Kataraktoperation

Bei einer Kataraktoperation (Synonym Operation des grauen Stars; Staroperation) handelt es sich um ein operatives Verfahren der Ophthalmologie (Augenheilkunde) zur Entfernung eines vorliegenden grauen Stars, sodass eine Verbesserung der Sehfähigkeit erreicht werden kann. Als Korrekturmaßnahmen bei einem vorliegenden Katarakt gibt es verschiedene Operationsmethoden.

Als Katarakt wird eine Trübung der unter physiologischen Bedingungen klaren Augenlinse bezeichnet, die in der Regel altersbedingt auftritt und die Sehleistung signifikant reduziert. Als Behandlungsmaßnahmen des Katarakts stellen die Kataraktoperationen den Goldstandard (Verfahren der Wahl) dar. Die verschiedenen Methoden zur Korrektur eines vorliegenden Katarakts werden im Normalfall als ambulanter Eingriff durchgeführt, sodass keine längere Erholungsphase notwendig ist. Die Kataraktoperationen stellen inzwischen eine der am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffe dar, weil sich das Verfahren durch eine hohe Erfolgsrate auszeichnet und nur in sehr seltenen Fällen überhaupt Komplikationen auftreten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Zur operativen Behandlung eines Katarakts:
    • Im Gegensatz zu früheren Operationsmethoden zur Korrektur des Kataraktes werden heute die operativen Verfahren schon bei einer subjektiven Beeinflussung der Sehleistung, die auf einer Trübung der Linse beruht, angewendet.
    • Bei einem fortgeschrittenen Katarakt sollte eine Operation erfolgen, da gegebenenfalls schwer korrigierbare Folgeerscheinungen durch eine rechtzeitige therapeutische Maßnahme verhindert werden können (siehe dazu unter Katarakt/Einleitung).
  • Zur Behebung von Komplikationen (z. B. Engwinkelsituation, Linsenquellung nach Trauma/Verletzung oder im Rahmen vitreoretinaler Eingriffe*, Exotropie/Auswärtsschielen eines Auges)
    *Eingriffe bzgl der vitreoretinale Grenzschicht: diese bezeichnet die Verbindung zwischen dem Glaskörper und der Netzhaut.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Uveitis (Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea), die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht; der Glaskörper kann auch beteiligt sein) – eine Uveitis stellt eine Gegenanzeige dar, weil die vorliegende Entzündungsreaktion durch die Kataraktoperation wieder aufflammen könnte.
  • Alpha-Adrenorezeptorenblocker (Alpha-1-Antagonisten) – kurz vor oder während des Eingriffes dürfen keine Alphablocker zur Blutdrucksenkung bei Kataraktoperationen eingesetzt werden, da sonst ein intraoperatives Floppy-Iris-Syndrom (IFIS) (Symptomenkomplex, der mit einem erhöhten Risiko für intraoperative Komplikationen der Kataraktchirurgie einhergeht. ursächlich ist vermutlich die Wirkung des selektiven Alpha-Adrenozeptorantagonisten (Tamsulosin), der in der Behandlung der benignen Prostatahyperplasie (BPH) eingesetzt wird. Medikamente dieser Gruppe führen am Auge zu einer Irisrelaxation und Miosis durch Alpha-Adrenozeptorblockade des M. dilatator pupillae) droht [6].
    Beim Vorliegen des Syndroms ist eine Folgeoperation notwendig.
  • Bei weiteren Erkrankungen wie dem Diabetes mellitus ist größere Vorsicht bei der Operation geboten. In der Regel stellt dies jedoch keine absolute Kontraindikation dar.  
  • Schwangerschaft und Stillzeit

