Wärmetherapie

Die Wärmetherapie, ein traditionelles Verfahren der physikalischen Medizin, nutzt die Reaktionen des Körpers auf Wärme zur Heilung und Linderung von Beschwerden. Sie kann durch verschiedene Methoden wie Leitung, Konvektion oder Strahlung erfolgen.

Die Wärmetherapie macht sich die Reaktionen von Haut, Unterhaut und tieferen Geweben auf die Wärmeeinwirkung zunutze, um ihre heilende Wirkung zu entfalten. Die äußerliche Anwendung von Wärme, die durch Leitung, Konvektion oder Strahlung über verschiedene Wärmeträger erfolgt, ist ein therapeutisches Verfahren, das schon seit Jahrhunderten praktiziert wird.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Allgemeine Erregbarkeit
  • Arthrosen (Gelenkverschleiß)
  • Chronisch schmerzhafte Prozesse
  • Chronisch entzündliche Prozesse
  • Degenerative Prozesse
  • Entzündungen
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Lumbago – Hexenschuss, plötzliche intensive Schmerzen meist im Bereich der Lenden
  • Muskelverkürzungen
  • Myogelosen – knotenartige oder wulstförmige, klar umschriebene Verhärtungen in der Muskulatur (umgangssprachlich auch als Hartspann bezeichnet)
  • Myalgie – diffuser oder lokalisierter Muskelschmerz
  • Postakute Zustände nach Operationen oder Traumata am Bewegungsapparat
  • Reizzustände des Gastrointestinaltraktes (Magen-Darm-Trakt) oder des Urogenitaltraktes (Harn- und Geschlechtsorgane)
  • Schmerzlinderung
  • Spondylose – bei der Spondylose greift die Veränderung von vorgeschädigten Bandscheiben auf die umgebenden knöchernen Anteile der Wirbelsäule über und führt so vor allem zu Randanbauten und Spornbildung an den Wirbelkörpern
  • Spondylarthrose – degenerative arthrotische Veränderungen der Wirbelsäule und der kleinen Wirbelgelenke
  • Tendopathie – entzündliche Veränderungen der Sehnen oder Sehnenscheiden
  • Wundheilung
  • Rheumatische Erkrankungen der Weichteile

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Entzündungen oder Infektionen: Die Anwendung von Wärme kann Entzündungsprozesse verschlimmern.
  • Hauterkrankungen: Wie Ekzeme, offene Wunden oder Hautinfektionen im Behandlungsbereich.
  • Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Besonders bei Patienten mit instabiler Angina pectoris oder kurz nach einem Herzinfarkt.
  • Sensibilitätsstörungen: Bei Patienten mit vermindertem Schmerz- oder Temperaturempfinden, wie bei Diabetes mellitus mit Neuropathie.
  • Thrombosegefahr: Wärme kann eine Thromboseablösung begünstigen.

Vor der Therapie

  • Medizinische Anamnese und Diagnose: Feststellung der Eignung der Wärmetherapie für den individuellen Patienten.
  • Überprüfung der Haut und Durchblutung: Sicherstellen, dass keine Kontraindikationen vorliegen.
  • Aufklärung und Einwilligung: Informieren über das Verfahren und Einholen der Zustimmung zur Behandlung. 

Das Verfahren

Die Wirkung der Wärme wird unter anderem über Thermorezeptoren (Sinneszellen, die Wärme registrieren und dem Gehirn melden, damit die Empfindung in das Bewusstsein tritt) vermittelt. Durch die Stimulation kommt es zu reflektorischen Effekten, die über nervale Verbindungen zwischen den Rezeptoren z. B. der Haut und dem Organsystem übertragen werden (sogenannte cuti-viscerale bzw. konsensuelle Reaktionen). Dadurch kann die Wärme sowohl oberflächliche als auch tiefer gelegene Strukturen erreichen. Die Wirkungen der Wärmetherapie sind individuell vom Reaktionsverhalten des Patienten abhängig. Dazu gehören folgende Faktoren:

  • Alter
  • Konstitution
  • Geschlecht
  • Krankheitsaktivität
  • Kälte- oder Wärmetyp

Neben der Beeinflussung von nervalen Verbindungen hat die Therapie vor allem einen durchblutungsfördernden und stoffwechselaktivierenden Effekt. Die Wärmetherapie wirkt auf verschiedenen Wegen:

  • Verringerung des Muskeltonus – Entspannung der Muskulatur
  • Verbesserung der Dehnbarkeit des Bindegewebes
  • Abnahme von Gelenksteifigkeit
  • Senkung des peripheren Widerstands – Steigerung der Durchblutung durch Verringerung des Gefäßwiderstandes
  • Senkung des Blutdrucks
  • Steigerung des Stoffwechsels – durch die erhöhte Temperatur kommt es zu einer Intensivierung biochemischer Aktivitäten
  • Beruhigung und tiefere Atmung
  • Linderung von Schmerzen

Die Wärmetherapie kann auf vielfältige Art und Weise appliziert werden. Die unterschiedlichen Anwendungsformen unterscheiden sich durch das physikalische Prinzip, das für die Wärmeübertragung verantwortlich ist.

