Tabakkonsum in der Schwangerschaft

Tabakrauch ist insbesondere während der Gravidität der wichtigste zu berücksichtigende Risikofaktor, da rauchende schwangere Frauen zum einen ihren Schwangerschaftsverlauf und zum anderen die Gesundheit ihres Kindes gefährden.

Die schädigenden Giftstoffe des Zigarettenrauches erreichen über die Nabelschnurgefäße und die Plazenta direkt den Fetus im Mutterleib. Das enthaltende Nikotin verschlechtert die Durchblutung in der Gebärmutter und in der Plazenta, wodurch das ungeborene Kind nur noch unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird [4.4.]. Bereits zwanzig Minuten nach jeder Zigarette hat der Fetus dieselbe Nikotinkonzentration im Blut wie die rauchende Mutter. Der Schadstoff verursacht einen schnelleren Herzschlag sowie Störungen in der Entwicklung des Gehirns des ungeborenen Kindes. Da Nikotin eine starke gefäßverengende Wirkung hat, beeinflusst es die Blutgefäße in der Plazenta, sodass weniger Blut und Sauerstoff den Fetus erreichen. Das kann zu Gefäßkrämpfen sowie -verschluss, zum Gewebstod bis hin zu Störungen in der Entwicklung der Glieder des Embryos führen [4.4.]. Des Weiteren verschlechtert das mit dem Rauch aufgenommene Kohlenmonoxid zusätzlich die Sauerstoffversorgung im Blutkreislauf von Mutter und Kind, da es den Sauerstoff von seinen als Transportmittel dienenden roten Blutkörperchen verdrängt [4.4.].

Rauchen während der Schwangerschaft erhöht beim Fetus das Risiko für:

  • Tumorerkrankungen, wie beispielsweise Leukämie [4.4.]
  • Geistige Zurückgebliebenheit sowie Behinderungen [4.4.]
  • Konzentrationsschwächen, Koordinations- und Sprachstörungen [2]
  • Verhaltensstörungen und Hyperaktivität [2]
  • Wachstumsstörungen [2]
  • Hohes Leukämie- und Lymphomrisiko [2]
  • Erythropenie und einen niedrigen Hämoglobinwert [3]
  • Vitamin B12-Mangel, der Chromosomenschäden und eine gehemmte Zellteilung zur Folge haben kann [4.2.]
  • Geringere Lungenkapazität [2]
  • Asthma bronchiale [2]
  • Allergien und Infektionen [2]
  • Diabetes mellitus und Adipositas  [4.4.]
  • Plötzlicher Kindstod [2]

Obwohl die Schädigungen am Fetus von der Höhe des Zigarettenkonsums abhängen, sind bereits deutliche negative Veränderungen am ungeborenen Kind nachweisbar, wenn regelmäßig etwa sieben Zigaretten täglich geraucht werden. Das ungeborene Kind wird in seiner Entwicklung erheblich gestört, wobei es mit den gesundheitlichen Schäden nicht nur im Jugendalter, sondern auch im weiteren Leben zu kämpfen hat [4.4.].

Tabakkonsum während der Gravidität und Laktationsphase erhöht das Risiko, dass Kinder geistige Schäden davontragen. Je mehr geraucht wird, desto niedriger fällt der Intelligenzquotient des Kindes aus. Bei einer Zigarettenschachtel pro Tag steigt die Gefahr um 85 %, ein geistig zurückgebliebenes Kind zur Welt zu bringen [2].

Studien zeigen zudem, dass Kinder, die bereits im Mutterleib während der gesamten Schwangerschaft "mit geraucht" haben, ein signifikant höheres Risiko haben, im Schulalter an Asthma bronchiale zu erkranken. Bisher war hinlänglich bekannt, dass Kinder, die regelmäßige Zigarettenrauch ausgesetzt sind, häufiger an Asthma erkranken. Die Schädigung beginnt aber anscheinend bereits intrauterin ("innerhalb der Gebärmutter") [5].

