Samenzelluntersuchung (Spermiogramm)

Bei einem Spermiogramm (Synonyme: Samenzelluntersuchung; Ejakulatanalyse) handelt es sich um eine quantitative und qualitative Analyse der Spermatozoen (Samenzellen).

Das Spermiogramm stellt eine wichtige Untersuchungsmethode im Rahmen der Sterilitäts- bzw. Fertilitätsdiagnostik dar.

Das Verfahren

Das Ejakulat (Samenerguss) sollte nach 2-7 Tagen sexueller Karenz gewonnen werden. Da die Motilität der Spermatozoen (Spermienbeweglichkeit) nach sechs Tagen sinkt, sollte eine längere Karenzzeit vermieden werden. Falls zwei Spermiogramme miteinander verglichen werden sollen, ist auf eine gleiche Karenzzeit zu achten.

Nachfolgende wichtige Hinweise, die vor der Ejakulatgewinnung unbedingt einzuhalten sind!

Ejakulatgewinnung

  1. Blase entleeren
  2. Hände und Penis gründlich waschen; dabei desinfizierende Substanzen (z. B. Alkohol) vermeiden und Seifenreste gründlich entfernen
  3. Ejakulat in einem sterilen Gefäß "auffangen" bzw. verwahren
  4. Frisch ins Labor bringen

Das Ejakulat sollte umgehend zur Untersuchung ins Labor gebracht werden, um eine Verfälschung des Untersuchungsergebnisses zu vermeiden. Wichtig für die Aufbewahrung des Ejakulates beim Transport ist, dass dieses nicht in einem handelsüblichen Kondom aufbewahrt wird, da dieses im Regelfall spermatozide Wirkstoffe enthält, das heißt Substanzen, die Spermien abtöten. Die ideale Transporttemperatur liegt bei externer Abgabe bei 20-37 °C.

Das Ejakulat sollte nach der Abgabe verflüssigt und zeitnah (< 1 Stunde) untersucht werden.

Der Untersuchung erfolgt im Regelfall computergestützt mikroskopisch mittels eines Bildanalyseprogramms. Dabei werden u. a. beurteilt: Motilität (Beweglichkeit), die Konzentration (Anzahl der Spermatozoen pro Milliliter) und die Morphologie (Gestalt; normal geformt) der Spermatozoen. Des Weiteren werden durch den Untersucher sämtliche Beimengungen des Ejakulates beschrieben und beurteilt (z. B. Vorkommen von Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Bakterien etc.
Eventuelle Bakterien werden durch eine bakteriologische Untersuchung differenziert, das heißt die Keimart und deren Dichte [KBE/ml]
wird festgestellt.

Normwerte

Die Normalwerte des Spermas in der mikroskopischen Untersuchung (laut WHO-Richtlinien 2010 [1, 2]); (in runden Klammern die 5. Perzentile und 95 %-Konfidenzintervall) [bisher gültige Abgaben aus dem Jahre 1993 in eckigen Klammern]

Parameter Referenzbereich Hinweise
Ejakulatvolumen ≥ 1, 5 ml (1,4-1,7) [2 ml]  
Spermatozoenkonzentration > 15 Millionen/ml (12-16) [20 Millionen/ml]  
Gesamtspermatozoenzahl ≥ 39 Millionen/ Ejakulat (33-46)  
Motilität ≥ 32 % (31-34) progressiv beweglich [50 %] A- und B-Motilität der WHO-Klassifikation von 1999
≥ 40 % (38-42) Gesamtmotilität Summe der progressiv und nicht progressiven Spermien (gemäß WHO, 1999: A-, B- und C-Motilität)
Morphologie ≥4 % normal geformte [30 %]  
Vitalität ≥ 58 % (55-63) [75 %] Färbung mit Eosin; avitale Spermatozoen werden rot gefärbt
pH-Wert 7,2-8,0
  • pH > 8,0: Verdacht auf eine Infektion gegeben.
  • pH < 7,2: kann ein Hinweis auf eine Missbildung oder einen Verschluss des Samenleiters, der Samenblasen oder des Nebenhodens
Peroxidase-positive Zellen (Leukozyten) < 1 Million/ml
  • > 1 Million Peroxidase-positiver Zellen/ml: Infektion der akzessorischen Drüsen wahrscheinlich
Rundzellen < 1 Million/ml
  •  > 1 Million immaturer (unreifer) Keimzellen:  testikuläre Schädigung (Hodenschädigung)

Daneben werden ggf. weitere Untersuchungen des Ejakulats durchgeführt.

