Tai Chi Chuan

Tai Chi Chuan – auch als Schattenboxen bekannt – stammt aus China und wird dort seit Jahrhunderten praktiziert. Tai Chi“ wird als Grundlage zur Entstehung der beiden Polaritäten Yin und Yang bezeichnet und bedeutet übersetzt „Höchste Gesetz“; „Chuan“ bedeutet „Faust“ beziehungsweise Faustkampf. Tai Chi Chuan steht für Meditation und Körperbeherrschung. Wenn man früh morgens in China durch einen Park geht, sieht man viele Anhänger dieser Methode, die die verschiedensten Bewegungsformen und -stile durchführen.

Ursprünglich wurde Tai Chi Chuan in China als Kampfkunst trainiert. Mittlerweile wird Tai Chi Chuan als Körpererfahrung, Meditation in Bewegung und Heilgymnastik unterrichtet. Dabei handelt es sich um eine Folge von natürlichen Bewegungen, die langsam, locker und fließend ausgeführt werden. Der Kraftaufwand für die verschiedenen Übungen ist sehr gering, sodass der Geist entspannt, ohne sich stark anzustrengen.

Tai Chi verbessert die Flexibilität von Muskeln und Gelenken und fördert die Körperbalance; Senioren erleiden kurzfristig 43 % seltener Stürze [1]

Tai Chi (1 Stunde dreimal die Woche) lindert Fatigue (Müdigkeit) bei Tumorerkrankungen und Insomnie (Schlafstörungen) [2].

Es gibt 37 Bewegungsformen im klassischen Yang-Stil, für deren Ausübung man circa 15 bis 20 Minuten benötigt.

Entscheidend bei der Umsetzung von Tai Chi Chuan ist die richtige Körperhaltung, damit Atmung und Bewegung harmonisieren.

Dabei kommt es auf fünf Prinzipien an

  • Aufrechte Haltung des Kopfes (Xuling Dingjing)
  • Schulter senken, Ellenbogen hängen lassen (Chenjian Zhuizhou)
  • Gerader Rücken (Hanxiong Babei)
  • Aufrechtes Steißbein (Weilü Zhongzheng)
  • Becken senken (Songyao chuidian)

Folglich sollen bei den Übungen Steißbein, Rücken, Nacken und Kopf in einer Linie bleiben, also nicht nach vorn oder hinten beziehungsweise zur Seite gekrümmt werden. Durch Tai Chi Chuan verbessern Sie somit auch die Körperhaltung und lockern eine verspannte Muskulatur.

Beim Üben der Formen sollte man versuchen, an nichts zu denken, auch nicht daran, wie die Übungen ausgeführt werden sollen und ob man alles beachtet. Wenn der Kopf dabei leer ist, wird die Konzentration gesteigert.

Die Ziele des Tai Chi Chuans sind

  • Schärfung der eigenen Körperwahrnehmung
  • Öffnen der Mediane, damit mehr Qi als bei einem untrainierten Menschen pro Zeiteinheit in den Meridianen fließen kann
  • Erhöhung des Qi-Flusses
  • Erhöhung der Qi-Speicherfähigkeit in den verschiedenen Energiezentren des menschlichen Körpers

Nachdem mehr Qi in den Meridianen des Körpers fließt und auch vermehrt gespeichert werden kann, lernt der Übende, das Qi mittels Einsatz der geistigen Vorstellungskraft überall im Körper zu verteilen und Schritt für Schritt mit eigenem Willen zu lenken. Zunächst wird das Qi in den Händen und Füßen verortet. Dort ist es am leichtesten wahrzunehmen. Mit stetiger Übung spürt man es auch in den Armen und Beinen, im Kopf und letztlich im Rumpf.

Anschließend geht die Ausbildung in die folgenden feinstofflichen Körper über

  • In den „Energiekörper“, die Ebene der Energiebahnen (Meridiane)
  • In den „Emotionalkörper“, die Ebene der Gefühle und Emotionen
  • In den „Geistkörper oder Mentalkörper“, die Ebene der Gedanken und des Willens
  • In den „Spirituellen Körper“, die Ebene der Seele.

In dieser Stufe lernt der Schüler allmählich die Wahrnehmung und Lenkung des Qi´s auf jeder zuvor aufgeführten Ebene im Einzelnen. Beherrscht er dieses, lernt er die einzelnen Ebenen sehr schnell zu wechseln oder sie miteinander zu verbinden.

Im Rahmen des Tai Chi Chuan werden die Bewegungsformen sehr langsam und sehr präzise ausgeführt, sodass Tai Chi Chuan an kein bestimmtes Alter gebunden ist; es besteht kein Verletzungsrisiko.

Für das Üben der unterschiedlichen Formen gibt es fünf wesentliche Aspekte

  1. Jing (Ruhe): Die Atmung ist gleichmäßig und der Lernende ist konzentriert. Man spricht dann von der Ruhe des Körpers. Die Bewegungen sollen leicht, gewandt und fließend sowie ohne Stockungen durchgeführt werden. Das wiederum bezeichnet man als die Ruhe des Herzens.
  2. Qing (Leichtigkeit): Es heißt: „Tai Chi entsteht aus dem Nichts. Es ist das Bindeglied zwischen Bewegung und Ruhe und die Mutter von Yin und Yang“ Hier gilt besonders: „In jeder Bewegung soll der Körper leicht und beweglich sein, als wären alle seine Teile auf einem Faden aufgereiht.“
  3. Man (Langsamkeit): Langsamkeit bedeutet keinen Stillstand. Sie beinhaltet fließende Bewegungen ohne Unterbrechungen und verlangt, nach den Regeln schrittweise vorzugehen.
  4. Qi (Gewissenhaftigkeit): Die Gewissenhaftigkeit hat zwei Bedeutungen: Zum einen sollen die Bewegungen gewissenhaft ausgeführt werden und zum Anderen sollte man ernsthaft sein und sich bei jeder Bewegung Mühe geben. Dazu zählt auch, dass man die eigenen Bewegungen auf Richtigkeit überprüft.
  5. Heng (Ausdauer): Darunter versteht man Beharrlichkeit. Egal, ob es kalt ist oder sehr heiß, man sollte kontinuierlich üben. Somit werden auch gleich der Charakter und die Willensstärke des Lernenden geprüft.

Tai Chi Chuan kann man nicht aus Büchern oder Videos erlernen, denn dazu bedarf es einer fachkundigen Anleitung und Kontrolle durch einen entsprechenden Lehrer.

Literatur

  1. Lomas-Vega R et al.: Tai Chi for Risk of Falls. A Meta-analysis. Journal of the American Geriatrics Society; Published Online: July 24, 2017 doi: 10.1111/jgs.15008
  2. Yang L et al.: Tai Chi for cancer survivors: A systematic review toward consensus-based guidelines. Cancer Medicine 2021; https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cam4.4273