Tumorerkrankungen (Krebserkrankungen)

Des Weiteren sind im Tabakrauch karzinoge Substanzen enthalten, welche die DNA des ungeborenen Kindes schädigen und dadurch eine spätere Leukämie oder andere Tumorerkrankungen im Kindesalter hervorrufen können. Oftmals wurde im Blut von Kindern rauchender Mütter die Chemikalie 4-Aminobiphenyl nachgewiesen, die für Leukämie verantwortlich gemacht wird. Die toxischen Stoffe gelangen damit ungehindert in den Blutkreislauf des Fetus, wobei die Plazenta nicht als Barriere gegen solche Substanzen wirkt [2].

Vitalstoffmangel

Neben den schädigenden Stoffen des Rauchens nehmen auch Vitalstoffmängel infolge des Zigarettenkonsums Einfluss auf die Gravidität und verstärken die tabakbedingten Entwicklungsstörungen des Kindes. Die kritischen Vitalstoffe sind Vitamin A, E, Folsäure und Zink.
Calcium- und Vitamin D -Mangel
bei der Mutter aufgrund des Rauchens beeinträchtigen die Entwicklung von Knochen und Zähnen des ungeborenen Kindes, erniedrigen dessen Calciumspiegel im Blut und verstärken die Ausbildung einer Rachitis [4.1.] [4.3.]. Vitamin B1-Defizite verursachen einen schweren Vitamin B1-Mangel und damit Herzversagen beim Fötus [1.1.]. Fehlt in der Ernährung der schwangeren Frau Jod, kann das Kind eine schwerwiegende geistige Entwicklungsstörung davontragen [1.2.]. Folsäure-Defizite erhöhen die Gefahr von Früh- und Totgeburten, Geburtsfehlern sowie von niedrigem Geburtsgewicht [4.1.] [4.2.] [4.3.].

Rauchen während der Schwangerschaft – Vitalstoffmangel

Vitalstoffmangel Auswirkungen auf den Fetus
Vitamin A [4.1.] Erhöhte Gefahr für
  • Früh- und Totgeburten
  • Geburtsfehler
  • Niedriges Geburtsgewicht [4.1.]
Vitamin E [4.1.] Erhöhte Gefahr für
  • Früh- und Totgeburten
  • Geburtsfehler
  • Niedriges Geburtsgewicht [4.1.]
Vitamin D [4.1.]
  • Beeinträchtigung der Entwicklung der Knochen und Zähne des Ungeborene
  • Hohes Risiko für Ausbildung einer Rachitis [4.1.] [4.3.]
Vitamin B1 [1.1.]
  • Schwerer Vitamin B1-Mangel
Erhöhtes Risiko für
  • Herzversagen [1.1.]
Folsäure [4.2.] Erhöhte Gefahr für
  • Früh- und Totgeburten
  • Geburtsfehler
  • Niedriges Geburtsgewicht [4.1.]
Calcium [3]
  • Beeinträchtigung der Entwicklung der Knochen und Zähne des Ungeborenen
  • Hohes Risiko für Ausbildung einer Rachitis
    Erniedrigter Calciumspiegel im Blut des Fetus [4.1.] [4.3.]
Jod [1.2.]
  • Hohe Gefahr für eine schwerwiegende geistige Entwicklungsstörung [1.2.]
Zink [4.3.] Erhöhte Gefahr für
  • Früh- und Totgeburten
  • Geburtsfehler
  • Niedriges Geburtsgewicht [4.1.]

Geburtskomplikationen

Raucherinnen weisen oftmals ein erhöhtes Risiko für Früh- und Fehlgeburten sowie Geburtskomplikationen auf (erhöhtes Risiko bis zu 70 % bei zehn Zigaretten täglich) [4.4.]. Das relative Risiko steigt mit zunehmendem Alter der Mutter sowie mit der Zahl der täglich gerauchten Zigaretten. Bei Raucherinnen müssen mehr als doppelt so häufig müssen Sectiones (Kaiserschnittentbindungen) vorgenommen werden und in vielen Fällen kommt es zu Nachgeburtsblutungen und erniedrigten Geburtsgewichten [3]. Häufig wiegen Säuglinge rauchender Mütter 150 bis 200 Gramm weniger als Neugeborene von Nichtraucherinnen [4.4.].

