Diabetische Stoffwechsellage

Die Schwangerschaft stört das Gleichgewicht zwischen den blutdruckerhöhenden Hormonen – Schwangerschaftshormone und Hormone, die die Plazenta bilden – und dem blutdrucksenkenden Hormon Insulin. Das Insulin wird so in seiner Fähigkeit behindert, den Blutzuckerspiegel zu steuern. Aufgrund dieser Beeinträchtigung ist die Insulinausschüttung gesteigert. 5-10 % der Schwangeren entwickeln infolgedessen eine semidiabetische Stoffwechsellage – hoher Blutzuckerspiegel – oder bekommen einen manifesten Schwangerschaftsdiabetes [2].

Risikofaktoren

Risikofaktoren, die das Auftreten des Schwangerschaftsdiabetes erhöhen:

  • Übergewicht der Mutter
  • Familiäre Belastung für Diabetes mellitus bei Verwandten l. Grades und einem Alter der Schwangeren > 30 Jahre
  • Übergewicht der Schwangeren (Body-Mass-Index > 27 kg/m2)
  • Nüchtern-Urinzucker-Ausscheidung in der Schwangerschaft trotz normaler Blutzuckerwerte
  • Schwangerschaftsdiabetes bei einer früheren Schwangerschaft
  • Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Frühgeburten oder geburtsnaher Kindstod bei vorangegangenen Schwangerschaften
  • Auftreten unerklärter Missbildungen bei vorausgegangenen Schwangerschaften
  • Mütter, die älter als 30 Jahre alt sind oder bereits Kinder mit einem Geburtsgewicht über 4.000 Gramm zur Welt gebracht haben [1]

Diabetes in der Schwangerschaft – insbesondere im ersten Schwangerschaftsdrittel – kann sowohl der Mutter als auch dem Kind schaden. Das Risiko zu einer gestörten Entwicklung der Plazenta, einer Mangelversorgung des Kindes und zu Aborten (Fehlgeburten) steigt stark an [1].

Folgeerkrankungen

Folgen des Schwangerschaftsdiabetes Symptome beim Kind:

  • Überproportionales Wachstum – Makrosomie über 4.500 Gramm Geburtsgewicht
  • Cushingoid – Stammfettsucht, „Vollmondgesicht“, Nackenverdickung bei schlanken Extremitäten, tomatenrote Haut, dichter Haarschopf, Unterentwicklung der Geschlechtsmerkmale (Hypogenitalismus), Wachstumsstörungen; psychische Veränderungen (endokrines Psychosyndrom); arterielle Hypertonie, insulinresistente hohe Blutzuckerwerte – Hyperglykämie mit Ausbildung eines Steroiddiabetes – Überangebot an Steroidhormonen, wie Cortisol, welche die Wirkung des Insulins herabsetzen und so zur Blutzuckererhöhung beitragen
  • Organreifestörungen (vergrößerte aber unreife Organe) – dadurch akutes Atemnotsyndrom (ARDS) wegen fehlender Lungenreife
  • Hyperbilirubinämie (zu hoher Bilirubinwert im Blut) – Ikterus (Gelbsucht)
  • Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) – eingeschränkte Pumpfunktion, verminderte Leistungsfähigkeit des Herzens, Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Erhöhte Insulinproduktion führt zu niedrigen Blutzuckerwerten – Hypoglykämie
  • Hypoglykämie führt zu minimalen Schädigungen im Zentralnervensystem, welche psychomotorische Probleme und Verhaltensauffälligkeiten bewirken können
  • Hypocalcämie (Calciummangel) mit Muskelkrämpfen
  • Erhöhte Sterblichkeitsrate vor und nach der Geburt
  • Neigung zu Übergewicht
  • Erhöhtes Risiko im Alter an Diabetes mellitus zu erkranken [2]

Schwangere mit einer Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) leiden häufiger an Infektionen, beispielsweise der Harnwege, an Übelkeit und Erbrechen, erhöhten Blutzuckerwerten sowie an schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck Präeklampsie [2]. Des Weiteren kommt es zu einer starken Zunahme der Fruchtwassermenge. Für Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes besteht eine erhöhte Gefahr für die Ausbildung einer Gestose Ödembildung, hohe Eiweißausscheidung und Bluthochdruck – und die Entwicklung einer Typ-2-Diabetes in den folgenden Jahren [1]. Typ-2-Diabetes zählt zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen, welche meist übergewichtige Frauen betrifft sowie Schwangere, in deren Familien bereits einmal ein Typ-2- oder sogar Gestationsdiabetes aufgetreten ist [1].