Vor der Operation

  • Ausmessung des Auges – um eine Operation am Auge durchführen zu können, müssen die genauen Längen- beziehungsweise Volumenmaße bekannt sein, sodass eine optimale Korrektur gewährleistet werden kann.
  • Medikamentenanamnese – Antikoagulantien ("blutverdünnende" Substanzen) wie Marcumar oder Acetylsalicylsäure (ASS) dürfen vor dem Eingriff nicht eingenommen werden.  Auch das Vorliegen einer pathologischen Gerinnungsstörung sollte den Operateur entweder dazu verleiten, den geplanten Eingriff abzusagen oder durch zusätzliche Maßnahmen die Gerinnung zu stabilisieren. Mit Hilfe von Blutuntersuchungen ist es möglich, die Blutgerinnungseigenschaften zu überprüfen und dem Patienten den Eingriff zu ermöglichen. 
  • Allergie – allergische Reaktionen können nicht nur eine subjektive Beeinflussung des Wohlbefindens darstellen, sondern auch die Erfolgswahrscheinlichkeit des Eingriffes bei einer übersteigerten Reaktion auf ein Operationsmaterial deutlich senken. 
  • Narkose – vor dem Beginn des Operationsverfahrens ist eine Anästhesie (Zustand der Empfindungslosigkeit) notwendig. Da es sich jedoch um einen kleinen chirurgischen Eingriff handelt, ist es möglich, entweder eine Lokalanästhesie (lokale Betäubung) oder eine Sedoanalgesie (Dämmerschlaf) durchzuführen. In der Regel wird die Lokalanästhesie gewählt, da sowohl die Applikation mittels Spritze als auch in Form von Augentropfen schonender für den Organismus sind. Des Weiteren muss entschieden werden, ob der Eingriff stationär oder ambulant durchgeführt werden soll. Diese Entscheidung ist hauptsächlich von individuellen Risikofaktoren abhängig.

Die Operationsverfahren

Linsenextraktion

Intracapsuläre cataract extraction (ICCE)

  • Dieses Operationsverfahren wird inzwischen ausschließlich in Ausnahmefällen angewendet, da es auf der Entfernung der Linse einschließlich ihrer Kapsel beruht und des Weiteren kein Einsatz einer Kunstlinse erfolgt. Zur Entfernung der Linse wird diese mit einer Kältesonde in Verbindung gebracht und aus dem Auge gezogen. Dieser Vorgang wird auch als Kryoextraktion bezeichnet.
  • Ohne die Nutzung einer Kunstlinse ist die Anwendung einer "Star-Brille" oder von Kontaktlinsen notwendig. Die Anwendung des Verfahrens ist inzwischen nur noch bei dem Vorliegen einer Schwäche der Zonulafasern angezeigt.

Extracapsuläre cataract extraction (ECCE)

Diese Operationsvariante stellt die aktuell nahezu ausschließlich genutzte Methode für die Korrektur des Kataraktes dar, bei der die hintere Linsenkapsel im physiologischen Zustand erhalten bleibt, sodass die Kunstlinse darin befestigt werden kann. Der trübe Linseninhalt wird aus dem Kapselsack eliminiert. Es werden verschiedene extrakapsuläre Extraktionsvarianten unterschieden:

  • Phakoemulsifikation – diese Methode beinhaltet die ECCE mit einer Linsenkernverflüssigung mit Hilfe von Ultraschallwellen. Bei der Durchführung wird die Vorderkammer am Übergang zwischen Kornea (Hornhaut) und Sklera (Lederhaut) eröffnet. Hierzu wird in der Regel ein kornealer Tunnelschnitt eingesetzt. Nachdem die vordere Linsenkapsel mit Hilfe einer speziellen Mikropinzette eröffnet wurde, kann anschließend der Linsenkern mit Ultraschallwellen verflüssigt werden. Nach der Verflüssigung des Kerns ist es nun möglich, diesen abzusaugen. Mit einem Saugspülgerät wird danach die verbliebene dünne Rindenschicht im Kapselsack abgesaugt. Von entscheidender Bedeutung ist der Erhalt der Hinterkapsel, damit man eine Hinterkammerlinse anstelle der fehlenden Linse applizieren kann.
  • Expression des Kerns – im Gegensatz zur Phakoemulsifikation erfolgt die Entnahme des Linsenkerns nicht über eine Zerkleinerung, sondern stattdessen als ganzer Bestandteil. Zur besseren Entfernung wird der Kern mit einer Flüssigkeit herausgespült. Von besonderem Nutzen ist das Verfahren bei einer massiv getrübten und harten Linse.

