Skelettreifebestimmung

Die Skelettreifebestimmung ist ein wichtiges Verfahren zur Beurteilung des Knochenalters. Skelettreife bedeutet, dass sowohl das Längen- als auch das Dickenwachstum der Knochen beendet ist und das Skelett seine endgültige Form erreicht hat. Veränderungen, denen das erwachsene Skelett zeitlebens ausgesetzt ist, sind nicht zu vernachlässigen, allerdings hier nicht von Bedeutung.

Die Bestimmung der Skelettreife dient folgenden Zwecken:

  • Beurteilung des Entwicklungsstadiums des Skeletts
  • Prognose der zu erwartenden Körpergröße 
  • Prognose der noch zu erwartenden Wachstumsdauer

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Entwicklungs- und Wachstumsstörungen – die Ursachen können genetisch bedingt, durch äußere Umstände wie Mangelernährung hervorgerufen oder die Folge vielfältiger Krankheitsbilder sein
  • Endokrinologische Erkrankungen mit Wachstumsstörungen – z. B. hypophysärer Kleinwuchs durch Mangel an STH (Wachstumshormone)
  • Forensischer Bestimmung des biologischen Alters
  • Bestimmung der Wachstumsdauer und der zu erwartenden Körpergröße 

Das Verfahren

Unter physiologischen (normalen, gesunden) Bedingungen erreicht das Skelett unterschiedliche Reifestadien, die chronologisch einem bestimmten Alter zugeordnet werden können. Wichtige Anhaltspunkte sind die Ossifikation bestimmter Skelettanteile (einige Knochenelemente bestehen zunächst aus Knorpel und verknöchern während des Wachstums) und die Epiphysenfuge (Wachstumsfuge). Die Epiphysenfuge schließt sich in der Regel um das 18. Lebensjahr herum – bei Frauen eher früher, bei Männern tendenziell später. Das Längenwachstum der Röhrenknochen (z. B. Femur – Oberschenkelknochen) findet beidseits an den Epiphysen durch enchondrale Ossifikation statt.
Dazu eine Erklärung: ein Röhrenknochen besteht aus der Diaphyse (Knochenschaft) und zwei Epiphysen (Knochenendstücke). Die Epiphysenfuge, die zwischen Diaphyse und Epiphyse liegt, ist die Wachstumszone des Knochens und besteht aus Knorpel, der im Laufe des Wachstums verknöchert.
Anhand der Epiphysenfuge kann röntgenologisch das noch zu erwartende Wachstum ermittelt werden. In der Regel werden häufig zwei verschiedene Methoden zur Skelettreifebestimmung angewendet:

  • Beurteilung des Knochenalters nach Greulich und Pyle: Anhand eines Röntgenbildes der linken Hand kann über das charakteristische Ossifikationsmuster (Verknöcherungsmuster) der einzelnen Handknochen das Knochenalter bestimmt werden, da sich die Verknöcherung nach einer gesetzmäßigen Reihenfolge vollzieht.
  • Beurteilung der Darmbeinapophysen nach Risser: Anhand eines Röntgenbildes des Beckens wird das Fortschreiten der Ossifikation der Darmbeinapophyse beurteilt (eine Apophyse ist ein Knochenkern, der sich zu Knochenvorsprüngen entwickelt und meist als Ansatz für Muskeln und Bänder dient).
    Risser teilt diesen Prozess in sechs verschiedene Stadien ein:
    • Risser 0 – Die Apophyse ist nicht sichtbar [restliches Wirbelsäulenwachstum: > 5 cm]
    • Risser 1 – Die Apophyse beginnt sich lateral zu entwickeln und beträgt bis zu 25 % des Darmbeinkammes [restliches Wirbelsäulenwachstum: 4 cm]
    • Risser 2 – Die Apophyse erstreckt sich bis zu 50 % des Darmbeinkammes [restliches Wirbelsäulenwachstum: 3 cm]
    • Risser 3 – Die Apophyse umfasst bis zu 75 % des Darmbeinkammes [restliches Wirbelsäulenwachstum: 2 cm]
    • Risser 4 – Die Apophyse ist komplett über dem Darmbeinkamm sichtbar [restliches Wirbelsäulenwachstum: 1 cm]
    • Risser 5 – Die Darmbeinkammapophyse ist mit dem Ilium (Darmbein) fusioniert [restliches Wirbelsäulenwachstum: 0 cm]

Hinweis: Ein mobiler Ultraschall-Handscanner zur Altersschätzung, der die Verknöcherung der Epiphysenfuge misst, befindet sich in der Phase der klinischen Evaluation [Quelle: Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT und die Universität des Saarlandes, 2019].

Beachte: Gerade endokrinologische Erkrankungen können einen erheblichen Einfluss auf das Knochenwachstum haben und es stark verzögern oder beschleunigen. Bei der Beurteilung des Knochenalters muss außerdem das Geschlecht berücksichtigt werden, da der Ossifikationstand in einem bestimmten Alter bei Mädchen stärker fortgeschritten ist als bei Jungen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Skelettreifung individuell verschieden ist und einer gewissen Streubreite unterliegt.

Die Skelettreifebestimmung dient sowohl der Wachstumsprognose als auch der ergänzenden Diagnostik bei krankheitsbedingten Entwicklungs- und Wachstumsstörungen.

Literatur

  1. Authorsen SE: Orthopädie und orthopädische Chirurgie: Wirbelsäule, Thorax 61 Tabellen. Georg Thieme Verlag 2004
  2. Rössler H: Orthopädie und Unfallchirurgie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005
  3. Matzen P: Kinderorthopädie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2007

     
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