Infiltrations- und Injektionstechniken an der Wirbelsäule

Bei den Infiltrations- und Injektionstechniken an der Wirbelsäule handelt es sich um konservative und minimalinvasive therapeutische Verfahren zur Behandlung akuter, aber auch chronischer, Rückenschmerzen. Besteht in Abhängigkeit von der Bildgebung und von den Symptomen des Patienten kein Bedarf für einen operativen Eingriff, so können Infiltrations- und Injektionstechniken zur effektiven und komplikationsarmen Schmerzlinderung eingesetzt werden.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Akute und chronische Rückenschmerzen bedingt durch muskuläre Verspannungen − In vielen Fällen lässt sich keine präzise Aussage zur Ursache der Rückenschmerzen finden, obwohl sich in der Magnetresonanztomographie (MRT) und in der Computertomographie (CT) die Darstellungen selbst kleinster anatomischer Strukturen ermöglichen lässt. Insbesondere der Einfluss der verspannten Muskulatur ist in der Bildgebung nicht oder nur schwer nachweisbar. Dennoch können Muskeln einen Reizzustand der Nervenfasern auslösen, die an der Wirbelsäule austreten und in der Peripherie Haut und Muskulatur versorgen. Auf Grund dessen können Rückenschmerzen mit Schmerzen und Missempfindungen auch weit entfernt vom Rücken einhergehen und zu einer Schonhaltung des Patienten führen. Durch die Schonhaltung können muskuläre Verspannungen weiter zunehmen und so die Symptomatik verstärken.
  • Diskusprolaps (Bandscheibenvorfall) und Diskusprotrusion (Bandscheibenvorwölbung) − Durch das Eindringen von Anteilen der Bandscheibe in den Spinalkanal kann das dort verlaufende Rückenmark komprimiert werden und zu Schmerzen sowohl im Rücken als auch in der Peripherie führen. Im Gegensatz zur Vorwölbung der Bandscheibe liegt beim Vorfall ein Riss des Faserknorpelrings der Bandscheibe vor.
  • Spondylarthrose − Eine Arthrose (degenerative Veränderung) der Wirbelbogengelenke kann für den Patienten sehr schmerzhaft und behandlungsbedürftig sein. Im Rahmen des degenerativen Prozesses der Gelenkflächen entsteht eine signifikante Sklerosierung des Knochens (Verdichtung der Knochenstruktur), die mit einer Gelenkkapselschwellung und einer Ergussbildung einhergeht. Durch den Reizzustand des Gelenks können in der Nähe liegende Nervenwurzeln komprimiert werden, sodass sich in Abhängigkeit von der Lokalisation der Komprimierung rücken-, bein- oder armbetonte Schmerzen entwickeln können.
  • Spinalkanalstenose (Wirbelkanalverengung) − Als Spinalkanalstenose wird eine Verengung des Spinalkanals bezeichnet. Typischerweise führt nicht jede Verengung zu klinischen Symptomen. Die häufigste Lokalisation diese Stenose stellt die Lendenwirbelsäule (LWS) dar, weil diese besonders stark belastet wird. Als eindrückliches Symptom treten in der Regel ziehende Schmerzen an der Vorder- oder Rückseite der Beine auf, die bereits nach geringer Belastung auftreten. Durch eine Belastungsreduktion oder Beugung des Oberkörpers kann der Patient kurzfristige Linderung erreichen.
  • Postnukleotomiesyndrom − Dieses Syndrom beschreibt eine späte Komplikation einer Bandscheibenoperation, die durch starke und brennende Rückenschmerzen gekennzeichnet ist. Als Folge der Vernarbung können Nervenfasern gereizt werden und zur Schmerzentstehung führen. Problematisch ist insbesondere die medikamentöse Therapie, die sehr häufig ineffektiv ist.
  • Blockierungen der Wirbelsäule − Die Blockierung stellt eine potenziell reversible Fehlfunktion der Wirbelsäule dar, die mit Schmerzen und einer häufig vorübergehenden Bewegungseinschränkung einhergeht. 

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Allergische Reaktionen oder schwerwiegende Komplikationen bei vorheriger Durchführung stellen Kontraindikationen für die Durchführung des Verfahrens dar. Das Vorliegen von Kontraindikationen für die Infiltrations- und Injektionstechniken an der Wirbelsäule muss jedoch individuell vom behandelnden Arzt beurteilt werden.

Vor der Therapie

Rückenschmerzen können als Symptom vieler Erkrankungen einhergehen. Neben klassischen Verspannungen der Muskulatur können aber auch maligne (bösartige) Erkrankungen wie Sarkome (bösartige Tumoren des Stützgewebes), Leukämien (Blutkrebs) oder Metastasen (Tochtergeschwülste) die Ursache sein. Auf Grund dessen sind eine Anamnese und eine ausführliche Diagnostik notwendig.

