Einleitung
Tuberkulose

Die Tuberkulose (Tb; Tbc) – umgangssprachlich Schwindsucht genannt – (Synonyme: Morbus Koch; Tb; Tbc; Tuberculosis; ICD-10-GM A15.-: Tuberkulose der Atmungsorgane, bakteriologisch, molekularbiologisch oder histologisch gesichert) ist eine Infektionskrankheit, die durch die Erreger des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes ausgelöst wird. Im Mycobacterium-tuberculosis-Komplex werden Mycobacterium tuberculosis, M. africanum, M. bovis, M. microti, M. canetti u. a. zusammengefasst.

In 80 % der Fälle ist die Erkrankung auf die Lunge beschränkt (pulmonale Form), nur 20 % zeigen sich extrapulmonal (betreffen andere Organe). Typische Manifestationsorte der extrapulmonalen Tuberkulose sind der Urogenital- und Darmtrakt, extrathorakale Lymphknoten sowie Knochen und Gelenke.

Von einer "aktiven Tuberkulose" spricht man, wenn Symptome einer floriden Erkrankung nachzuweisen sind. Typische Aktivitätszeichen sind unter anderem: positiver Erregernachweis im Ausstrich oder durch Histologie.

Eine "offene" Tbc liegt vor, wenn der Erreger durch Körpersekrete wie Sputum (Auswurf) oder Urin auf natürlichem Weg nach außen gelangt. Der Patient gilt in diesen Fällen als hochinfektiös und muss umgehend  isoliert werden!

Die Tuberkulose gilt heute als die häufigste zum Tode führende Infektionserkrankung bei Jugendlichen und Erwachsenen und ist bei HIV-Infizierten die häufigste Todesursache. Sie gehört zu den 10 häufigsten Todesursachen weltweit.

Erregerreservoir: Der Mensch stellt zurzeit das einzige relevante Erregerreservoir für M. tuberculosis und M africanum dar. Für M. bovis bilden Mensch und Rind sowie manche Wildtiere das Reservoir.

Vorkommen: Die Tuberkulose ist weltweit verbreitet und gehört neben HIV/AIDS und Malaria zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung soll mit Tuberkulose-Erregern latent infiziert sein, wobei ca. 5-10 % der infizierten Erwachsenen im Laufe ihres Lebens – so fern sie immunkompetent sind – eine behandlungsbedürftige Tuberkulose entwickeln [1].
Besonders im südlich der Sahara gelegenen Afrika ist die Situation problematisch, da durch die hohen HIV-Infektionsraten der Tuberkulose-Epidemie besonderen Vorschub geleistet wird. Rund 85 % aller an Tuberkulose Neuerkrankten leben in Afrika (insbesondere im südlich der Sahara gelegenen Afrika), Südostasien und der westlichen Pazifikregion. [2]. Des Weiteren betroffen sind Südostasien und Regionen im Westpazifik.
Als Hochprävalenzländer gelten nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) Somalia, Eritrea, Syrien, Serbien und Kosovo.

Im Jahre 2014 erkrankten mehr als 9,6 Millionen Menschen weltweit an Tuberkulose, 1,5 Millionen starben daran, obwohl die Erkrankung mit Medikamenten gut zu behandeln ist. 95 % der Fälle treten in den Entwicklungsländern auf. Rund 85 % aller an Tuberkulose Neuerkrankten leben in Afrika (insbesondere im südlich der Sahara gelegenen Afrika), Südostasien und der westlichen Pazifikregion.

Die Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers) ist nicht so leicht wie bei anderen über die Luft übertragbaren Krankheiten (wie z. B. Masern, Varizellen). Ob es zu einer Infektion kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab [1]:

  • Häufigkeit und Dauer des Kontakts mit einer erkrankten Person
  • Menge und Virulenz ("Infektionskraft") der inhalierten Erreger
  • Empfänglichkeit der exponierten Person

Die Übertragung des Erregers (Infektionsweg) erfolgt über Tröpfchen, die beim Husten und Niesen entstehen und beim Gegenüber über die Schleimhäute der Nase, des Mundes und ggf. des Auges aufgenommen werden (Tröpfcheninfektion) bzw. aerogen (durch erregerhaltige Tröpfchenkerne (Aerosole) in der ausgeatmeten Luft).

Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja.

Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) bzw. Latenzzeit bis zur Erkrankung beträgt Monate bis mehrere Jahre.

Geschlechterverhältnis: Im Kindesalter sind Jungen etwas häufiger betroffen als Mädchen. Im Alter zwischen 25 und 34 Jahren sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Im höheren Lebensalter tritt die Erkrankung öfter bei Männern auf.

Häufigkeitsgipfel: Es gibt einen Altersgipfel bei Kindern unter 5 Jahren, besonders Einjährige sind hier betroffen. Bei den Erwachsenen gibt es einen Häufigkeitsgipfel in der Gruppe der 30- bis 39-Jährigen sowie einen bei den über 69-Jährigen.

Klinische Einteilung der Tuberkulose nach dem Infektionsstadium:

  • Latente tuberkulöse Infektion: Erstinfektion mit erfolgreicher Eindämmung der Erreger, jedoch Persistenz im Organismus; bei Menschen mit intaktem Immunsystem die häufigste Form (80 % der Fälle)
  • Primärtuberkulose: dabei entwickelt sich direkt aus der Erstinfektion ein sogenannter Primärkomplex (örtlicher tuberkulöser Entzündungsherd mit Beteiligung der regionalen Lymphknoten); Organmanifestation nach Erstinfektion. Eine Primärtuberkulose verursacht in vielen Fällen keinerlei Beschwerden;
  • Postprimärtuberkulose: reaktivierte Tuberkulose (80 % als Lungentuberkulose, 20 % als extrapulmonale Tuberkulose), zeitliche Latenz kann mehrere Jahrzehnte betragen.