Linsenimplantation

Zur Linsenimplantation werden künstliche Blaufilterlinsen (zur möglichen AMD-Prophylaxe?/Prophylaxe der altersbedingte Makuladegeneration) aus Kunststoff verwendet. Hierbei unterscheidet man zwischen Hinterkammerlinsen – nach extrakapsulärer Linsenextraktion und Vorderkammerlinsen – nach intrakapsulärer Linsenentfernung.

Monofokallinse

Alle Arten von Kunstlinsen, die die natürliche Linse ersetzen oder ergänzen, werden als Intraokularlinse (IOL) bezeichnet. Die Standardlinse ist eine Monofokallinse

Da eine Monofokalelinse starr ist und nicht wie eine natürliche Augenlinse an unterschiedliche Entfernungen adaptieren können, muss auch nach der Linsenimplantation eine Brille getragen werden, insbesondere zum Lesen.

Multifokallinse

Eine Multifokallinse korrigiert Kurz-, Weit- und Alterssichtigkeit (Presbyopie) und eine vorhandene Hornhautverkrümmung in einem Eingriff. 

Nachteile einer Multifokallinse sind: 

  • Nachtarbeiter wird von diesem Eingriff abgeraten, da es zu einer erhöhten Licht- und Blendempfindlichkeit kommen kann.
  • Kontraste können bei der Weitsicht manchmal weniger ausgeprägt sein.
  • In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass eine zusätzliche Augenoperation nach einigen Monaten notwendig.

Eine implantierte Linse bleibt für den Rest des Lebens im Auge und muss nicht mehr erneuert oder ausgetauscht werden.

Die Brechkraft des Auges nach Operation ist nah der Zielfraktion: Mehr als 90 % der Patienten zeigen nach der Operation Refraktionsergebnisse, die maximal 1 Dioptrie ( +/- ) von der Zíelfraktion abweichen [7].

Eine Kataraktoperation dauert bei einem geübten Operateur im Durchschnitt 20 bis 30 Minuten und wird jeweils nur an einem Auge durchgeführt.

Nach der Operation

  • Nach dem Eingriff erhält der Patient einen Verband. Es ist vom Patienten darauf zu achten, dass jedwede Manipulation am operierten Auge verhindert wird.
  • Am Folgetag wird vom Operateur eine Kontrolluntersuchung des Auges vollzogen, bei der der Verband entfernt wird. Des Weiteren wird dem Patienten mitgeteilt, wie oft und wann die Applikation von Augentropfen (Antibiotika) notwendig und sinnvoll ist.
  • Prophylaktisch werden antibiotische Augentropfen für 7-14 Tage verordnet, ggf. in Kombination mit steroidhaltigen Tropfen.
  • In den ersten zwei Wochen nach dem Eingriff sollte der Patient
    • beim Duschen besonders vorsichtig sein, da keine reizenden Substanzen wie Seife oder Shampoo ins Auge gelangen sollten.
    • keine körperliche Anstrengung über die normale Hausarbeit hinaus machen.
    • keine Saunagänge machen und öffentliche Schwimmbäder meiden.
  • Autofahren ist erst dann wieder möglich, wenn die Sehkraft ausreichend wiederhergestellt ist. Fragen Sie diesbezüglich ihren behandelnden Augenarzt.
  • Wegen eventueller Lichtempfindlichkeit tragen Sie ebenfalls eine Sonnenbrille.
  • Vermeiden Sie Zugluft.
  • Sportarten, wie Fußball, Tennis oder Tauchen, bei denen größere Kräfte auf das Auge einwirken können, sollten für einen Monat ausgesetzt werden.
  • Verordnung der ersten Sehhilfe je nach Operationstechnik und Bedürfnis des Patienten ca. nach drei Wochen bis drei Monaten.
  • Nach einem, zwei und drei Monaten nach dem Eingriff werden weitere Kontrolluntersuchungen vom behandelnden Arzt durchgeführt. Danach ca. einmal jährlich Nachuntersuchung (z. B. Nachstar)

