Radioaktive Strahlung

Radioaktivität wird unter anderem als Ursache von Tumorerkrankungen angesehen: Strahlung radioaktiver Stoffe und Röntgen-Strahlung können maligne Tumoren auslösen. Die Energie dieser Strahlung ist so groß, dass sie an Atomen und Molekülen "Ionisierungen" auslösen, also deren Ladung verändern und so zum Beispiel die Bindungen, die Moleküle zusammenhalten, aufbrechen kann.

Was ist Radioaktivität?

Es gibt chemische Elemente beziehungsweise Isotope (Nuklide, die in ihren Atomkernen gleich viele Protonen (gleiche Ordnungszahl) haben, aber verschieden viele Neutronen enthalten; die Isotope eines und desselben Elements haben also verschiedene Massenzahlen), die so instabil sind, dass sie spontan, das heißt ohne äußere Einflüsse, zerfallen. Sie werden als radioaktiv bezeichnet. Die ionisierende Strahlung, die sie dabei aussenden, kann entweder aus Teilchen bestehen oder es kann sich um elektromagnetische Wellen (Gamma-Strahlen; Gammastrahlen; γ-Strahlen; z. B. aus Cäsium-137) handeln.
Bei der Teilchenstrahlung handelt es sich um Alpha-Strahlung (α-Strahlung) in Form von Heliumkernen oder um Beta-Strahlung (β-Strahlung) in Form von Elektronen. Alpha- und Beta-Strahler sind wegen der geringen Reichweite ihrer Wirkung meistens nur gefährlich, wenn sie in den Körper gelangen.

Die für den Menschen relevante, das heißt die „effektive Dosis“ der ionisierenden Strahlung, gibt man in Sievert* (Sv) an. Ionisierende Strahlung kann über eine Schädigung der DNA Tumorerkrankungen verursachen. Bis etwa 5 Sievert nimmt mit zunehmender Dosis die Wahrscheinlichkeit einer Tumorauslösung zu.

*Ein Sievert (Sv) ist für Röntgen-, Gamma- und Beta-Strahlung identisch mit einem Gray (= 1 Joule pro kg; Einheitenzeichen Gy)
1 Sv = 1.000 mSv; 1 mSv = 0,001 Sv; 1 μSv = 0,000001 Sv; natürliche Strahlenbelastung in Deutschland: 2 mSv pro Jahr bzw. 0,002 Sv pro Jahr

Die Schadwirkung von Isotopen ist abhängig von seiner
physikalischen Halbwertszeit, d. h. der Zeitspanne, in der die Menge eines bestimmten radioaktiven Stoffes auf die Hälfte gesunken ist. Die andere Hälfte ist dabei nicht verschwunden, sondern hat sich in ein anderes Nuklid umgewandelt, das seinerseits ebenfalls radioaktiv sein kann. Die biologische Halbwertszeit hingegen bezeichnet den Zeitraum, den der Körper benötigt, um durch Ausscheidungsprozesse die Zahl der radioaktiven Nukleotide zu halbieren. Diese ist abhängig von Geschlecht, Alter, Körpergewicht und Ernährungsgewohnheiten.

Nachfolgend eine kurze Beschreibung der wichtigen Isotope und deren Wirkort im menschlichen Organismus (z. B. nach radioaktiven Niederschlag/Fallout):

Jod (Iod)

  • Isotope: Iod-131 (131I; Beta-Strahlung; physikalische Halbwertzeit: circa 8 Tage; biologische Halbwertszeit: circa 80 Tage
    Flüchtige Iod-Isotope (Jod-Isotope) sammeln sich bei einem regulären Betrieb eines Reaktors in den Zwischenräumen der Brennstäbe an. Bei einem Störfall entweicht radioaktives Iod als eines der ersten Isotope ins Freie.
  • Belastete Lebensmittel: Blattgemüse; Milch und Milchprodukte
  • Transportwege im Körper: Aufnahme im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt); Resorption aufgrund der Ähnlichkeit zu Jod (Iod) (Iod-Analogon)
  • Speicherdepot: Schilddrüse
  • Prophylaxe: Jodidtabletten

Caesium

  • Isotope:Caesium-134 (134Cs), Caesium-137 (137Cs); Beta-Strahlung; physikalische Halbwertszeit: circa 30,17 Jahre; biologische Halbwertszeit: 110 Tage
  • Belastete Lebensmittel: Milch und Milchprodukte; Waldpilze; Wildschweine und Rehe;
  • Transportwege im Körper: Aufnahme im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt); Resorption aufgrund der Ähnlichkeit zu Kalium (Kalium-Analogon)
  • Speicherdepot: Muskelgewebe