Plötzlicher Kindstod

Raucht die Mutter bis zu neun Zigaretten am Tag – in der Gravidität wie auch in der Laktationsphase, steigt die Gefahr des Auftretens eines plötzlichen Kindstodes um das Fünffache, wobei das neugeborene Kind zwischen dem achten Lebenstag und dem Ende des ersten Lebensjahres verstirbt [4]. Erhöht die Mutter die Zigarettendosis – mehr als zehn Zigaretten täglich –, verzehnfacht sich das Mortalitätsrisiko des Säuglings [2]. Demzufolge beeinträchtigt Nikotin als Nervengift die Funktionen der Andockstellen im Gehirn, die bei der Kontrolle der Atmung und des Aufwachens eine wichtige Rolle spielen. Es dämpft die Empfindlichkeit eines Proteinkomplexes, welcher die Aufgabe hat, bei schlechter Sauerstoffversorgung während des Schlafs Alarm zu schlagen und eine Art Aufwachreflex auszulösen. Hoher Tabakkonsum der Mutter bewirkt damit beim Kind eine Fehlsteuerung der Atemfunktion.
Des Weiteren können Störungen der Gehirnfunktion auftreten, die die Herz- und Kreislaufregulation oder bestimmte Aufwachmechanismen beeinflussen. Häufig kommt es unter diesen Umständen zu einer verlangsamten Herzfrequenz und schließlich zum Aussetzen der Atmung. Da sich zwischen dem dritten und vierten Lebensmonat der Säuglinge die Hirnreifung vollzieht, kann verstärkter Zigarettenkonsum diese in Form von Veränderungen und Entwicklungsstörungen erheblich beeinträchtigen.
Der plötzliche Kindstod infolge des Rauchens kann jedoch auch durch Virusinfektionen ausgelöst werden. Bei Untersuchungen von Kindern, die unerwartet starben, sind bestimmte Virusarten – wie Influenza- und Adenoviren – festgestellt worden, welche zu Entzündungen in den Atemwegen führen [2].

Geistige Beeinträchtigungen des Kindes

Kinder, die im Bauch einer rauchenden Frau herangewachsen sind, zeigen häufig ein dreifach höheres Risiko in der Schul- beziehungsweise Jugendzeit Symptome wie Konzentrationsschwäche und Hyperaktivität zu entwickeln. Solche Kinder haben Schwierigkeiten, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, unangebrachtes Verhalten zu unterdrücken und still zu sitzen [4.4.]. In vielen Fällen entwickeln betroffene Kinder dreimal häufiger Verhaltensstörungen in Form von auffällig aggressiven sowie starrköpfigen Verhaltensäußerungen. Vermutet wird, dass das in dem Zigarettenrauch enthaltende Nikotin in einer sensiblen Phase der frühkindlichen Entwicklung eine Änderung des Nikotinrezeptors bewirkt, wodurch das aggressive Verhalten des Kindes verstärkt wird [2].

Passives Rauchen in der Schwangerschaft

Auch das passive Rauchen in der Gravidität ist gefährlich und wird mit einer erhöhten Zahl von Tumorerkrankungen im Erwachsenenalter – vor allem Leukämie und Lymphomen – in Verbindung gebracht [2]. Kommt eine Schwangere häufig mit Rauchern in Kontakt, kann das zur Unterentwicklung sowie zu Früh-, Fehl- und Totgeburten des ungeborenen Kindes führen [3].

Weitere Informationen zum Thema „Tabakkonsum“ finden Sie unter "Genussmittel" im Oberthema "Mikronährstoffmedizin".

Literatur

  1. Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K: Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Kapitel 11, 92 (1.1.), 22, 179-180 (1.2.); Georg Thieme Verlag; Stuttgart/New York 2002
  2. Hoffmann P: Plötzlicher Kindstod (SIDS); PANAP Selbsthilfe e.V.
  3. Niestroj I: Praxis der Orthomolekularen Medizin. Kapitel 10, 199-206; Hippokrates Verlag GmbH; Stuttgart 2000
  4. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Kapitel 2.1, 96-137 (4.1.), 2.2, 155-208 (4.2.), 292-311 (4.3.), Kapitel 3.1, 370-381 (4.4.); Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2004
  5. den Dekker HT, Sonnenschein-van der Voort AMM, de Jongste JC, Reiss IK, Hofman A, Jaddoe VWV, Duijts L: Tobacco Smoke Exposure, Airway Resistance, and Asthma in School-age Children: The Generation R Study. 2015; 148 (3): 607-617. doi:10.1378/chest.14-1520
     
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