Ursachen
Lactoseunverträglichkeit (Lactoseintoleranz)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Lactose wird normalerweise im Dünndarm durch das Lactose-spaltende Enzym Lactase (ß-Galaktosidase) aufgespalten. Wenn dieses Enzym nicht ausreichend gebildet wird bzw. fehlt, kommt es bei den betroffenen Personen zur Maldigestion (unzureichenden Aufspaltung der Nahrungsbestandteile). Mit der Folge, dass es durch die Anreicherung von Lactose, in osmotisch wirksamer Form, in tieferen Abschnitten des Dünn- und Dickdarms sowie deren verstärkten mikrobiellen Abbau, wobei Methan, Kohlendioxid, Wasserstoff etc. entstehen, zu abdominalen Beschwerden unterschiedlichen Ausmaßes kommt. Dabei können unter anderem Flatulenzen (Blähungen) und Diarrhöen (Durchfälle) entstehen.

Zu den verschiedenen Formen der Lactoseintoleranz gehören der primäre Lactasemangel (unterteilt in heriditären/kongenitalen (angeborenen) und erworbenen Lactasemangel) und der sekundäre Lactasemangel (krankheitsbedingter Lactasemangel).

Primärer Lactasemangel

Der hereditäre Lactasemangel (Synonym: kongenitaler Lactasemangel) ist äußerst selten und führt bereits beim Säugling zu Diarrhöen (Durchfällen). Ursache für den hereditären Lactasemangel ist ein Gendefekt, wodurch das Enzym Lactase bereits von Geburt an fehlt oder nur in sehr geringem Maße gebildet werden kann (Alactasie). Weltweit sind von dieser Krankheit nur ein Dutzend Fälle beschrieben.

Der erworbene Lactasemangel (primärer Lactasemangel) ist die häufigste Form der Lactoseintoleranz. Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 7-22 % (in Deutschland). Die Lactaseaktivität im Dünndarm nimmt mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab. Die Ursachen hierfür sind noch weitgehend unbekannt. Vermutet wird, dass durch die altersbedingten Veränderungen der Darmmukosaoberfläche (Oberfläche der Darmschleimhaut) die Aktivität der Lactase beeinträchtigt wird. Des Weiteren wird eine Schädigung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut) durch Virusinfekte diskutiert
Bei ca. 70 % der Weltbevölkerung sinkt die Aktivität der Lactase nach dem Abstillen auf 10 % der Ursprungsaktivität ab und stellt den häufigsten Grund für einen Enzymmangel da. In Ländern mit hoher Prävalenz einer Lactoseintoleranz (wie z. B. Asien oder Afrika = ethnisch bedingter Lactasemangel) geschieht dies bereits im Alter von 2 bis 3 Jahren, wohingegen in Deutschland die Enzymaktivität erst im Jugendalter abnimmt.

Sekundäre Lactasemangel

Der sekundäre Lactasemangel ist die Folge einer Schädigung der Oberfläche des Dünndarmepithels durch eine andere Krankheit (transitorischer Laktosemangel). Die Art der Schädigung ist dabei gleichgültig. Bereits eine Verminderung der Resorptionsfläche führt zu einer funktionellen Einschränkung der Laktoseaktivität, da dieses Enzym in den sogenannten Mikrovilli ansässig ist. Häufig kommt es beispielsweise bei der Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie) zu einer Lactoseintoleranz. Bei völligem Verzicht auf die spezifischen Nahrungsbestandteile, heilt die Grunderkrankung ab und der sekundäre Mangel bildet sich zurück. Auch nach einer Magenresektion (Magenteilentfernung) oder nach einer Antibiotikatherapie entwickelt sich bedingt durch die unphysiologische Belastung des Dünndarms (Dysbiose) in vielen Fällen ein Lactasemangel.

Hinweis!
Die individuell vertragenen Mengen an Lactose sind sehr unterschiedlich.
Üblicherweise vertragen Personen mit Lactoseunverträglichkeit Mahlzeiten mit Mengen bis zu 12.000 mg Lactose, ohne Symptome einer Lactoseunverträglichkeit zu zeigen! In wenigen Einzelfällen lösen Mengen ab 3.000 mg Lactose Symptome aus. (EFSA, 2010). Darüber hinaus gibt es einen kleinen Personenkreis, der eine Störung im Galactosestoffwechsel (sog. Galaktosämie) hat und sich praktisch galactosefrei und somit auch lactosefrei ernähren muss.

Neben der Lactoseintoleranz kann auch die Glucose-Galactose-Malabsorption (schlechte "Aufnahme" von Glucose und Galactose) Ursache für gastrointestinale Symptome (Beschwerden des Magen-Darm-Traktes) nach Zufuhr von Lactose sein, da Lactose vor ihrer Resorption hydrolytisch in Galactose und Glucose gespalten wird.
Bei der Glucose-Galactose-Malabsorption handelt es sich um eine seltene autosomal-rezessive Erkrankung, bei der der Transport von Glucose und Galactose in die intestinalen Mucosazellen (Schleimhautzellen des Darms) gestört ist. Die nicht resorbierten Monosaccharide bewirken einen osmotischen Wassereinstrom in das intestinale Lumen (Darm), was zu teilweise schweren Diarrhöen (Durchfällen) führen kann. Die Symptome der Glucose-Galactose-Malabsorption können durch eine auf Fructose basierenden Diät, die frei bzw. arm an Glucose, Galactose, Lactose und Saccharose ist, eingedämmt werden.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: MCM6
        • SNP: rs4988235 im Gen MCM6
          • Allel-Konstellation: CT (20 % sind lactoseintolerant)
          • Allel-Konstellation: CC (77 % sind lactoseintolerant)
  • Ethnische Herkunft
    • Unterschiedliche Häufigkeit des Lactasemangels in den verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen:
      • Asien 80-100 %
      • Afrika 70-95 %
      • USA 15-80 %
      • Europa 15-70 %
      • Deutschland ca. 15 %
  • Hauttyp – Dunkelhäutigkeit (Lactasemangel)
  • Lebensalter – mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Lactaseaktivität im Dünndarm kontinuierlich ab

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Chronischer Alkoholabusus

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Akute Gastroenteritiden (Magen-Darm Infektionen) → passagere sekundäre Lactoseintoleranz
  • Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms (engl. small intestinal bacterial overgrowth sndrome, (SIBOS))
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn
  • Infektiöse Enteritis und Infektionserkrankungen  passagere sekundäre Lactoseintoleranz
    • Enteropathogene Escherichia coli (EPEC)
    • HIV
    • Norovirusinfektion
  • Intestinale Lymphangiektasien (Lymphgefäßerweiterungen im Darm)
  • Kurzdarmsyndrom – Malabsorptionsymptome, z. B. aufgrund einer Dünndarmresektion (Dünndarm Teilentfernung)
  • Morbus Whipple – chronische Infektionserkrankung, die durch die Actinomycete Tropheryma whippelii (grampositives Stäbchenbakterium) verursacht wird und den Dünndarm betrifft.
  • Strahleninduzierte Enteritis (Darmentzündung; Bestrahlung im Rahmen einer Tumortherapie)
  • Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie) – chronische Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht

Medikamente

  • Antibiotika
  • Zytostatika

Weitere Ursachen

  • Gastrektomie (vollständige Magenentfernung) bzw. Magenresektion (Teilentfernung des Magens); Teilresektion des Dünndarms
  • Chemotherapie
  • Radiatio (Strahlentherapie)
     
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