Ursachen
Oxidativer Stress (inkl. nitrosativer Stress)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Oxidativer bzw. nitrosativer Stress entsteht, wenn die zelluläre antioxidative Abwehr zu gering ist, um die reaktiven Sauerstoffradikalen zu kompensieren: Als Zwischenprodukte des Stoffwechsels entstehen Freie Radikale ständig in jeder Zelle des menschlichen Körpers. Die Sauerstoffverbindungen mit ungepaarten Elektronen sind bestrebt, einem anderen Atom oder Molekül Elektronen zu entreißen. Sie reagieren mit diesen und bilden dabei neue Radikale, die wiederum anderen Substanzen ebenfalls Elektronen entreißen und es kommt in einer Kettenreaktion zur stetigen Vermehrung der Radikale im Körper (= oxidativer Stress/nitosativer Stress)

Physiologische Bildung von reaktiven Sauerstoff-Spezies (ROS) und N-Spezies (RNS)

  • Mitochondriale Atmung (eine Zelle benötigt 1012 Moleküle O2 pro Tag) [überwiegend Anteil]
  • Bei der Aktivierung von Granulozyten (gehören zu den weißen Blutkörperchen) und Makrophagen (Fresszellen)
  • Fenton-Reaktion – durch Eisenverbindungen katalysierte Oxidation organischer Substrate mit Wasserstoffperoxid in saurem Medium. Fenton-ähnliche Reaktionen können auch unter Beteiligung anderer niedervalenter Metallkomplexe wie Cu(II), Ti(III), Cr(II) oder Co(II) stattfinden. Die Fenton-Reaktion wird als eine der wesentlichen Quellen der reaktiven Sauerstoffspezies in der Zelle gesehen (= oxidativer Stress)
  • Durch Oxidasen wie beispielsweise Monoaminooxidase, Xanthinoxidase, L-Aminooxidase, Tyrosinhydrolase, Flavinoxidase etc.
  • Im Arachidonsäuremetabolismus

Das Stickstoffmonoxidradikal wird von der NO-Synthase (NOS) unter Abspaltung vom Arginin gebildet: Arginin + O2 + (NO-Synthase) → NO. + Citrullin

Es gibt 4 Isoenzyme der NO-Synthase:

  • Mitochondriale NO-Synthase (mtNOS): aktiv in den Mitochondrien ("energiekraftwerke), verstärkte NO.-Synthese bei Hypoxie (Sauerstoffmangel)
  • Endotheliale NO-Synthase (eNOS): aktiv im Gefäßendothel (innere Wandschicht der Blutgefäße), relaxiert die glatten Muskelzellen der Gefäße
  • Induzierbare NO-Synthase (iNOS): entsteht in Leukozyten und Makrophagen, aktiv ubiquitär im ganzen Organismus, bildet bei Entzündungen große Mengen an NO., welches bakterizid (bakterientötend) bzw. viruzid (virentötend) wirkt
  • Neuronale NO-Synthase (nNOS): entsteht in Gliazellen, aktiv in Neuronen, NO. wirkt hier als Transmitter (Überträgerstoff)

Zellen halten eine Homöostase (Fließgleichgewicht) zwischen Bildung und Abbau von reaktiven Sauerstoff-Spezies (ROS) und N-Spezies (RNS). Erhöhte Konzentrationen von ROS und RNS führen zu strukturellen und funktionellen Veränderungen von Proteinen, Lipiden und Nukleinsäuren.

Antioxidative Substanzen (AO) tragen zur Balance oxidativer und antioxidativer Prozesse bei. 

Klassische Antioxidantien sind die Vitamine A, C und E. Des Weiteren gibt es ein endogenes antioxidatives Enzymsystem, dazu gehören die Superoxyddismutase (SOD), welche die Reduktion von O2 zu H2O2 katalysiert, was durch Katalasen zu H2O und O2 weiter reduziert wird, und die Gluthationperoxidase (GPX), die nicht nur H2O2, sondern auch Lipidperoxide reduziert.

