Thromboembolie-Risiko bei Verordnung von kombinierten hormonellen Kontrazeptiva

Nachfolgend eine "Wichtige Mitteilung über ein Arzneimittel", Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, [1] zur Verordnung von kombinierten hormonellen Kontrazeptiva (KHK1). Abgestimmt wurde das Schreiben mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), den Inhabern der Zulassung und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM):

  • Die Bewertung bestätigt die bisherige Einschätzung, dass das Risiko für das Auftreten venöser Thromboembolien (VTE) unter allen niedrig dosierten KHK (Ethinylestradiol-Gehalt < 50 μg) gering ist.
  • Es gibt Belege dafür, dass, in Abhängigkeit vom enthaltenen Gestagen, Unterschiede hinsichtlich des VTE-Risikos zwischen KHK bestehen. Aktuell verfügbare Daten deuten darauf hin, dass KHK, die die Gestagene Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat enthalten, das niedrigste VTE-Risiko unter den kombinierten hormonalen Kontrazeptiva aufweisen (siehe Tabelle 1 unten). 
  • Bei der Verordnung von KHK sind die Risikofaktoren jeder einzelnen Frau/ Anwenderin – insbesondere jene für VTE – sowie die Unterschiede, die zwischen den einzelnen Präparaten hinsichtlich des VTE-Risikos bestehen, zu berücksichtigen.
  • Es besteht keine Notwendigkeit, das Präparat abzusetzen, wenn bisher keine Probleme bei der Anwendung des kombinierten hormonalen Kontrazeptivums aufgetreten sind.
  • Es gibt keine Belege dafür, dass bei niedrig dosierten KHK (Ethinylestradiol-Gehalt < 50 μg) Unterschiede hinsichtlich des Risikos für eine arterielle Thromboembolie (ATE) bestehen.
  • Bei den meisten Frauen überwiegt der mit der Anwendung von KHK verbundene Nutzen das Risiko für das Auftreten schwerwiegender Nebenwirkungen bei weitem. Der Fokus liegt nun auf der Bedeutung der individuellen Risikofaktoren der einzelnen Frau/ Anwenderin sowie der Notwendigkeit, Risikofaktoren regelmäßig neu zu beurteilen. Zudem soll das Bewusstsein für die Anzeichen und Symptome einer VTE bzw. ATE geschärft werden. Diese Anzeichen und Symptome sind den Anwenderinnen, denen KHK verordnet werden, zu beschreiben.
  • Die Möglichkeit einer KHK-bedingten Thromboembolie ist stets in Erwägung zu ziehen, wenn sich eine Anwenderin mit entsprechenden Symptomen vorstellt.

1 KHK, die Ethinylestradiol oder Estradiol plus Chlormadinon, Desogestrel, Dienogest, Drospirenon, Etonogestrel, Gestoden, Nomegestrol, Norelgestromin oder Norgestimat enthalten.

VTE-Risiko bei kombinierten hormonellen Kontrazeptiva

 Gestagen, welches im KHK enthalten ist
(kombiniert mit Ethinylestradiol, sofern nicht anders angegeben)
Relatives Risiko im Vergleich zu Levonorgestrel
Geschätzte Inzidenz
(pro 10 000 Frauen und Anwendungsjahr)
 Nichschwangere Nichtanwenderinnen  -  2
 Levonorgestrel  Referenz  5-7
 Norgestimat/Norethisteron  1,0  5-7
 Gestoden/Desogrestrel/Drospirenon  1,5-2,0  9-12
 Etonogestrel/Norelgestromin  1,0-2,0  6-12
 Chlormadinonacetat/Dienogest/Nomegestrolacetat (Estradiol)
 Noch zu bestätigen1
 Noch zu bestätigen1

1Um aussagekräftige Daten für das Risiko dieser Präparate erheben zu können, werden weitere Studien durchgeführt oder sind geplant

Weitere Hinweise

  • In einer zusammengefassten Fall-Kontroll-Studie hatten Frauen unter oraler Kontrazeption ein rund dreimal so hohes Risiko für eine VTE wie nichtschwangere Nichtanwenderinnen (adjustierte Odds Ratio, aOR 2,97) [2]:
    Zu den Ergebnisssen im Einzelnen:
    • Gestagene (Gruppe 1) Risiko etwa 2,5-fach erhöht:
      • Levonorgestrel (aOR 2,38), Norethisteron (OR 2,56) und Norgestimat (aOR 2,53).
    • Gestage (Gruppe 2) Vervierfachung des Risikos:
      • Desogestrel (aOR 4,28), Gestoden (aOR 3,64), Drospirenon (aOR 4,21) und Cyproteron (aOR 4,27).
  • Patientinnen mit Diabetes mellitus, die ihr Risiko für Thromboembolien minimieren möchten, sollten auf eine intrauterine oder eine subdermale hormonelle Kontrazeption setzen. Orale Kontrazeptiva schneiden hier weniger gut ab [3].  

Literatur

  1. Wichtige Mitteilung über ein Arzneimittel: Rote-Hand-Brief zu kombinierten hormonalen Kontrazeptiva: Unterschiede hinsichtlich des Thromboembolie-Risikos bei unterschiedlichen Präparaten. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. AkdÄ Drug Safety Mail 04-2014,Schreiben vom 30. Januar, 2014
  2. Vinogradova Y et al.: Use of combined oral contraceptives and risk of venous thromboembolism: nested case-control studies using the QResearch and CPRD databases. BMJ 2015;350:h2135
  3. O’Brien SH, Koch T, Vesely SK, Schwarz EB: Hormonal contraception and risk of thromboembolism in women with diabetes. Diabetes Care. 2017 Feb;40(2):233-238. doi: 10.2337/dc16-1534. Epub 2016 Nov 29.
     
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag