Differentialdiagnosen
Hüftschmerzen (Koxalgie)

Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00-Q99)

  • Hüftdysplasie – angeborene Fehlbildung von Hüftpfanne, die zur angeborenen Hüftluxation führt (Hüftgelenksverrenkung)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – fortschreitende Verengung bzw. Verschluss der die Arme/ (häufiger) Beine versorgenden Arterien, meist aufgrund von Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Lyme-Arthritis (Gelenkentzündung durch Borreliose)

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Leistenhernie (Leistenbruch)

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Atraumatische avaskuläre Hüftkopfnekrose (Gewebeuntergang durch fehlende Durchblutung des Hüftkopfes; hier weder durch Unfall- noch Gefäß- bedingt) – bedingt durch ischämische Unterversorgung (Minderdurchblutung) des Hüftgelenks durch beispielsweise Rauchen, hoher Alkoholkonsum, Übergewicht, Nebenwirkungen von Chemotherapie und Glucocorticoiden; Symptomatik: ähnlich wie bei Coxarthrose (Hüftarthrose), aber viel schnellerer Verlauf
  • Bänderdehung
  • Bursitis trochanterica – Schleimbeutelentzündung im Bereich der Hüfte
  • Bursitis pectinea – Schleimbeutelentzündung im Bereich des Musculus pectineus
  • Coxarthrose (Hüftgelenksarthrose) – häufigste Ursache für eine Koxalgie! Begünstigende Faktoren sind: Fehlstellungen (Hüftdysplasie, Schenkelhals), entzündliche oder traumatische Vorschäden, permanente Fehlbelastungen (X- oder O-Beine), Überbelastungen der Hüftgelenke (Übergewicht, Beinlängendifferenz) und Stoffwechselerkrankungen; Symptomatik: Anlaufschmerz
  • Coxa saltans (schnappende Hüfte)
    • Coxa saltans interna: schmerzhaftes Springen und Reiben der Iliopsoassehne insb. bei Extensionsbewegungen (Streckbewegungen) der Hüfte aus der Flexionsstellung/Beugestellung (> 90°) heraus; Symptomatik: vorderer Hüft-/Leistenschmerz (Hüft-/Leistenschmerzen), der sich durch aktive Extension aus der maximalen Flexion verstärkt
    • Coxa saltans externa: lateralseitiges Überspringen des Tractus iliotibialis bzw. die in ihn inserierenden Sehnenplatten des Glutaeus maximus (großer Gesäßmuskel) oder Tensor fasciae latae über den Trochanter major (Übergangsbereich zwischen dem Oberschenkelkörper (Corpus femoris) und dem Oberschenkelhals (Collum femoris)); häufig bilateral (beidseitig); Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): 5-10 % 
  • Coxitis (Hüftgelenksentzündung), nicht näher bezeichnet; native Hüftgelenksinfektion oder periprothetische Infektion (PPI; s. u. "Operationen"); Risikofaktoren: Adipositas, Diabetes mellitus, maligne Erkrankungen (Krebserkrankungen), rheumatoide Arthritis, Revisionsarthroplastik und Immunsuppression (Unterdrückung der Abwehrkräfte); Symptomatik: lokale Entzündungszeichen (Schwellung, Rötung oder Überwärmung) (kann in jedem Alter auftreten; vorzugsweise jedoch bei Säuglingen oder Kleinkindern < 4 Jahre); 4 Parameter sind diagnoseführend: hohes Fieber, Gehunfähigkeit, erhöhte Blutsenkung (BSG) oder C-reaktives Protein (CRP, Leukozyten > 12.000/µl
    Häufigste Differentialdiagnosen bei Kleinkindern und Kindern (2 bis 10 Jahre) bei Coxitis sind die Coxitis fugax und die idiopathische Hüftkopfnekrose (Morbus Perthes)
  • Coxitis fugax (Hüftschnupfen) – nichtinfektiöse Entzündung des Hüftgelenkes mit Spontanheilung; tritt meist im Rahmen viraler Infekte auf (Atemwege, Gastrointestinaltrakt); Beschwerden: Hüft- oder Knieschmerzen und Schonhinken; Diagnostik: Röntgenbild: Strukturstörung des Hüftkopfes; Sonographie: Erguss; Entzündungsparameter (z. B. CRP): negativ (eine der häufigsten Gründe für eine ärztliche Notfallkonsultation)
    Die Krankheit ist selbstlimitierend; mittlere Symptomdauer ca. 5 Tage, bei protrahiertem Verlauf kann diese bis zu 14 Tage betragen.
  • Epiphysiolysis capitis femoris (ECF, Epiphysenlösung) – durch Lockerung im Epiphysenspalt kommt es zu einem Abrutschen der Wachstumsfuge des Hüftkopfes; Auftreten zwischen dem 9. Lebensjahr und dem Wachtumsabschluss; betroffen sind vor allem Jungen in der Pubertät (ca. >  9. Lebensjahr); Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt etwa 3 : 1; Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) von 10,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner, damit die häufigste Hüfterkrankung bei Adoleszenten; meist sind die Kinder übergewichtig; Patienten klagen typischerweise über Leisten-, Knie und Hüftbeschwerden
    Beachte: Schmerzen im Knie, vergiss die Hüfte nie!
  • Femoroazetabuläres Impingement (FAI); bewegungsabhängige Enge zwischen Hüftkopf und Hüftpfanne (Hüftimpingment); betroffen sind im Regelfall junge, sportliche Männer; kann allerdings auch erst in fortgeschrittenem Alter symptomatisch werden; Symptomatik: einschießende Leistenschmerzen, Einklemmungserscheinungen bei tiefer Hüftbeugung mit Drehung des Beines nach innen; Schmerzen beim langen Sitzen
  • Fibromyalgie (Fibromyalgie-Syndrom)  Syndrom, welches zu chronischen Schmerzen (mindestens 3 Monate) in mehreren Körperregionen führen kann
  • Glutäussehnensyndrom – bedingt durch ansatznahe Risse am Übergang des Glutaeus medius zum Glutaeus minimus bei Schenkelhalsfrakturen
  • Greater-trochanteric-pain-Syndrom (GTPS) – Magnetresonanztomographie  (MRT) und Sonographie zeigen hier Sehnen- und Bursenveränderungen im trochantären Bereich; Symptomatik: lateraler Hüftschmerz mit schmerzhaftem Druckpunkt über dem Trochanter major im Bereich des Ansatzes des Glutaeus medius, ggf. auch etwas kranialer; Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): 10-20 % der Erwachsenenbevölkerung
  • Hüftdysplasie – kongenitale (angeborene) oder erworbene mangelhafte Verknöcherung des Hüftgelenks mit Minderüberdachung des Hüftkopfes; betroffen sind meist jüngere Patienten; Symptomatik: stechende Leistenschmerzen, ggf. auch seitliche Hüft- oder Gesäßschmerzen
  • Hüftgelenksarthritis (Gelenkentzündung des Hüftgelenks) – mögliche Ursachen: rheumatisch, psoriatisch, bakteriell, bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), Gicht
  • Hüftgelenksluxation (Hüftgelenksverrenkung) – dabei verlagert sich der Oberschenkelkopf aus der Hüftpfanne
  • Hüftkopfnekrose – Absterben des Hüftkopfes durch verminderte Durchblutung
    • Risikogruppe: u. a. Patienten mit HIV
  • Iliosakralgelenkblockade – schmerzhafte Blockierung des Darm-/Kreuzbein-Gelenkes
  • Iliosakralgelenk-Syndrom (Erkrankung des Kreuzbein-Darmbein-Gelenks)  Symptomatik: anfallsartig einschießender Kreuz- und Gesäßschmerz, nach Rumpfdrehung/-beugung.
  • Insertionstendinopathie (durch Reizungen am Übergang zwischen Sehnen und Knochen, d.h. im Bereich der Insertion entstehende Schmerzzustände) durch Muskelüberanspruchung
  • Juvenile idiopathische rheumatische Coxitis – chronische entzündliche Erkrankung der Gelenke (Arthritis) des rheumatischen Formenkreises im Kindesalter (juvenil) unbekannter Ursache (idiopathisch)
    Beachte: Hier sollte eine Gelenkspunktion immer erfolgen, wenn eine infektiöse Ursache des Gelenkergusses möglich erscheint
  • Lyme-Arthritis (Gelenkentzündung durch Borreliose)
  • Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) – chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung, die zu Schmerzen und Versteifung der Wirbelsäule und des Iliosakralgelenkes führt
  • Morbus Perthes ‒ aseptische Knochennekrose (Nekrosen (Gewebetod) von Knochen, die in Abwesenheit einer Infektion ("aseptisch") aufgrund einer Minderversorgung mit Blut (Ischämie) entstehen) des Caput femoris (Hüftkopf; Oberschenkelkopf), die im Kindesalter auftritt; ursächlich liegt eine Durchblutungsstörung unklarer Genese vor; klinisches Bild: körperlichen Untersuchung zeigt eine schmerzhaft eingeschränkte Innenrotationsfähigkeit (Innenrotation: wenn eine Drehrichtung von vorne betrachtet nach innen weist) der Hüfte, eine reduzierte Abduktion (Bewegen eines Körperteils von der Körperachse weg) in Hüftstreckung und ein rechtsseitig positives Drehmann-Zeichen (liegt vor, wenn eine 90°-Beugung im Hüftgelenk nur bei Abduktion und Außenrotation des Beins möglich ist)
  • Muskelzerrung (Distension)
  • Osteomalazie (Knochenerweichung)
  • Osteoporose
  • Polymyalgia rheumatica
  • Piriformis-Syndrom – Nervenkompressionssyndrom: Kompression des Nervus ischiadicus (Ischiasnerv) beim Durchtritt durch das Foramen infrapiriforme zwischen Beckenknochen und Musculus piriformis; Symptomatik: ischialgiforme Beschwerden mit Ausstrahlung von glutäal ("auf das Gesäß bezogen") oder teils auch lumbal ("zum Lendenbereich gehörig") entlang des Versorgungsgebiets des N. ischiadicus; Ausstrahlung in die Oberschenkelrückseite; Verstärkung der Beschwerden beim Sitzen und bei Dehnungsstress des Nervs
  • Psoasschmerz – Schmerz im Bereich des Musculus iliopsoas; Muskel, der zur Beugung und Außenrotation des Beines benötigt wird
  • Rheumatische Erkrankungen, nicht näher bezeichnet
  • Spinalkanalstenose (Spinalstenose; Wirbelkanalverengung)