Diagnostik

Da Schwangere mit einer Schwangerschaftsdiabetes meist keine klar erkennbaren Symptome aufweisen – kein Zucker im Harn – ist die Diagnosestellung nur mit einem Glucosebelastungstest zustellen.

Therapie

Wird der mütterliche Zuckerstoffwechsel frühzeitig normalisiert, lassen sich die Risiken für Mutter und Kind deutlich verringern. Neben einer zusätzlichen Insulingabe nach Bedarf ist hierbei auch eine Ernährungsumstellung und eine maßvolle sportliche Betätigung von erheblicher Bedeutung. Eine vorgeburtliche Therapie ist besonders ab der 24. Schwangerschaftswoche wichtig, da sich zu dieser Zeit durch die Blutzuckereinstellung noch das überproportionale Wachstum des Kindes verhindern lässt.

Vorsorge und Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes – Ernährung und sportliche Aktivität:

  • Häufigere und kleinere Mahlzeiten, zum Beispiel die tägliche Nahrungszufuhr auf sechs Mahlzeiten verteilt
  • Ausreichende Zufuhr komplexer Kohlenhydrate – Kartoffeln, Getreideerzeugnisse auf Vollkorn und Schrotbasis –, um eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) zu vermeiden
  • Mindestens 30 Gramm Ballaststoffe täglich Vollkornerzeugnisse, Gemüse, eventuell Weizenkleie
  • Lebensmittel mit hoher Nährstoff- und Vitalstoffdichte (Makro- und Mikronährstoffe) – fettarme Milch- und Milchprodukte, fettarmes Fleisch, Innereien, Geflügel, fettarmer Fisch, wie Seelachs, Schellfisch, Scholle, Kabeljau, 1-2-mal die Woche, frisches Obst und Gemüse, Obst- und Gemüsesäfte
  • Wenig Fett für die Zubereitung von Speisen verwenden, Verzehr überwiegend ungesättigter Fettsäuren, mehrfach ungesättigter Fettsäuren pflanzliche Fett und Öle, wie Sonnenblumen-, Raps-, Soja-, Maiskeim- und Olivenöl, Kaltwasserfische, wie Makrele, Hering, Thunfisch oder Lachs
  • Flüssigkeitszufuhr täglich etwa 40 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht in Form von Heil- und natürliche Mineralwässer, Gemüse- und Obstsäfte mit Wasser verdünnt, Kräuter-, Früchte- oder grüner Tee
  • Regelmäßige, aber mäßige körperliche Bewegung erhöht die Insulintätigkeit
  • Ergänzende Gaben von Zink, Chrom und Vitamin C stabilisieren den Glucosespiegel [2]

Bei etwa 15 % der Frauen ist eine zusätzliche Insulinbehandlung erforderlich. Vor allem wird eine Insulinzufuhr benötigt, wenn die Therapie erst nach der 24. Schwangerschaftswoche begonnen wurde. Auf diese Weise soll eine erhöht Insulinproduktion des Kindes sowie die Gefahr der Unterzuckerung nach der Geburt verhindert werden.

Ziel dieser Behandlung ist es, die Blutzuckerwerte vor und nach dem Essen zu normalisieren. Nüchtern sollte er unter 90 mg/dl und circa zwei Stunden nach dem Essen unter 120 mg/dl liegen. Oftmals reichen kleine Insulingaben vor den Hauptmahlzeiten, wobei in einigen Fällen zusätzlich vor dem Schlafengehen und eventuell morgens ein lang wirkendes Insulin gespritzt wird. Solche Gaben decken den nahrungsunabhängigen Insulinbedarf ab und verhindern einen hohen Blutzucker vor dem Essen [2].
Aufgrund der Abnahme des Insulinbedarfs, bilden sich bei 98 % der betroffenen Frauen die Symptome der Gestationsdiabetes nach der Schwangerschaft zurück [2].
80 % aller Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickeln, leiden während einer zweiten Schwangerschaft erneut daran [2].

Literatur

  1. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. Kapitel 15, 419 - 422, Urban & Fischer Verlag; München/Jena 2000
  2. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Kapitel 3, 370 - 400, Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2004
     
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