Medikamentöse Therapie
Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis)

Akute Pankreatitis (AP)

Therapieziele

  • Vermeidung von Komplikationen
  • Adäquate Schmerztherapie
  • Ausheilung der Erkrankung

Therapieempfehlungen

  • Möglichst frühzeitige Einweisung der Patienten in eine Klinik, um Komplikationen zu vermeiden.
    • Risikostratifizierung mittels des Acute Physiology And Chronic Health Evaluation Score (APACHE II) 
  • Bei den meisten Patienten (85 bis 90 %) ist die akute Pankreatitis eine selbstlimitierende Erkrankung ("ohne äußere Einflüsse endend") und klingt innerhalb von drei bis sieben Tagen nach Therapiebeginn ab. Eine kausale (ursächliche) Therapie gibt es nicht, es werden vorrangig die Symptome behandelt:
    • Analgesie (Schmerzlinderung): Schmerztherapie sollte nach dem WHO-Stufenschema erfolgen:
      • Nicht-Opioidanalgetikum (z. B. Metamizol)
      • Niederpotentes Opioidanalgetikum (z. B. Tramadol) + Nicht-Opioidanalgetikum
      • Hochpotentes Opioidanalgetikum (z. B. Morphin) + Nicht-Opioidanalgetikum; ggf auch systemische Therapie mit Procain bzw. Bupuvacain (Lokalanästhetika)
      In der Initialphase ist eine parenterale Applikation ("unter Umgehung des Darmes“) erforderlich.
      Bei schweren Schmerzen sollte die Anlage eines Periduralkatheters (PDA) erwogen werden.
      Beachte: Schmerzfreiheit erleichtert die Mobilisierung, verbessert die Atemfunktion und vermindert die Übelkeit → Vorbeugung von Thrombosen (Gefäßerkrankung, bei der sich ein Blutgerinnsel (Thrombus) in einer Vene bildet) und Pneumonien (Lungenentzündung).
    • Ernährung
      • Orale Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz
      • Legen einer Magensonde bei rezidivierendem Erbrechen und/oder Subileus/Ileus (Darmverschluss)
      • Flüssigkeitstherapie/Volumentherapie: Ausgleich von Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten (Flüssigkeitssubstitution mit Ringer-Laktat als gepufferte Vollelektrolytlösung (VEL)): Wichtig sind vor allem die schnelle und ausreichende Flüssigkeitszufuhr. 
        Die Volumentherapie sollte individuell erfolgen:
        • großzügige (500-1.500 ml) intravenöse Flüssigkeitsgabe innerhalb der ersten Stunden nach Krankenhausaufnahme
        • bis 8 l/24 h in den ersten drei Tagen unter ZVD-Kontrolle/Zentraler Venendruck (8-12 cm). 
        • Beachte! Bei einer akuten nekrotisierenden Pankreatitis kann der Flüssigkeitsverlust bis zu 10 l/d betragen (Flüssigkeitssequestration)
        • Infusionsrate: 5-10 ml/kg KG bis zum Erreichen der klinischen Zielwerte: Herzfrequenz < 120/min, mittlerer arterieller Druck (MAP) 65-85 mmHg, Urinproduktion > 0,5-1 ml/kg KG und Stunde, Hämatokrit (Volumenanteil der Zellbestandteile am Gesamtvolumen des Blutes) 35-44 %; des Weiteren Orientierung an Serum-Harnstoff-Werten
      • Ernährungstherapie: Parenterale Ernährung ("unter Umgehung des Verdauungstraktes") zur Entlastung des Pankreas: Eine frühe enterale Ernährung (bei schwerem Verlauf über eine nasojejunale Sonde/Nasensonde, die bis in den Dünndarm reicht) hilft Infektion und Sepsis (Blutvergiftungen) zu vermeiden. 
    • Antiinflammatorische Therapie (entzündungshemmende Therapie): Antiphlogistika (Entzündungshemmer), Antiproteasen, Antioxidantien und Antikörpern waren in Studien nicht erfolgreich [1].
    • Antibiotische Therapie (Antibiose) bei: Cholangitis (Gallenwegsentzündung), Abszesse (umkapselte Eiteransammlungen), Nekrosen (Absterben von Gewebe)/Pseudozysten (zystenartiges Gebilde), Sepsis; prophylaktisch bei schwerer nekrotisierender Pankreatitis; bis zum Vorliegen eines Antibiogramm kann ein Carbapenem gewählt werden; Therapiedauer mindestens 7-10 Tage
    • Stressulkusprophylaxe mit Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) bei schwerer Verlaufsform
    • Thromboembolieprophylaxe (vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung einer Thrombose/Blutgerinnsel in einem Blutgefäß)
    • Hypertriglyzeridämie-induzierte akute Pankreatitis: Plasmaseparation oder Lipidapherese (therapeutisches Blutreinigungsverfahren)
  • Intensivmedizinische Überwachung/Betreuung bei:
    • Verdacht auf eine nekrotisierende Pankreatitis bzw. jeder Patient mit einer schweren Pankreatitis nach der Atlanta-Klassifikation
    • Erfüllen der SIRS-Kriterien, das "sequential organ failure assessment" (SOFA) oder den "acute physiology and chronic health evaluation score" (APACHE II, z. B. > 8)
    • Bewertung der akuten Pankreatitis als schwerwiegend: s. u. modifizierte Glasgow-Kriterien (s. u. Pankreatitis/Folgeerkrankungen/Prognosefaktoren)
    • Vorliegen spezifischer Patientencharakteristika gemäß den Leitlinien des American College of Gastroenterology (ACG), die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer akuten Pankreatitis aufweisen (s. u. Pankreatitis/Folgeerkrankungen/Prognosefaktoren).
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Chronische Pankreatitis (CP)