Einteilung der Tuberkulose nach der Lokalisation:

  • Pulmonale Tuberkulose (Synonym: Lungentuberkulose) – 80 % der Fälle
  • Extrapulmonale Tuberkulose:
    • Abdominelle Tuberkulose – in ca. 55-60 % der Fälle als Lymphknoten-Tuberkulose
    • Urotuberkulose – hier insbesondere den Urogenitaltrakt (mit meist einseitigem Nierenbefall/Nierentuberkulose)
    • Neurotuberkulose –  eher selten; 5-15 % der extrapulmonalen Tuberkulosen; bei immunsupprimierten Patienten in 15 % aller Fälle in Form einer tuberkulösen Meningitis
    • Tuberkulöse Spondylitis/Wirbelentzündung (Synonym: Spondylitis tuberculosa) –  betrifft besonders die untere Brust- und Lendenwirbelsäule; in bis zu 50 % der Fälle nach einer pulmonalen oder miliaren Tuberkulose (dichte Aussaat von miliaren Tuberkeln in den Lungen)

Die Antibiotikaresistenz der Tb wird wie folgt definiert: 

  1. Multiresistenz (MDR-/RR-TB: multiresistente oder rifampicinresistente TB): Resistenz gegen das Erstlinienmedikament Rifampicin
  2. Präextensive Resistenz (preXDR): gleichzeitiger Resistenz gegenüber Fluorchinolonen 
  3. Extensive Resistenz (XDR): Resistenz gegenüber Bedaquilin und/oder Linezolid 

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt 4,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (Deutschland).

Verlauf und Prognose: Die Tuberkulose tritt in 80 % der Fälle als pulmonale Tuberkulose (Lungentuberkulose) auf. Zur extrapulmonalen Verbreitung ("außerhalb der Lungen") s. o. unter "Einteilung der Tuberkulose nach der Lokalisation". Der Verlauf ist davon abhängig, wie frühzeitig die Erkrankung erkannt und behandelt wurde. In der Mehrheit der Fälle heilt sie folgenlos aus. Wird die Erkrankung spät diagnostiziert oder ist das Immunsystem des Betroffenen geschwächt, kann es zu schweren Lungen- und Organschädigungen kommen. Unbehandelt nimmt die Erkrankung einen langen und schweren Verlauf.

Die Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) beträgt ca. 2,7 % und steigt mit dem Alter an (6,8 % bei den über 69-Jährigen).

Beachte: Die Tuberkulose hat die zweitgrößte Krankheitslast (burden of disease) aller Infektionserkrankungen nach der saisonale Influenza [3].

Die sogenannte BCG-Impfung (Tuberkulose-Impfung) wird von der STIKO ("Ständige Impfkommission) seit 1998 nicht mehr empfohlen. Dies entspricht auch den Empfehlungen der WHO ("Weltgesundheits-Organisation"), die vorgeschlagen hat, in Populationen, deren Infektionsrisiko für Tuberkulose unter 0,1 % liegt, keine generelle BCG-Impfung durchzuführen.
Beachte: Die Wirksamkeit der schützenden BCG-Impfung gegen das Mycobacterium tuberculosis lässt schon in der Kindheit nach. Der Immunschutz muss daher ggf. bei älteren Bevölkerungsgruppen verstärkt werden [4].

In Deutschland ist der direkte Nachweis des Erregers nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig, sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum (Auswurf). Des Weiteren sind meldepflichtig:

  • die Behandlung, die Erkrankung sowie der Tod an einer Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt;
  • Therapieverweigerung oder ein Behandlungsabbruch;
  • auch Resistenzentwicklungen unter Therapie sollen dem Gesundheitsamt gemeldet werden.

Literatur

  1. Robert Koch Institut (RKI): Tuberkulose. RKI-Ratgeber für Ärzte. 21. Februar 2013
  2. World Health Organisation: Global tuberculosis control: surveillance, planning, financing: WHO report 2008
  3. Cassine A et al.: Impact of infectious diseases on population health using incidence-based disability-adjusted life years (DALYs): results from the Burden of Communicable Diseases in Europe study, European Union and European Economic Area countries, 2009 to 2013 separator. Euro Surveill. 2018;23(16):pii=17-00454. https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES.2018.23.16.17-00454
  4. Martinez L et al.: Infant BCG vaccination and risk of pulmonary and extrapulmonary tuberculosis throughout the life course: a systematic review and individual participant data meta-analysis Lancet Global Health September, 2022 doi:https://doi.org/10.1016/S2214-109X(22)00283-2

Leitlinien

  1. World Health Organization guidelines: (2014) Companion handbook to the WHO guidelines for the programmatic management of drug-resistant tuberculosis. WHO Handbook for Guideline Development March 2010
  2. S2k-Leitlinie: Tuberkulose im Erwachsenenalter. (AWMF-Registernummer: 020 - 019), Juni 2017 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Diagnostik, Prävention und Therapie der Tuberkulose im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 048 - 016), Oktober 2017 Langfassung

     
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