Ätiologie (Ursachen) des oxidativen bzw. nitrosativen Stress

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern (genetische Individualität, das bedeutet genetisch bedingte unterschiedliche Ausstattung z. B. mit Scavenger-Enzymsystemen)
    • Genetische Erkrankungen
      • Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang mit vermehrter Ablagerung von Eisen als Folge einer erhöhten Eisenkonzentration im Blut mit Gewebeschädigung 
  • Lebensalter – zunehmendes Alter

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mangel- und Fehlernährung – inklusive Über- und Unterernährung
    • Mikronährstoffarme Ernährung (wenig Getreideprodukte, weniger als 5 Portionen Gemüse und Obst (< 400 g/Tag; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst), wenig Milch und Milchprodukte, weniger als ein bis zweimal Fisch pro Woche etc) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) – die Substanzen, die mit einem einzigen Zug aus einer Zigarette eingeatmet werden, bilden in der Lunge 1015 freie Radikale – hundertmal mehr, als wir selbst Körperzellen besitzen. Bei der Entgiftung des gleichzeitig eingeatmeten Teers entstehen zusätzlich noch einmal 1014 freie Radikale.
  • Körperliche Aktivität
    • Extreme körperliche Arbeit
    • Leistungs- und Hochleistungssport

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Akute und chronische Entzündungen/Infektionen [Proinflammatorische Zytokine, z. B. Interferon-γ stimulieren die zelluläre Immunantwort → Leukozyten ↑ und Makrophagen↑ → Stickoxidradikale (NO.)↑)
  • Atherosklerose (Arteriosklerose; Arterienverkalkung]
  • Depression [2]
  • Hyperglykämie (Überzuckerung) /Diabetes mellitus [Bildung von Superoxid-Anion (O2–.); posttranslationale Glykierung/fortgeschrittene glykierte Endprodukte → Bildung weiterer Oxidantien]
  • Hypertonie (Bluthochdruck) [Synthese von Oxidantien innerhalb der Endothelzelle]
  • Lungenerkrankungen wie beispielsweise Adult Respiratory Distress Syndrome (ARDS), Asthma bronchiale, Lungenemphysem, Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD)
  • Neurodegenerative Erkrankungen wie beispielsweise Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, amyotrophische Lateralsklerose (ALS)
  • Parodontitis

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Malonaldehyd (MDA), 4-Hydroxy-2-Nonenal (HNE), 2-Propenal (Acrolein) und oxidiertes LDL (oxLDL) – indirekte Indikatoren des oxidativen Stresses (als Endprodukte der Lipidperoxidation)
  • 8-Hydroxy-2-Desoxyguanosin (OHDG) – Marker der Nukleinsäureoxidation

Medikamente

  • Antibiotika (z. B. Doxycyclin) [NO-Stress]
  • Hormonelle Kontrazeptiva (Antibaby-Pille) – bei 40- bis 48-jährigen Frauen, die orale Kontrazeptiva anwandten, wurde eine signifikant verstärkte Peroxidation von Lipiden registriert [1]. Dieses kann ein Hinweis für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko sein.
  • Zytostatika

Röntgenstrahlen

  • Radiatio (Strahlentherapie) bei Tumorerkrankungen
  • Ionisierende Strahlen

Operationen

Umweltbelastung – Intoxikationen

  • Beruflicher Kontakt mit Karzinogenen
  • Leberschädigungen durch beispielsweise Tetrachlorwasserstoff-Vergiftung, Ethanol (Äthanol; Alkohol) etc.
  • UV-Strahlung (z. B. Sonnenlicht, Solarium)

Literatur

  1. Pincemail J, Vanbelle S, Gaspard U, Collette G, Haleng J, Cheramy-Bien JP, Charlier C, Chapelle JP, Giet D, Albert A, Limet R, Defraigne JO: Effect of different contraceptive methods on the oxidative stress status in women aged 40-48 years from the ELAN study in the province of Liege, Belgium. Hum Reprod. 2007 Aug;22(8):2335-43. Epub 2007 Jun 20.
  2. Black CN: Is depression associated with increased oxidative stress? A systematic review and meta-analysis. doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.psyneuen.2014.09.025
     
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