Akupunktur in der Schmerztherapie

Die Akupunktur ist ein Verfahren der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und gehört somit zu der ältesten Form der Komplementärmedizin. Es handelt sich um die therapeutische Behandlung durch Nadelstiche und durch die sogenannte Moxibustion (Erwärmung von speziellen Akupunktur-Punkten). In der Schmerzbehandlung greift die Akupunktur auf einen großen Erfahrungsschatz zurück und erfreut sich vor allem in den westlichen Industrieländern einer wachsenden Beliebtheit. Oft wird die Akupunktur eingesetzt, wenn Schmerzsyndrome nicht auf medizinisch belegbare Ursachen zurückzuführen sind und sowohl Patienten als auch Ärzte in dem Verfahren eine letzte effektive Möglichkeit der Schmerztherapie sehen. Heute ist die Wirksamkeit der Akupunktur in der Schmerztherapie für bestimmte Krankheitsbilder durch mehrere Studien belegt worden.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Arthrosen (Gelenkverschleiß) – insbesondere Gonarthrose (Kniegelenksarthrose)
  • Cephalgie (Kopfschmerzen) – insbesondere Migräne und Spannungskopfschmerz
  • Chronische Rückenschmerzen/chronische Kreuzschmerzen [3]
  • Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen
  • Fibromyalgie (Fibromyalgie-Syndrom)
  • Myofasziale Schmerzen – Schmerzen in einem einzelnen Muskel oder in einer Muskelgruppe, die spontan oder bei Stimulation eines Triggerpunktes entstehen
  • Myoarthropathie – Erkrankung eines Gelenks und der zugehörigen Muskulatur
  • Radikuläre Schmerzen oder Neuralgien – Schmerzen, die durch Irritation einer Nervenwurzel bzw. eines speziellen Nerven entstehen
  • Schmerzen mit erheblichen psychosomatischen Elementen
  • Somatoforme Schmerzstörung – andauernde Schmerzen, deren Ursache nicht vollständig erklärbar ist
  • Tumorschmerzen
  • Viszerale Schmerzen (Eingeweideschmerz)
  • Zentrale Schmerzen – Schmerzen die im zentralen Nervensystem (Gehirn, Rückenmark) entstehen, und durch eine Schädigung der Nervenzellen verursacht werden

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere Blutgerinnungsstörungen oder die Einnahme von starken Blutverdünnern (Antikoagulantien): Das Risiko für Blutungen oder Hämatome an den Einstichstellen ist erhöht.
  • Schwere psychische Erkrankungen: Bei Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen, insbesondere wenn diese mit Wahnvorstellungen oder schweren Depressionen verbunden sind, sollte die Akupunktur nur nach sorgfältiger Abwägung und unter psychologischer Betreuung erfolgen.
  • Schwere Infektionen oder Entzündungen: Akupunktur sollte nicht direkt in entzündeten oder infizierten Bereichen durchgeführt werden.
  • Schwangerschaft: Bestimmte Akupunkturpunkte, insbesondere im Lendenbereich und am Unterbauch, sollten während der Schwangerschaft vermieden werden, da sie vorzeitige Wehen auslösen können.
  • Krebserkrankungen: Bei aktiven Krebserkrankungen sollte die Akupunktur nur in Absprache mit dem behandelnden Onkologen angewendet werden.
  • Hauterkrankungen: Bei Hauterkrankungen oder Hautläsionen in den Bereichen, in denen die Akupunktur durchgeführt werden soll, ist Vorsicht geboten.
  • Allergien gegen Materialien: Bei Allergien gegen Materialien, die für Akupunkturnadeln verwendet werden (z. B. Nickel bei bestimmten Nadeltypen), sollte dies berücksichtigt werden.

Vor der Therapie

Patientenaufklärung und Anamnese

  • Vor Beginn der Akupunkturbehandlung wird eine ausführliche Anamnese durchgeführt. Hierbei werden die medizinische Vorgeschichte, aktuelle Beschwerden, Lebensgewohnheiten und eventuelle Medikationen des Patienten erfasst.
  • Der Akupunkteur erklärt den Ablauf der Behandlung, mögliche Sensationen während der Nadelung und diskutiert Erwartungen und Ziele der Therapie.

Vorbereitende Untersuchungen

  • Gegebenenfalls werden vorbereitende Untersuchungen durchgeführt, um andere medizinische Ursachen der Schmerzen auszuschließen.

Bereich der Behandlung

  • Der Bereich, in dem akupunktiert wird, sollte sauber und entspannt sein. Der Patient wird in der Regel gebeten, sich teilweise zu entkleiden oder bequeme Kleidung zu tragen, um Zugang zu den Akupunkturpunkten zu ermöglichen.

