Auflichtmikroskopie (Dermatoskopie)

Die Dermatoskopie (Synonyme: Auflichtmikroskopie, Auflichtmikroskopie der Haut, Epilumineszenzmikroskopie) ist ein nichtinvasives und einfaches Untersuchungsverfahren der Dermatologie, das insbesondere zur Früherkennung von malignen (bösartigen) Tumoren der Haut eingesetzt wird.

Asymmetrie, unscharfe Begrenzung, buntes Colorit, Durchmesser über 5 mm bzw. schnelles Wachstum und Erhabenheit der Läsion gelten als Merkmale eines Melanoms.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Hautkrebsscreening (Hautkrebsvorsorge)
  • Verdacht auf eine suspekte (verdächtige) Hautveränderung

Das Verfahren

Bei der Dermatoskopie wird die Haut mit einem Mikroskop unter Zuhilfenahme von Öl und z. T. auch polarisiertem Licht bis in tiefere Schichten betrachtet. Hautveränderungen, insbesondere Pigmentflecken, können mittels Dermatoskop um das Zehnfache vergrößert werden, was eine genauere Diagnosestellung ermöglicht. Auf diese Weise können benigne von malignen Veränderungen unterschieden werden.

In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der Neuerkrankungen an bösartigen Hauttumoren in Europa fast verdoppelt.

Etwa 2-3 % der Deutschen sind jährlich neu betroffen. Etwa 1 % der Krebstodesfälle gehen auf das maligne Melanom zurück.

Das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs) breitet sich schnell aus. Die frühzeitige Diagnose bösartiger Hautveränderungen ist daher dringend notwendig, um rechtzeitig Therapiemaßnahmen einleiten zu können.

Ob eine pigmentierte Hautveränderung gutartig (benigne) oder bösartig (maligne) sein kann, wird mithilfe der sogenannten ABCDE-Regel nach Stolz festgestellt:

A Asymmetrie
B Begrenzung
C "color variation" (inhomogene Farbe)
D Durchmesser
E Erhabenheit/Evolution (Entwicklung)

Asymmetrie

Liegt eine Unregelmäßigkeit in der Symmetrie vor, kann dies ein Anzeichen für eine maligne (bösartige) Veränderung sein: auffällig ist ein Fleck, der in seiner Form nicht gleichmäßig rund oder oval ist

Begrenzung

Gutartige Veränderungen sind meist scharf begrenzt, während bei malignen Tumoren in der Regel verwaschene, unscharfe Randbegrenzungen oder Ausläufer zu finden sind.

Color – Farbe

Man geht davon aus, je dunkler die Hautveränderung ist, desto größer ist auch der Verdacht auf eine bösartige Veränderung. Auch farbliche Schwankungen innerhalb eines Pigmentfleckes können ein Anzeichen für Bösartigkeit sein.

Durchmesser

Jedes Pigmentmal, das größer als 5 mm ist, sollte genau beobachtet werden.

Erhabenheit/Evolution (Entwicklung)

Erhabenheit von der Haut (> 1 mm), Höcker und Knoten sind nicht natürlich bzw. E = Evolution, d. h. hat sich die Läsion verändert?

Eine weitere Regel ist die des "hässlichen Entleins“ (engl.: "ugly duckling sign“). Dabei handelt es sich um eine Läsion, die ganz anders aussieht als alle anderen Läsionen. Dieses trifft für ca. zwei Drittel aller malignen Melanome zu [1].

Des Weiteren werden mittels Dermatoskop Differentialstrukturen beurteilt: diese sind unter anderem Gefäßnetze, "Dots" (dunkelbraune bis schwarze Punkte) oder strukturlose Areale, die dem Arzt wichtige Hinweise über die Art der Hautveränderung geben können.

All diese Veränderungen sind mit bloßem Auge schwer zu erkennen, sodass nur mittels Dermatoskop eine sichere Diagnosestellung möglich ist.
Nach einem Punktesystem wird der Befund ausgewertet. Je höher der errechnete Wert ist, desto höher ist der Verdacht auf eine bösartige Hautveränderung.

Ihr Nutzen

Die frühzeitige Erkennung bösartiger Hautveränderungen kann durch eine rechtzeitige Therapie dazu beitragen, eine Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern.

Gleichzeitig wird durch die gezielte Differenzierung zwischen gut- und bösartiger Veränderungen eine unnötige Entfernung gutartiger Hautveränderungen vermieden.

Das Hautkrebs-Screening kann jeder gesetzlich Versicherte ab dem 35. Lebensjahr alle 2 Jahre in Anspruch nehmen. Dieses beinhaltet eine visuelle (mit bloßem Auge), standardisierte Ganzkörperinspektion (Betrachtung) der gesamten Haut, einschließlich des behaarten Kopfes und aller Körperhautfalten.

