX) Knochenresorption ↑ bei verstärktem Knochenabbau
PINP (Prokollagen-Typ-I-N-Propeptid) Knochenneubildung ↑ bei gesteigerter Knochenneusynthese
TRAP 5b (tartratresistente saure Phosphatase) Osteoklastenaktivität ↑ bei aktiver Osteolyse, hilfreich bei Knochenmetastasen
Kreatinin (Serum) Nierenfunktion Wichtig zur Abgrenzung des sekundären Hyperparathyreoidismus bei chronischer Niereninsuffizienz

Übersichtstabelle: Stufendiagnostik bei Verdacht auf Nebenschilddrüsenerkrankung

Diagnosestufe Untersuchung Zielsetzung / Interpretation
Stufe 1: Basisdiagnostik Gesamt-Calcium, ionisiertes Calcium, Parathormon (PTH) Hyperkalzämie + erhöhtes oder inappropriat normales PTH → V. a. primärer Hyperparathyreoidismus Hypokalzämie + niedriges PTH → V. a. Hypoparathyreoidismus
  Phosphat, Magnesium Ergänzende Einordnung des Mineralhaushalts
  Kreatinin Nierenfunktion zur Beurteilung sekundärer Formen
Stufe 2: Differenzierung der Ätiologie 25-OH-Vitamin D Ausschluss eines sekundären Hyperparathyreoidismus bei Vitamin-D-Mangel
  1,25-(OH)₂-Vitamin D (Calcitriol) Pathophysiologische Abgrenzung komplexer Fälle (z. B. granulomatöse Erkrankungen)
  Calcium im 24h-Urin < 100 mg/24 h → Verdacht auf FHH > 200 mg/24 h → primärer Hyperparathyreoidismus wahrscheinlich
  Phosphat im 24h-Urin Beurteilung der tubulären Phosphatausscheidung unter PTH-Einfluss
Stufe 3: Erweiterte Abklärung / Seltene Ursachen FGF23 Abklärung hypophosphatämischer Rachitisformen oder Tumorinduzierter Osteomalazie
  Knochenumbauparameter (AP, β-CTX, PINP, TRAP 5b) Aktivitätsnachweis bei Knochenerkrankungen im Kontext der PTH-Störung
  Bildgebung (z. B. Sonographie, Sestamibi-Szintigraphie) Lokalisationsdiagnostik vor operativer Therapie
  Genetische Tests (z. B. CASR-Mutation bei FHH) Bei positiver Familienanamnese oder unklarer Konstellation