Das Verfahren

Gerade in der Behandlung chronischer Schmerzzustände stößt die westliche Medizin an ihre Grenzen. Oftmals werden Schmerzpatienten mit ihren Beschwerden allein gelassen, da die Ursache von außen nicht nachvollziehbar ist. Die Akupunktur verfolgt bzw. erreicht folgende Ziele in der Schmerztherapie:

  • Schmerzerleichterung bis zum vollständigen Abklingen der Schmerzen
  • Verbesserung der Fähigkeiten des Patienten im Umgang mit dem Schmerz
  • Verbesserung der Alltagsfähigkeiten des Patienten
  • Reduktion der Schmerzebene
  • Ausbalancierung der emotionalen Anspannung
  • Anhebung der Lebensenergie
  • Verbesserung der Lebensqualität
  • gegebenenfalls Reduktion der Schmerzmedikation

Aus Sicht der westlichen Medizin liegt der Wirkmechanismus der schmerzlindernden Wirkung der Akupunktur in der Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter während und nach der Behandlung, hierzu gehören: Endorphine, Serotonin, Noradrenalin, Substanz P, CGRP, Oxytocin und viele andere Stoffe, die einen modulierenden Effekt auf die Schmerzmechanismen haben. Weiterhin werden körpereigene schmerzhemmende Systeme, sogenannte spinale und supraspinal antinozizeptive Hemmsysteme, stimuliert. Dieser Mechanismus und die Aktivierung spezieller Hirnareale haben eine positive Wirkung auf die Schmerzempfindung. Ein anderer Mechanismus ist das Konzept der myofaszialen Triggerpunkte. Oftmals sind bei muskulären Verspannungen und Störungen des Skelettsystems Triggerpunkte vorhanden, durch deren Stimulation der Schmerz direkt ausgelöst werden kann. Diese Punkte können durch Akupunktur direkt behandelt werden.

Die Traditionelle Chinesische Medizin geht davon aus, dass die energetischen Leitungsbahnen des Organismus die Akupunktur-Punkte mit spezifischen Organen und Körperstrukturen verbinden. Die Organe bzw. die Körperstrukturen können bei Schmerzzuständen durch die Akupunktur gezielt beeinflusst und behandelt werden. Nach den Vorstellungen der chinesischen Medizin entsteht Schmerz durch eine Unterbrechung der Qi-Zirkulation. Qi bzw. Chi bildet die ideelle Grundlage der TCM und stellt eine Art Lebensenergie dar. Laut dieser Theorie wird die Qi- und die Blutzirkulation durch Akupunktur reaktiviert und das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang wiederhergestellt.

Ein Therapiezyklus sollte 10-15 Sitzungen beinhalten.

Nach der Therapie

Unmittelbare Nachsorge

  • Nach der Behandlung wird dem Patienten geraten, sich kurz auszuruhen, insbesondere wenn er sich schwindelig oder müde fühlt.
  • Der Patient sollte ausreichend Wasser trinken, um den Körper bei der Entgiftung zu unterstützen.

Langfristige Betreuung

  • Die Anzahl der benötigten Sitzungen variiert je nach Patient und Beschwerdebild. Der Behandler bespricht mit dem Patienten einen individuellen Behandlungsplan.
  • Es wird empfohlen, die Reaktionen des Körpers nach der Behandlung zu beobachten und bei der nächsten Sitzung zu besprechen.

Lebensstil und Selbstpflege

  • Empfehlungen zur Ernährung, Bewegung oder Stressbewältigung können Teil des ganzheitlichen Behandlungsansatzes sein.

Mögliche Komplikationen

Allgemeine Komplikationen

  • Leichte Schmerzen, Blutergüsse oder Blutungen an den Einstichstellen.
  • Schwindel oder Ohnmacht, besonders bei empfindlichen Personen.

Seltene, aber schwerwiegende Komplikationen

  • Infektionen, insbesondere wenn die Nadeln nicht steril sind.
  • Verletzung innerer Organe, insbesondere bei unsachgemäßer Nadelung.
  • Allergische Reaktionen, obwohl dies sehr selten vorkommt.

Psychische Reaktionen

  • Emotionaler Ausbruch oder erhöhte Sensibilität, da Akupunktur den emotionalen Zustand beeinflussen kann.

Ihr Nutzen

Die Akupunktur in der Schmerztherapie ist ein sinnvolles und wirksames Verfahren. Vor allem in der Behandlung chronischer Schmerzen bzw. bei Schmerzsyndromen ohne erkennbare Ursache leistet die Akupunktur einen wertvollen Beitrag.

Literatur

  1. Pollmann N: Kursbuch Akupunktur. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2007
  2. Sun P: Schmerzbehandlung mit chinesischen Arzneien und Akupunktur. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005
  3. Baroncini A et al.: Acupuncture in chronic aspecifc low back pain: a Bayesian network meta-analysis. J Orthop Surg Res 2022;17:319; https://doi.org/10.1186/s13018-022-03212-3

     
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