Therapieziele

  • Adäquate Schmerztherapie
  • Vermeidung von Komplikationen

Therapieempfehlungen

  • Die Therapie des akuten Schubs der chronischen Pankreatitis unterscheidet sich nicht von der der akuten Pankreatitis (s. o.)
    Cave! Wg. chronischer Schmerzen, die häufig therapieresistent sind, entwickeln viele Patienten einen Analgetikaabusus (Schmerzmittelmissbrauch) bzw. ggf. eine Opiateabhängigkeit.
    Beachte: Eine schmerzhafte chronische Pankreatitis sollte nicht länger als sechs Monate mit Opiaten behandelt werden, bevor bei einem deutlich erweiterten Pankreasgang eine primär operative Therapie empfohlen wird.
  • Analgesie (Schmerzlinderung): Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema (s. o.); ggf. auch CT-gesteuerte Blockade des Plexus coeliacus
  • Autoimmune Pankreatitis: Therapie mit Steroiden (Cortison)
  • Exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI; Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, die mit einer ungenügenden Produktion von Verdauungsenzymen einhergeht):
    • Substitutionstherapie, d. h. Enzymsubstitution (siehe unter Pankreasinsuffizienz/Pharmakotherapie bei exokriner Pankreasinsuffizienz, d. h. chronische Pankreatitis mit Steatorrhoe (Stuhlfett > 15 g/Tag), mit milder Steatorrhoe (Stuhlfett 7-15 g/Tag) und Malassimilations-/ Malabsorptionssymptomen sowie bei pathologischem Pankreasfunktionstest in Kombination mit klinischen Zeichen der Malabsorption):
      • Ziel ist es Lipase (Pankreatin) ins Duodenum (Zwölffingerdarm) zu transportieren; praktischerweise werden gegeben:
        • zu Beginn jeder Hauptmahlzeit: Dosis 40.000-50.000 I.E. 
        • zu Beginn jeder Zwischenmahlzeit: Dosis 20.000-25.000 I.E. 
        Der Erfolg der Substitutionstherapie zeigt sich durch klinische Parameter (Steatorrhoe, Gewichtsverlauf, Abnahme abdomineller Symptome)
  • Endokrine Pankreasinsuffizienz (Bauchspeicheldrüse produziert weniger oder gar kein Insulin mehr; ca. 80 % der Patienten): s. u. Therapie des Diabetes mellitus
    Beachte: Die Therapie des Diabetes mellitus Typ 3c beinhaltet auch Maßnahmen der Lebensstiländerungen. 
    • Bei zugleich Mangelernährung → Therapie mit Insulin (wirkt anabol)
    • Bei geringer Hyperglykämie → Therapie mit Metformin (soweit keine Kontraindikationen vorliegen)
  • Eine prophylaktische Antibiotikatherapie ist nicht indiziert
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Beachte: Bei Fortbestehen der Beschwerden einer exokrine Pankreasinsuffizienz trotz richtiger Enzymdosierung und Einnahmekann ein Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) erforderlich werden, da die Bicarbonatsekretion des Pankreas zur Neutralisation der Magensäure ebenfalls gestört sein kann.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für den Säure-Basen-Haushalt sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (D3)
  • Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
  • Spurenelemente (Zink)
  • Weitere Vitalstoffe (Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Siriwardena AK et al.: Randomised, double blind, placebo controlled trial of intravenous antioxidant (n-acetylcysteine, selenium, vitamin C) therapy in severe acute pancreatitis. Gut 2007 Oct;56(10):1439-44. Epub 2007 Mar 13.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 001 - 020), Juli 2020 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Pankreatitis. (AWMF-Registernummer: 021-003), September 2021 Langfassung

     
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