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Bluttransfusion

Bei der Bluttransfusion handelt es sich um therapeutisches Verfahren, welches entweder als intravenöse Injektion von Erythrozyten (Erythrozytenkonzentrat: direkte Gabe von roten Blutkörperchen in eine Vene) oder als Vollblutgabe (alle Arten von Blutzellen sind enthalten) erfolgen kann. Die Vollblutspende findet heutzutage in der Medizin jedoch nahezu keine Verwendung mehr.

Bei der Bluttransfusion ist primär zu unterscheiden, ob es sich um eine Autotransfusion (Eigenblutspende) oder eine Fremdblutspende handelt. Das patienteneigene Blut beziehungsweise die patienteneigenen Blutbestandteile können jedoch nicht durch eine direkte Eigenblutspende gewonnen werden. Es besteht die Möglichkeit, über eine maschinelle Autotransfusion (MAT, Eigenblutrückgewinnung aus Operationsblut) Patientenblut zu erhalten. Die Kombination verschiedener Verfahren wie die MAT, aber auch der akuten normovolämen Hämodilution (Blutgewinnung und Ersatz durch Infusion mit anschließender Re-Transfusion in den Blutkreislauf des Patienten) können, perioperativ (während des Operationsvorganges) die Wahrscheinlichkeit erhöhen, auf Fremdblutspenden verzichten zu können. Voraussetzung für eine komplikationsfreie Transfusion ist, dass die injizierten Blutbestandteile mit der Blutgruppe des Empfängers kompatibel (verträglich) sind. Aufgrund dessen ist die genaue Überprüfung der Kompatibilität unabdingbar und ist explizit geregelt. Des Weiteren ist anzuführen, dass Bluttransfusionen als ärztliche Maßnahme die Einwilligung des Patienten nach adäquater Aufklärung bedürfen. Nur im akuten begründeten Notfall ist es dem behandelnden Arzt erlaubt, eine Bluttransfusion auch bei fehlender Einwilligung durchzuführen. Künstliche Blutersatzstoffe und Hämoglobinpräparate werden zwar aktuell erforscht, zum Einsatz in der medizinischen Therapie konnte es bisher jedoch nicht kommen.

Blutkomponentenübertragung

Wie bereits beschrieben, erfolgen Bluttransfusionen nicht mehr durch eine Vollblutgabe, sondern durch die Gabe einzelner separierter Blutbestandteile. Durch diese Trennung der einzelnen Bestandeile kann einerseits gewährleistet werden, dass der Patient ausschließlich die Blutbestandteile erhält, für die ein Mangel vorliegt. Andererseits ist die Komponentengabe weitaus ökonomischer, da sich die Blutbestandteile länger lagern lassen. Problematisch bei der Vollblutlagerung ist außerdem, dass zur optimalen Konservierung des Blutes eine konstante Temperatur von +4 ˚C aufrechterhalten werden muss, um die Integrität der Thrombozyten (Blutplättchen) und Erythrozyten (rote Blutkörperchen) zu erhalten. Bei dieser Temperatur können jedoch andere Bestandteile Schaden nehmen und so die Qualität des Blutproduktes massiv mindern.

Die folgenden Blutkomponenten werden übertragen:

