Medikamente und Stillzeit

Bei allen Vorzügen des Stillens kann es Umstände geben, die das Kind gefährden, sodass ein Abstillen oder ein zeitweises Unterbrechen des Stillens erforderlich wird. Dabei kann das Risiko von der Mutter selbst ausgehen, z. B. durch die Einnahme von Medikamenten.

Annähernd jeder Wirkstoff geht in die Muttermilch über und gelangt so in den Organismus des Kindes. Auf seinem Weg ist der Wirkstoff verschiedenen Ab- und Umbauprozessen unterworfen, wodurch seine Konzentration, sowohl bereits im mütterlichen Organismus als auch anschließend um kindlichen reduziert wird. Nur selten erreicht der Wirkstoff eine therapeutische Wirkung beim Kind.

Bei längerer oder regelmäßiger Einnahme kann sich jedoch die Substanz im Kind anreichern und zu Symptomen führen. Begünstigend kommt hinzu, dass die Darmwand des Babys noch permeabler (durchlässiger) ist, die Blut-Hirn-Schranke noch nicht vollständig entwickelt und die Entgiftungsfunktion von Leber und Nieren des Babys noch eingeschränkt ist. Die Produktion von Pankreasenzymen (Bauchspeicheldrüsenenzymen) und Gallensäuren ist noch gering. Besonders gefährdet sind Früh- und Neugeborene sowie kranke Babys. Letztlich ist es immer schwer einzuschätzen, wie der kindliche Organismus im Einzelfall auf ein Medikament reagiert, da die Metabolisierung (Verstoffwechslung) von Arzneistoffen individuell unterschiedlich ist.

Zur Bewertung eines Wirkstoffes/Medikamentes in der Stillzeit kann der sogenannte Milch-Plasma-Quotient herangezogen werden. Er gibt die Konzentration des Stoffes in der Muttermilch im Verhältnis zur mütterlichen Plasmakonzentration an. Ist der Quotient < 1, ist die Anreicherung in der Muttermilch zu vernachlässigen. Noch geeigneter ist die relative Dosis eines Wirkstoffes/Medikamentes. Sie gibt an, wie hoch der Anteil an der gewichtsbezogenen Tagesdosis der Mutter ist, den ein vollgestillter Säugling pro kg seines Körpergewichts in 24 Stunden mit der Milch erhält. Beträgt die relative Dosis eines Wirkstoffs maximal 3 %, so ist bei kurzfristiger Einnahme keine Stillpause nötig.
Als gut stillverträglich gelten zudem Wirkstoffe, die auch dem Säugling direkt verordnet werden dürfen.

Auf folgende Symptome sollte beim Kind nach Medikamenteneinnahme der Mutter geachtet werden: Unruhe, Trinkschwäche, Schläfrigkeit. Das Risiko für toxische Erscheinungen ist für junge Säuglinge höher (wenn auch insgesamt sehr niedrig), da ältere Babys nur noch ein- bis zweimal am Tag gestillt werden.

Medikamente haben auch Auswirkungen auf die Milchproduktion.

Folgende Medikamente reduzieren über eine Senkung des Prolaktinspiegels die Milchmenge:

  • Diuretika (entwässernde Medikamente)
  • Dopaminagonisten (z. B. bei Morbus Parkinson, Restless-Legs-Syndrom): Bromocriptin, Cabergolin – Dopaminagonisten werden zum Abstillen eingesetzt
  • Östrogene (weibliche Geschlechtshormone)

Folgende Medikamente steigern über eine Erhöhung des Prolaktinspiegels die Milchmenge:

  • Domperidon, Metoclopramid (Antiemetika/bei Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen)
  • Neuroleptika (antipsychotisch wirksame Substanzen)
  • ɑ-Methyldopa (Antihypertonikum/bei Bluthochdruck)

Folgendes sollte bei der Einnahme von Medikamenten während der Stillzeit bedacht werden:

  • Vor der Einnahme eines Medikamentes prüfen, ob es eine pflanzliche Alternative gibt, die unbedenklicher ist. Bei ernsteren Erkrankungen der Mutter ist dieses meist nicht möglich.
  • Medikamente, die die Mutter dauerhaft einnehmen muss, dürfen nicht aus Angst, dem Baby zu schaden, eigenständig abgesetzt werden.
  • Immer Rücksprache mit der Hebamme, dem behandelnden Arzt bzw. Kinderarzt halten.