  • Das Prinzip der Wärmeleitung (Konduktion) findet bei Wärmepackungen Anwendung. Auch die Wärmekapazität der sogenannten Peloide stellt eine wirkungsvolle Variante dar.
    Peloide (griech. pelos – weicher Schlamm) sind Materialien wie Ton oder Lehm, die ebenfalls als Packungen aufgelegt werden.
  • Die Wärmeströmung (Konvektion) erfolgt meistens durch ein heißes Bad.
  • Die Wärmestrahlung in Form von Infrarotstrahlung ist eine weitere Möglichkeit der Wärmeapplikation.

Wassergefiltertes Infrarotlicht A (wIRA): Hierbei handelt es sich um eine spezielle Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) im Bereich von 780-1.400 nm (Nanometer). Diese Strahlung entsteht natürlicherweise durch die Filterwirkung von Wasser und Wasserdampf in der Erdatmosphäre auf die Infrarotstrahlung der Sonne und zeichnet sich durch eine sehr gute Verträglichkeit aus. Im Vergleich zu anderer Infrarotstrahlung entfällt die thermische Wirkung auf die obersten Hautschichten, sodass eine vielfältige Anwendbarkeit möglich ist.
Wassergefiltertes Infrarot A hat drei Hauptwirkungen auf das Gewebe: Es steigert wesentlich die Temperatur, die Versorgung mit Sauerstoff und die Durchblutung. Die Bestrahlung mit wIRA hemmt Entzündungen und eine vermehrte Flüssigkeitsabgabe, lindert Schmerzen und fördert die Regeneration [5].

Die Applikationsformen der Wärme werden den Bedürfnissen des Patienten entsprechend ausgewählt.

Folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:

  • Peloide – Heilerde, Moor, Mergel, Sand, Lehm, Löß und Fango werden meist als Packungen aufgelegt. Die Temperatur liegt bei ca. 43-45 °C und die Einwirkzeit bei etwa 20-30 Minuten.
  • Packungen und Kompressen:
    • Heublumensack – Das Heublumensäckchen wird mit Wasserdampf erhitzt und auf die zu behandelnde Stelle aufgelegt.
    • Kartoffelbreipackung – Heiße, gekochte, zerdrückte Kartoffeln werden in ein Leinentuch eingeschlagen und aufgelegt.
    • Leinsamensäckchen – Gekochte, heiße Leinsamen werden ca. 5 Minuten in einem Säckchen aufgelegt.
    • Senfmehlpackungen – Schwarzes Senfmehl wird mit heißem Wasser aufgegossen und als Kompresse aufgelegt.
    • Zwiebelumschläge
    • Weißkohlblätterauflagen
    • Kamillenkompressen
    • Heiße Rolle – Frottiertücher werden eingerollt, mit kochend-heißem Wasser aufgegossen, mit einem trockenen Tuch umwickelt und aufgelegt.
    • Decken, Umwickelungen
  • Balneotherapie – Bädertherapie, die auf der Anwendung von Heilwässern (Tinkturen), Heilpeloiden und Inhalationen beruht.
  • Hydrotherapie – Der Patient nimmt heiße Bäder.
  • Wärmestrahlung – Infrarottherapie (Infrarot A), Hochfrequenztherapie, Kurzwellentherapie, Mikrowellentherapie

Nach der Therapie

  • Überwachung der Hautreaktionen: Auf Anzeichen von Verbrennungen, Rötungen oder anderen Hautreaktionen achten.
  • Hydration und Ruhe: Empfehlung zur ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme und Ruhe nach der Therapie.
  • Dokumentation und Bewertung des Therapieerfolgs: Erfassung der Wirksamkeit und eventueller Nebenwirkungen.

Mögliche Komplikationen

Frühkomplikationen

  • Lokale Hautreaktionen: Wie Verbrennungen oder Rötungen bei zu intensiver Wärmeanwendung.
  • Überwärmung des Gewebes: Kann zu Schmerzen oder Unwohlsein führen.

Spätkomplikationen

  • Chronische Hautveränderungen: Bei wiederholter, langfristiger Überhitzung.
  • Verschlimmerung von Entzündungen: Bei unsachgemäßer Anwendung auf entzündete Bereiche.

Es ist wichtig, dass Wärmetherapie von qualifizierten Fachleuten durchgeführt und genau auf den einzelnen Patienten abgestimmt wird. Eine gründliche Bewertung vor Beginn der Therapie ist wesentlich, um Kontraindikationen zu erkennen und das Risiko von Komplikationen zu minimieren.

Ihr Nutzen

Die Wärmetherapie ist ein sehr vielfältig anwendbares Verfahren, das unter anderem Schmerzen lindern kann. Durch die unterschiedlichen Möglichkeiten der Wärmeapplikation kann dem Patienten eine individuelle, bedarfsgerechte Therapie zusammengestellt werden.

Literatur

  1. Bernatzky G: Nichtmedikamentöse Schmerztherapie: Komplementäre Methoden in der Praxis. Springer Verlag 2006
  2. Bischoff HP: Leitfaden Naturheilkunde; Methoden, Konzepte und praktische Anwendung. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2007
  3. Bitsch T: Klinikleitfaden Rheumatologie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2001
  4. Scheepers C, Jehn P: Ergotherapie. Vom Behandeln zum Handeln: Lehrbuch für die theoretische und praktische Ausbildung. Georg Thieme Verlag 2006
  5. Hoffmann G: Klinische Anwendungen von wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) – eine Übersicht. Phys Med Rehabilitationsmed Kurortmed. 2017;27:265-274. doi: 10.1055/s-0043-113047 

     
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