  • Erythrozyten – die Gabe von Erythrozytenkonzentraten erfolgt primär bei Anämien (Blutarmut). Der Zustand der Anämie beschreibt eine Verminderung der Sauerstofftransportkapazität des Blutes aufgrund einer reduzierten Erythrozytenzahl oder einer verminderten Hämoglobinkonzentration.
    Zur Erkl
    ärung: Beim Hämoglobin handelt es sich um ein sauerstofftransportierendes Protein (Blutfarbstoff) im Erythrozyten. Eine Anämie ist prinzipiell keine Diagnose, sondern ein Befund mit vielfältigen Ursachen, die unbedingt diagnostisch untersucht werden müssen. Es lassen sich verschiedene Anämiearten unterscheiden, die jedoch alle in der Folge zu einer Tachykardie (schnellerer Herzschlag), einer erhöhten Blutdruckamplitude (die Spanne zwischen dem maximalen und dem minimalen Blutdruck erhöht sich) und gegebenenfalls zu einem Schwächegefühl führen können.
  • Thrombozyten – die Injektion von Thrombozytenkonzentraten wird bei Patienten durchgeführt, die unter einer Thrombozytopenie (Thrombozytenmangel) und somit unter einer erhöhten Blutungsneigung leiden.
    Mögliche auslösende Faktoren für eine Thrombozytopenie können unter anderem hämatologische Erkrankungen wie beispielsweise Leukämien (Blutkrebs) oder eine Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Erkrankung, bei der es durch einen Defekt im Blutfluss zum Verschluss von Blutgefäßen kommen kann) sein. Auch während der Schwangerschaft kann ein Mangelzustand auftreten, der jedoch sehr selten zu einer Gabe von Thrombozyten führt.
  • Granulozyten (Teil der Leukozytengruppe – weiße Blutkörperchen) – bei einer Granulozytopenie (Granulozytenmangel) ist das Abwehrsystem geschwächt, sodass leichter Infektionen entstehen können. Granulozyten sind Teil des unspezifischen Abwehrsystems.
  • Blutplasma – bei einem Mangel an Plasmaproteinen, zum Beispiel nach großen Blutverlusten oder bei Blutungsneigung, ist die Gabe von Plasma häufig angezeigt.
  • Blutstammzell-Präparate – die Übertragung von Blutstammzell-Präparaten erfolgt normalerweise bei der Durchführung einer Stammzelltransplantation. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um eine autologe (Spender und Empfänger sind die gleiche Person) oder allogene (Spender und Empfänger sind zwei verschiedene Personen) Transplantation handelt.
  • Gerinnungsfaktoren – die Gabe von Gerinnungsfaktoren-Konzentraten erfolgt beispielsweise bei Patienten mit einem Mangel der Faktoren VIII und IX. Dieser Mangel führt zu ausgeprägten Gerinnungsstörungen, die als Hämophilie A (VIII-Mangel) und B (IX-Mangel) bezeichnet werden.

Kompatibilität (Verträglichkeit)

  • Bei jeder Bluttransfusion ist es unerlässlich, vor der Durchführung sicherzustellen, dass Spender- und Empfängerblut verträglich sind. Es darf nur blutgruppenverträgliches Blut übertragen werden, da sonst massive und lebensbedrohliche immunologischen Reaktionen gegen das Spenderblut auftreten. Aufgrund dessen erfolgt eine genaue Prüfung verschiedener Faktoren. Von herausragender Bedeutung sind das AB0-System und der Rhesus-Faktor.
  • Das AB0-System beschreibt die Blutgruppenantigene, die sich sowohl auf den Erythrozyten als auch auf den Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutplättchen) befinden. Man kann die Blutgruppenantigene A, B und 0 unterscheiden. Aus diesen lassen sich die Blutgruppen ableiten. Während in den meisten anderen Blutgruppensystemen Antikörper gegen fremde Merkmale erst nach einer Transfusion gebildet werden und somit frühestens einige Tage später, bei einer erneuten Transfusion, stören würden, sind im AB0-System solche Antikörper grundsätzlich gegen alle AB0-Merkmale vorhanden, die der Empfänger selber nicht hat. Hieraus lässt sich ableiten, dass ein Patient, der über die Blutgruppe „A“ verfügt und eine Spende vom Typ „B“  erhält, unter einer massiven Gefährdung für eine hämolytische Reaktion steht. Durch diese Reaktion könnten theoretisch alle Blutzellen zerstört werden.
  • Wird eine Rh-negative Person dem Blut eines Rh-positiven Spenders ausgesetzt, kann sie Rhesus-Antikörper entwickeln, die bewirken, dass Rh-positive Erythrozyten (rote Blutkörperchen) zerstört werden. Am häufigsten ist dies der Fall bei RH-negativen Schwangeren, die schon ein Rh-positives Kind geboren haben und möglicherweise Rhesus-Antikörper gebildet haben. Bei der Folgeschwangerschaft mit einem weiteren Rh-positiven Kind können nun die Antikörper gegebenenfalls auf das Neugeborene übertragen werden und zu schweren Schädigungen des Kindes führen.