Die Verfahren

  • therapeutische Lokalanästhesie − dieses Verfahren beruht auf der subkutanen Applikation (unter die Haut) eines Lokalanästhetikums, sodass im Schmerzareal die Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren) in ihrer Funktion reduziert beziehungsweise blockiert werden. Durch diese Blockade kann der primäre Schmerzauslöser nicht über die Rückenmarksbahnen zur Schmerzempfindung führen. Durch die Applikation tritt die Schmerzlinderung verhältnismäßig schnell ein. Bei chronischen Schmerzen muss die Behandlung jedoch gegebenenfalls mehrfach durchgeführt werden.
  • Facettengelenksinfiltration − Die Facettengelenksinfiltration stellt ein interventionelles radiologisches Verfahren zur Behandlung schmerzhafter Facettengelenke dar. Bei der Durchführung des Verfahrens wird das Gelenk unter Röntgen- oder CT-Kontrolle mit einer speziellen Nadel punktiert, sodass ein Gemisch aus Röntgenkontrastmittel und Anästhetikum appliziert werden kann. Der schmerzlindernde Effekt wird durch immunsupprimierende Substanzen (Antwort des Abwehrsystems wird unterdrückt) weiter verbessert.
  • Periradikuläre Injektionstechnik − in den aktuellen Leitlinien wird die periradikuläre Injektionstherapie als therapeutische Maßnahme insbesondere bei Schmerzen bedingt durch eine Veränderung der Nervenwurzel empfohlen. Es handelt sich um ein minimalinvasives Verfahren, das als deutlich risikoärmer als eine operative Maßnahme anzusehen ist. Sollten keine Lähmungserscheinungen vorliegen, ist das Verfahren in der Regel einer Operation vorzuziehen. Normalerweise wird die Computertomographie (CT) als bildgebendes Verfahren eingesetzt, um die korrekte Platzierung der Injektionsnadel gewährleisten zu können.

Nach der Therapie

Nach erfolgter Therapie sind in der Regel keine weiteren Maßnahmen notwendig.

Mögliche Komplikationen

Lokalanästhesie

  • Allergische Reaktionen

Facettengelenksinfiltration

  • Während der Behandlung kann es kurzzeitig zu Schmerzen im Kreuz bzw. Nacken oder in den Beinen bzw. Armen kommen (in Abhängigkeit vom Ort der Infiltration: Lenden- oder Halswirbelsäule) [in seltenen Fällen]
  • Schmerzhaftigkeit im Bereich der Einstichstelle für einige Tage [in seltenen Fällen]
  • Verletzung von Blutgefäßen oder Auftreten einer Infektion [1 Fall pro 35.000 Injektionen]
  • Durch die Glucocorticoide kann es zu einer vorübergehenden Rötung des Gesichtes mit Hitzegefühl sowie zu vorübergehender Blutdruck- und Glucosespiegelerhöhung kommen. Bei Frauen ist eine vorzeitige Monatsblutung möglich. [selten]

Periradikuläre Injektionstechnik (Synonym: periradikuläre Therapie, PRT)

  • Kontrastmittelunverträglichkeit
  • Medikamentennebenwirkungen (im Wesentlichen durch die Glucocorticoide):
    • Gesichtsröte
    • Hyperhidrosis (vermehrtes Schwitzen)
    • Glucosespiegelanstieg
    • Blutdruckanstieg
    • Magenbeschwerden
    • Wadenkrämpfe
  • Blutung
  • Infektion
  • Nervenverletzung
  • Lähmungen
    • Vorübergehende Lähmung [häufig]
    • vorübergehende Lähmung bei unbeabsichtigter Applikation in den Duralsack
    • Bleibende Lähmungen bis hin zu einer Querschnittslähmung [extrem selten]

Literatur

  1. Krämer J, Blettner M, Hammer GP: Bildgesteuerte Injektionstherapie an der Lendenwirbelsäule. Dtsch Arztebl. 2008. 105:596-598
  2. Minimal invasive Wirbelsäulenintervention; Ahrens, M.; Deutscher Ärzte-Verlag 2009
  3. Das lumbale Facettensyndrom; Jerosch, J.; Springer Verlag 2005
  4. Die lumbale Spinalkanalstenose; Krämer, R.; Springer Verlag 2012
  5. Theodoridis T: Injektionstherapie an der Wirbelsäule ohne Bildsteuerung. Der Orthopäde. 2007. 36:73-86

     
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