Mögliche Komplikationen

Akute Komplikationen

  • Entzündung – als Folge der Kataraktoperation können Entzündungsreaktionen auftreten. In klinischen Studien konnten diese durch Erhöhungen der Entzündungsmediatoren (Botenstoffe) nachgewiesen werden.
  • Einreißen der hinteren Linsenkapsel – eine Ruptur der Hinterkapsel stellt eine verhältnismäßig seltene Komplikation dar, die jedoch beispielsweise bei Diabetikern häufiger auftreten kann.
  • Retinaablösung (Netzhautablösung) – sehr seltene Komplikation; beim Auftreten ist eine Retinaoperation unumgänglich.
  • Intraoperatives Floppy Iris-Syndrom (IFIS) – Komplikation, die während der Operation auftritt; charakterisiert durch die Trias einer "undulierenden" Iris (wellenförmige Bewegung der Regenbogenhaut des Auges), Irisvorfall sowie intraoperativer progredienter Miosis (fortschreitende Pupillenverengung); Assoziation mit dem selektiven Alpha-1A-Rezeptorantagonist Tamsulosin ist beschrieben [8]. Häufigkeit: ca. 1,2 %.
    Fazit: Tamsulosin sollte so früh wie möglich vor einer Kataraktoperation abgesetzt werden.

Chronische Komplikationen

  • Nachstar – diese Komplikation basiert auf einer Trübung der Hinterkapsel, die auf verschiedenen Ursachen beruhen kann. Eine mögliche Entstehungsursache ist eine verstärkte Regeneration des verbliebenen Epithels.

Weitere Hinweise

  • Eine Kataraktoperation war in einer prospektiven Beobachtungsstudie mit einem signifikanten Rückgang des Demenzrisikos um 29 % verbunden [9].
  • Pro und Contra für die zeitgleiche Operation beider Augen: Eine Cochrane-Analyse auf der Basis von 14 Studien mit 276.260 Teilnehmenden ergab keinen wesentlichen Unterschied zwischen einer Operation beider Augen am selben Tag gegenüber einer Operation an verschiedenen Tagen in Bezug auf die klinischen Ergebnisse: Endophthalmitis (Entzündung des Augeninneren), Notwendigkeit einer Brillenkorrektur nach der Operation, Komplikationen und Sehvermögen mit Brille [10].
    Einschränkung: Die Autoren geben die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz je nach Endpunkt zwischen „sehr gering“ und „moderat“ an.

Literatur

  1. Herrmann WA, Heimann H, Helbig H: Kataraktoperation. Der Ophthalmologe. 2010. 107:975-986
  2. Schneider M, Puls S, Dick HB: Postoperative Komplikation nach Kataraktoperation. Der Ophthalmologe. 2002. 99:392-393
  3. Grehn F: Augenheilkunde. Springer Verlag 2008
  4. Mayer S, Wirbelauer C, Häberle H, Altmeyer M, Pham DT: Zur Notwendigkeit eines Augenverbandes nach Kataraktoperation in Tropfanästhesie. Klinisches Monatsblatt Augenheilkunde. 2005 . 222:41-45
  5. Kanski J:Diagnoseatlas Augenheilkunde. Urban & Fischer Verlag 2007
  6. Handzel DM, Briesen S, Rausch S, Käble T: Kararaktchirurgie bei Patienten unter Therapie mit Alpha-1-Antagonisten. Dtsch Arzteblatt Int 2012; 109(21): 379-84. doi: 10.3238/arztebl.2012.0379
  7. Simon SS et al.: Achieving target refraction after caract surgery. Ophtalmology 2014; 121:440-4
  8. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Intraoperatives Floppy-Iris-Syndrom im Zusammenhang mit Tamsulosin („UAW-News International“) Deutsches Ärzteblatt, Jg. 117, Heft 37, 11.09.2020
  9. Lee CS et al.: Association Between Cataract Extraction and Development of Dementia JAMA Intern Med. Published online December 6, 2021. doi:10.1001/jamainternmed.2021.6990
  10. Dickmann MM et al.: Immediate sequential bilateral surgery versus delayed sequential bilateral surgery for cataracts Cochrane Library Version published: 25 April 2022 https://doi.org/10.1002/14651858.CD013270.pub2

     
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