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Knochentumoren (insb. bei Kindern)
  • Metastasen (Tochtergeschwülste), nicht näher bezeichneter Neubildungen (Bronchial-, Mamma-, Nieren-, Prostata- und Schilddrüsenkarzinome sowie das Multiple Myelom)
  • Neubildungen, nicht näher bezeichnet (sowohl gut- als auch bösartig)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Lumbosakrales radikuläres Schmerzsyndrom
  • Meralgia paraesthetica (Synonym: Bernhardt-Roth-Syndrom) – Nervenschmerz durch Kompression des N. cutaneus femoris lateralis unter dem Leistenband
  • Spastische Zerebralparese – bleibende neurologische Störungen, die als Folge zerebraler Schädigung in frühen Entwicklungsphasen; hier: statistisch bedingte muskuläre Dysbalancen, die zu einer Hüftlateralisation ("Verlagerung zu einer Seite hin") und infolgedessen zu einer Hüftluxation führen (Kinder)

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99) 

  • Leistenschmerzen/Leistenschmerz (LS), idiopathische 
    Hinweis: Leistenschmerzen treten vorwiegend in Sportarten mit vielen schnellen Seitbewegungen und Richtungswechsel sowie auch "Stop-and-go- Bewegungen" auf (Fußballspieler und bei Mannschaftssportarten wie Rugby, Football, Eis- und Feldhockey). Per Doha-Konsensus wurde folgende Terminologie und Definition des Leistenschmerzen beim Sportler/Sportlerleiste vorgenommen [1]:
    • klinisches Bild: meist ziehende, teilweise stechende Schmerzen an;  fast immer Ausstrahlung Richtung Oberschenkelinnenseite (Adduktorenansatz) sowie zur Außenseite des Skrotums (Hodensack)
      • Entitäten des Leistenschmerzes (LS): Adduktoren-assoziierter LS, Iliopsoas-assoziierter LS, inguinaler LS und Schambein-assoziierter LS,
      • Hüft-assoziierter Leistenschmerz
    • andere Gründe für Leistenschmerzen beim Sportler
    Ätiologie (Ursachen): umschriebene Schwäche im medialen Anteil der Leistenkanalhinterwand; der Schmerz wird hervorgerufen durch Kompression des R. genitalis des N. genitofemoralis 

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Weitergeleitete Schmerzen von Infektionen der Harnwege

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Fraktur (Knochenbruch)
    • Proximale Femurfraktur – Oberschenkelbruch, der sich auf der zur Körpermitte gerichteten Hälfte des Knochens befindet
    • Hüftkopffraktur
    • Schenkelhalsfraktur
    • Pertrochantäre Femurfraktur – Oberschenkelbruch, der durch den Rollhügel zieht
    • Subtrochantäre Femurfraktur – Oberschenkelbruch, der unter dem Rollhügel entlangzieht
    • Oberschenkelschaftfraktur
    • Azetabulumfraktur (Hüftpfannenbruch)
  • Verletzungen der Hüfte, nicht näher bezeichnet

Operationen

  • Z. n. Totalendoprothese (TEP; künstlicher Gelenkersatz) des Hüftgelenks; Symptomatik: seitliche Hüft- oder Gesäßschmerzen  wg.
    • Glutealinsuffizienz wg. operations- und zugangsbedingter Muskelschäden
    • Psoasimpingement mit der Folge einer chronischen Irritation der Sehne des M. iliopsoas
    • Periprothetischer Infektion (PPI)

Literatur

  1. Weir A et al.: Doha agreement meeting on terminology and definitions in groin pain in athletes. Br J Sports Med 2015;49:768-774
     
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