Kompatibilitätsprüfung

  • Zur Verhinderung dieser bereits beschriebenen Komplikationen werden im Krankenhaus und weiteren medizinischen Einrichtungen Tests durchgeführt, um das Risiko für eine immunologische Reaktion zu minimieren.
  • Bedside-Testdiese Untersuchung wird direkt am Patientenbett durchgeführt, um eine mögliche Verwechslung des Empfängers auszuschließen. Der Bedside-Test wird auf einer kleinen Karte durchgeführt, auf der sich drei Arten von Testfeldern mit Anti-A-, Anti-B- und Anti-D-Serum befinden. Somit können die Blutgruppe im AB0-System sowie der Rhesusfaktor getestet werden. Auf jedes der oben genannten Felder kommt ein Tropfen Blut und wird vermischt. Enthält das aufgetragene Blut das passende Antigen zum Serum, so agglutiniert (verklumpt) das Blut. Durch diese Reaktion lässt sich optisch auf die Blutgruppe schließen. Man muss sich allerdings im Klaren sein, dass der Bedside-Test weder die Blutgruppenbestimmung des Patienten noch die Kreuzprobe ersetzen kann, sondern nur die Kompatibilität der AB-Antigene des Patienten mit der Blutgruppe des Erythrozytenkonzentrates überprüft. Ferner ist es von großer Wichtigkeit, dass dieses Testverfahren ausschließlich vom transfundierenden Arzt selbst durchzuführen ist. Aufgrund dessen ist eine Übertragung dieser Aufgabe auf andere nicht möglich. Die einzige Ausnahme von dieser Regel ist dann möglich, wenn der transfundierende Arzt einem Kollegen den Bedside-Test beibringen will. Überdies ist zu beachten, dass der Bedside-Test nur direkt am Patientenbett durchzuführen ist 

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Akuter Blutverlust mit hämorrhagischem Schock – in diesem Zustand erfolgt gegebenenfalls eine sogenannte Massivtransfusion, bei der ein "ganzes Blutvolumen" des Patienten innerhalb von 24 Stunden transfundiert wird.
    Auch bei weniger massiven Blutungen können Bluttransfusionen eingesetzt werden. Ob die Transfusion notwendig ist, kann anhand des Hämoglobinwertes erkannt werden. Zu beachten ist hier allerdings, dass sich der Leitwert bei Männern und Frauen unterscheidet.
  • Blutbildungsstörungen – bei einer Anämie oder einer Agranulozytose (Reduktion der Anzahl der Granulozyten) ist die Gabe von Bluttransfusionen in Abhängigkeit vom Krankheitsbild und vom Hämoglobinwert angezeigt.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Sind die Kriterien für eine Transfusion erfüllt, sind bisher keine Kontraindikationen für eine Bluttransfusion bekannt.


Literatur

  1. HerzAkutMedizin – Ein Manual für die kardiologische, herzchirurgische, anästhesiologische und internistische Praxis; Zerkowski, H.-R.; Steinkopff Verlag 2006
  2. Der Anästhesist – Therapiekonzepte in der Transfusionsmedizin Bericht über die 1. Grazer Konsensustagung „Transfusionsmedizin”; Lanzer, G.; Springer Verlag 1995
  3. Intensivmedizin; van Aken, H.; Springer Verlag 2006
  4. Praktische Krankenhaushygiene und Umweltschutz; Daschner, F.; Springer Verlag 2006
  5. Das ICU-Buch: Praktische Intensivmedizin; Marino, P.; Urban & Fischer 2008

     
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