Weitere Hinweise

  • Gemäß einer internetbasierten Studie, an der 130 Untersucher teilnahmen, die im Durchschnitt ca. 12 Jahre dermatologische Berufserfahrung hatten, wurden folgende Kriterien festgestellt, die am stärksten mit der Diagnose eines Melanoms assoziiert waren [2]: 
    • ausgeprägte Strukturunregelmäßigkeit (OR 6,6)
    • Muster-Asymmetrie (OR 4,9)
    • nicht organisiertes Muster (OR 3,3)
    • Randscore von 5 oder 6 (OR 3,1 bzw. 3,3)
    • Asymmetrie der Konturen (OR 3,2)
  • Vaskularisierungszonen (Neubildung kleiner Gefäße) sind ebenfalls von diagnostischer Bedeutung (Betrachtung mittels Dermatoskops mit ca. 20-facher Vergrößerung) [4]:
    • Malignes Melanom
      • Initialstadien maligner Melanome (In-situ-Melanome): entzündlich bedingte Gefäßweitstellungen (Ektasien) oder vaskuläre Neubildungen 
      • In späteren Wachstumsphasen: meist polymorphe, umschriebene oder diffuse Gefäßmuster 
    • Amelanotische beziehungsweise hypomelanotische Läsionen: charakteristische Gefäßmuster (als neoplastische Reaktion)
    Häufigste neoplastische Gefäßmuster: vaskularisierte Zellnester, umschriebene und diffuse Neovaskularisationen/Gefäßneubildung (umschriebene Neovaskularisation bereits bei In-situ-Melanomen), peripher betonte Vaskularisationen, Gefäßweitstellungen (Ektasien; bei stärker pigmentierten Melanomen-Zeichen einer hohen Malignität/Bösartigkeit); des Weiteren Auftreten von kombinierten oder chaotischen Gefäßmustern
  • Mit dem höchsten Melanomrisiko waren assoziiert: weiß glänzende Strukturen, Pseudopodien (Scheinfüßchen), unregelmäßige Pigmentierung, blau-weißliche und pfefferartige Muster [5].
  • Durch Anwendung der Dermatoskopie durch Experten erhöht sich die diagnostische Treffsicherheit für die Beurteilung von Pigmentmalen im Vergleich zur klinischen Beurteilung allein um 49 % (Log-odds-ratio 4.0 [95 % CI 3.0-5.1] versus 2.7 [1.9 to 3.4]; Verbesserung von 49 %, p = 0.001) [3].
  • Die Dermatoskopie wird auch bei Nichttumorerkrankung, insbesondere entzündlichen Hauterkrankungen, eingesetzt. Die Konsenserklärung der International Dermoscopy Society (IDS) weist auf 5 grundlegende dermatoskopische Parameter zur Beurteilung allgemeiner Hauterkrankungen hin [6]:
    1. Morphologie und Anordnung der Gefäße,
    2. Schuppen (Farbe und Verteilung),
    3. follikuläre Strukturen,
    4. weitere Strukturen (nicht vaskulär, nicht schuppend),
    5. Hinweiszeichen, die für eine spezielle Erkrankung charakteristisch sind (wenn vorhanden).

Literatur

  1. Grob JJ, Bonerandi JJ: The "ugly duckling sign": identification of the common characteristics of nevi in an individual as a basis for melanoma screening. Arch Dermatol. 1998;134(1):103-104
  2. Carrera C et al.: Validity and Reliability of Dermoscopic Criteria Used to Differentiate Nevi From Melanoma. JAMA Dermatol 2016; online 13. April. doi: 10.1001/jamadermatol.2016.0624
  3. Kittler H, Pehamberger H, Wolff K, Binder M: Diagnostic accuracy of dermoscopy. Lancet Oncol. 2002 Mar;3(3):159-65.
  4. Schulz H: Neovaskularisation maligner Melanome; Gefäßmuster in der Melanomdiagnostik. hautnah dermatologe 35, pages3034(2019).
  5. Williams NM et al.: Assessment of Diagnostic Accuracy of Dermoscopic Structures and Patterns Used in Melanoma Detection: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Dermatol. Published online August 4, 2021. doi:10.1001/jamadermatol.2021.2845
  6. Errichetti E, Zalaudek I, Kittler H et al (2020) Standardization of dermoscopic terminology and basic dermoscopic parameters to evaluate in general dermatology (non-neoplastic dermatoses): an expert consensus on behalf of the International Dermoscopy Society. Br J Dermatol 182:454-467

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Prävention von Hautkrebs. (AWMF-Registernummer: 032 - 052OL), März 2021 Kurzfassung Langfassung

     
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