Normalwerte

  • MAR-Test (Mixed-Antiglobulin-Reaction-Test): positiv bei Nachweis > 10 % IgG- bzw. IgA-Antikörper-gebundener Spermatozoen; bei > 50 % ist eine immunologisch bedingte Infertilität wahrscheinlich
  • Alpha-Glukosidase (Enzym): ≥ 20 mU
  • Carnitin*: ≥ 24 μg/ml
  • Citrat: ≥ 52 µmol Citrat enthalten
  • Saure Phosphatase:  ≥ 200 U
  • Fructose**: ≥ 13 µmol (1,2-5,2 mg/ml)
  • Zink: ≥ 2,4 µmol

*Carnitin ist ein Marker der Nebenhodenfunktion. Bei Azoospermie aufgrund eines beidseitigen Verschlusses des Ductus deferens (Samenleiter) werden sehr niedrige Werte gefunden. Bei chronischer Epididymitis (Nebenhodenentzündung) ist Carnitin ebenfalls vermindert.

**Erhöhte Fructosewerte finden sich bei: Entzündungen der Bläschendrüse (Glandula vesiculosa, Vesicula seminalis).
Verminderte Werte finden sich bei: Verschluss des Ductus ejaculatorius ("Spritzkanal") sowie bei kongenitaler (angeborener) Anlagestörung des Ductus ejaculatorius oder des Vas afferens oder der Bläschendrüse.

Normwerte bzw. Kategorien der Sperma-Pathologie (laut WHO-Richtlinien 2012; bisher gültige Abgaben aus dem Jahre 1993 in runden Klammern)

  Spermatozoenzahl
(Millionen/Milliliter)
Morphologie
(% normal)
Motilität
(%)
Normozoospermie > 15 (20) > 4 (60) > 32 (60)
Oligozoospermie* < 15 (20) < 4 (60) < 32 (60)
Asthenozoospermie* > 15 (20) > 4 (60) < 32 (60)
Teratozoospermie* > 15 (20) < 4 (60) < 32 (60)
Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom
(OAT-Syndrom)
*Alle drei Parameter sind vermindert
Nekrozoospermie Unterschiedlich 4 (60) Alle avital
Kryptozoospermie < 1 Million Spermatozoen/ml
Azoospermie Spermatozoen sind weder nativ noch im Zentrifugat nachweisbar.
Aspermie Kein Ejakulat 
Hypospermie/Parvisemie Ejakulatvolumen < 1,5 ml

Mikrobiologie des Ejakulates

Bedingungen für eine antibiotische Therapie:

  1. Positive Ejakulatkultur: >103 Keime/ml (relevante Keimart)
  2. Leukospermie: >106 Leukozyten/ml

Eine bakteriologische Ejakulatuntersuchung besteht aus: Bestimmung der Keimart und Keimzahl [KBE/ml] inklusive eines Resistogramms!

Weitere Hinweise

  • Bei einer Oligozoospermie ist Abstinenz kein Vorteil (im Vergleich zur Normozoospermie): Mit der Abstinenzzeit verschlechterten sich signifikant einige Qualitätsparameter [4]:
    • Bewegliche Spermien:
      • nach bis zu zwei Tagen 38 %
      • nach ≥ 8 Tage 27 %
    • Anteil progressiv beweglicher Spermien
      • nach bis zu zwei Tagen 26 % auf 17 % ab
      • nach ≥ 8 Tage 17 %
    • Vitalität:
      • nach bis zu zwei Tagen 39 %
      • nach 5-7 Tagen 33 %
  • Spermaqualität korreliert langfristig mit dem Gesundheitszustand von Männern: Spermatozoen-Konzentrationen < 15 Millionen/ml zeigten eine eindeutige Assoziation mit einer späteren Hospitalisation, das heißt die Wahrscheinlichkeit erstmals stationär behandelt werden zu müssen (50 % höher als bei Männern mit > 40 Millionen/ml) [3].
  • Elektromagnetische Felder: Häufige Nutzung von Mobiltelefonen reduziert die Spermienkonzentration (-21 %); Motilität und Morphologie der Spermien wurde jedoch nicht beeinflusst. Bei Wechsel von 2G auf 3G und von 3G auf 4G) wurde der Zusammenhang jedoch schwächer [5].

Literatur

  1. World Health Organization: WHO laboratory manual for the examination and processing of human semen. 5th edn. World Health Organization. (‎2010)‎
  2. Cooper TG, Noonon E, Eckarstein S et al.: World Health Organization reference values for human characteristics. Human Reproduction Update, Vol. 16, No.3 pp.231-245, 2010
  3. Latif T et al.: Semen Quality as a Predictor of Subsequent Morbidity: A Danish Cohort Study of 4,712 MenWith Long-Term Follow-up. Am J Epidemiol 2017; online 12. Juni. doi: 10.1093/aje/kwx067
  4. Keihani S et al.: Impacts of Abstinence Time on Semen Parameters in a Large Population Based Cohort of Subfertile Men. Urology 2017, online. doi: 10.1016/j.urology.2017.06.045
  5. Rahban R et al.: Association between self-reported mobile phone use and the semen quality of young men Sciene Direct Fertility and Sterility 1 November 2023 https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2023.09.009

     
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