Generell gilt:

  • Verantwortungsvoller und nicht leichtfertiger Umgang mit Medikamenten!
  • So wenig Medikamente wie möglich, so viel wie nötig!

In der Mehrheit der Fälle finden sich für die meisten Medikamente stillverträgliche Alternativen. Wenn die Stillende aufgrund einer chronischen Erkrankung dauerhaft Medikamente einnehmen muss oder wenn es sich um eine Kombinationstherapie handelt, muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine Stillpause oder ein Abstillen erfolgen sollte. Risikofaktoren sind:

  • ZNS-wirksame Substanzen (zur Behandlung von Krankheiten des zentralen Nervensystems)
  • unreifer Säugling
  • Alter des Kindes < 2 Monate.

Informationen zur Eignung eines Wirkstoffes/Medikaments während der Stillzeit findet man unter:

Im Folgenden eine Übersicht von (bedingt) stillverträglichen Medikamenten bei alltäglichen Beschwerden sowie Erkrankungen: 

Beschwerden/Krankheiten Wirkstoffe Anmerkungen
Erkältungskrankheiten
Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber 
  • Paracetamol 
 
Schnupfen 
  • Oxymetazolin
  • Xylometazolin
  • kurzzeitig verwendbar
  • Kinderdosierung bevorzugen
  • Kombinationspräparate meiden 
Schmerzen
Kopfschmerzen
  • Paracetamol
  • Ibuprofen 
 
Migräne 
  • Paracetamol
  • Ibuprofen
  • Sumatriptan
  • Metoprolol – zur Mirgäneprophylaxe
 
Zahnschmerzen 
  • Paracetamol 
  • Ibuprofen 
  • im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung ist eine Lokalanästhesie erlaubt 
Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Bereich)
Pyrosis (Sodbrennen)
  • Antazida:
    • Hydrotalcit
    • Magaldrat
  • Protonenpumpenhemmer:
    • Oemprazol
    • Pantoprazol 
 
Übelkeit/Erbrechen
  • Dimenhydrinat
  • vorübergehend akzeptabel
  • kann zu Sedierung (Beruhigung) oder Übererregbarkeit beim Säugling führen
Meteorismus (Blähungen)
  • Dimeticon 
  • Simeticon
 
Diarrhoe (Durchfall)
  • Loperamid
  • vorübergehend möglich
Obstipation (Verstopfung)
  • Lactulose (Mittel der Wahl)
  • Natriumpicosulfat
  • Bisacodyl
 
Allergie und allergische Beschwerden
Allergie

Mittel der Wahl sind:

  • Cetirizin
  • Loratidin
  • Cortison
    • Prednisolon
    • Prednison
  • bzgl. Loratidin: Symptome wie Unruhe, Sedierung, Mundtrockenheit sowie Tachykardien (erhöhte Pulsfrequenz) beim Säugling sind möglich, aber eher unwahrscheinlich
  • bzgl. Kortison:
    • maximale unbedenkliche Tagesdosis: 1 g
    • ist eine höhere Dosis über einen längeren Zeitraum erforderlich, sollte 3-4 Stunden nach der Einnahme nicht gestillt werden
    • eine lokale äußere Anwendung ist unbedenklich
Asthma bronchiale
  • Budesonid (Inhalationsspray)
 
Frauengesundheit
Kontrazeption (Verhütung)
  • Präparate, die ausschließlich Gestagen enthalten (kein Östrogen!)
 
     
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