Strontium-90

  • Isotope:Strontium-90; Beta-Strahlung; physikalische Halbwertszeit: circa 28,78 Jahre; biologische Halbwertszeit: 17,5 Jahre
  • Belastete Lebensmittel: Milch und Milchprodukte; Waldpilze; Wildschweine und Rehe;
  • Transportwege im Körper: Aufnahme im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt); Resorption aufgrund der Ähnlichkeit zu Calcium (Calcium-Analogon) sowie über Aerosole
  • Speicherdepot: Skelett, Knochenmarkzellen

Xenon

  • Isotope: Xenon-133 (133Xe), Xenon-135 (135Xe); 135Xe zerfällt innerhalb von Stunden zu radioaktiven Caesiumkernen (Feststoffe); physikalische Halbwertszeit: Xenon-133: 5,253 Tage; Xenon-135: 9,14 Stunden;
  • Belastete Lebensmittel:   --
  • Transportwege im Körper: Lunge
  • Speicherdepot: Atmungsorgane

Plutonium

  • Isotope:Plutonium (Pu); 240Pu; Alpha-Strahler; physikalische Halbwertszeit: 240Pu; 6.564 Jahre 
  • Belastete Lebensmittel:   --
  • Transportwege im Körper: über die Lunge!
  • Speicherdepot: Leber; Knochen; Lymphknoten

Beispiele von Tumorerkrankungen, die durch Radioaktivität ausgelöst werden können: 

  • Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) nach dem Rauchen ist das unfreiwillige Einatmen von radioaktivem Radon – ein geruchloses, radioaktives Edelgas – in den eigenen vier Wänden der häufigste Auslöser des Bronchialkarzinoms. Wenn es in der Lunge zerfällt, gibt es Alpha-Strahlung ab.
  • Mammakarzinom (Brustkrebs) – wg. ionisierender Strahlung
  • Neubildungen des blutbildenden Systems (Leukämie/Blutkrebs), Knochentumoren [Strontium 90] (Atombombenabwürfe bei Hiroshima und Nagasaki)
  • Schilddrüsenkarzinom (Schilddrüsenkrebs) – wegen radioaktiver Jod-Isotope (z. B. Reaktorunfall Tschernobyl)

Ionisierende Strahlung kann über eine Schädigung der DNA (Desoxyribonukleinsäure; kurz DNS, englisch DNA) (lat.-fr.-gr. Kunstwort); Trägerin der Erbinformation) Aborte (Fehlgeburten) verursachen.

Krebsrisiko in Kernkraftwerken, der Kernwaffenproduktion oder der Atommüllindustrie

  • US-Forscher der Medizinischen Universitätsklinik von Süd Carolina haben Daten von 136 Kernkraftanlagen in Bezug auf das Auftreten der Leukämie (Blutkrebs) von Kindern und Jugendlichen untersucht. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass in der Nähe von Kernkraftanlagen das Leukämierisiko ansteigt. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit war um 7-10 % angestiegen, die Mortalitätsrate (Sterblichkeit) war um 2-18 % erhöht [1].
  • In einer Schweizer Studie, in der Kinder, die in der Nähe der fünf Schweizer Kernkraftwerke aufwachsen, untersucht wurden, konnte kein Anstieg der Häufigkeit an Leukämien festgestellt werden [2].
  • Nachfolgend die Ergebnisse der International Nuclear Workers Study (INWORKS), an der sich 15 Staaten beteiligten: Von 66.600 der Nukleararbeiter sind 19.750 an Krebs (29,7 %). Von diesen wiederum starben rund 18.000 an soliden Tumoren, die übrigen an Leukämie und Lymphomen. Im Vergleich dazu ist das Lebenszeitrisiko in Industrieländern für den Krebstod ca. 25 %.
    Für nicht-solide Tumoren wurde ein um 5 % erhöhtes Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) ermittelt, wobei das Risiko dosisabhängig zu sein scheint: Pro 1 Gy war das Risiko, an einem soliden Tumor zu sterben, um 48 % erhöht [3].

Literatur

  1. Baker PJ, Hoel DG.: Meta-analysis of standardized incidence and mortality rates of childhood leukaemia in proximity to nuclear facilities. Eur J Cancer Care (egl). 2007 Jul;16(4):355-63
  2. Spycher BD, Feller M, Zwahlen M, Röösli M, von der Weid N, Hengartner H, Egger M, Kuehni CE: Childhood cancer and nuclear power plants in Switzerland: a census-based cohort studyInternational Journal of Epidemiology (2011. doi: 10,1093/ije/DYR115
  3. Leuraud K et al.: Ionising radiation and risk of death from leukaemia and lymphoma in radiation-monitored workers (INWORKS): an international cohort study. Lancet Haematol 2015; 2: e276–81 

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Umweltmedizinische Leitlinie Radon in Innenräumen. (AWMF-Registernummer: 002 - 035), Juni 2016 Langfassung
     
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