Umweltmedizinisches Biomonitoring

Beim Biomonitoring (deutsch: Bioüberwachung; Synonym: Biological Monitoring) handelt es sich um ein Verfahren der Arbeits- und Umweltmedizin zur Erfassung einer Schadstoffbelastung des Patienten durch die Messung sowohl der Schadstoffkonzentration als auch der Konzentration der Metaboliten (Stoffwechselprodukte) in diversen Zellstrukturen des Körpers. Erste Forschungsansätze zur Bestimmung von Schadstoffen im Blut und im Urin wurden in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereits realisiert. Seit den 60er-Jahren stellt das Biomonitoring einen wichtigen Faktor in der Umweltmedizin Deutschland dar, da sich die Analysetechniken zu dieser Zeit drastisch verbesserten. Die Einführung von zulässigen Grenzwerten für gesundheitsgefährdende Stoffe (Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW); früher: (MAK-Wert) maximale Arbeitsplatz-Konzentration) wurden erst in den 70er-Jahren eingeführt und werden heute durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Biologische Grenzwerte (BGW); früher: (BAT-Wert) biologischer Arbeitsstoff-Toleranzwert) festgelegt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • einem gegebenen Kontakt mit über die Haut resorbierbaren Schadstoffen ("H-Stoffe")
  • immunsupprimierten Personen
  • Personen mit einer verstärkten Exposition von kanzerogenen (krebserregend), teratogenen (fruchtschädigend) oder reproduktionstoxischen Mitteln am Arbeitsplatz

Das Verfahren

Das Prinzip des umweltmedizinischen Biomonitoring besteht aus der quantitativen Bestimmung von Schadstoffen bzw. deren Metaboliten. Die gemessene Belastung spiegelt aufgrund der intrakorporalen (sich im Körper befindenden) Schadstoffbestimmung die Exposition der Fremdstoffe sensitiv (die Sensitivität drückt den Anteil der durch das Monitoring richtig erkannten schadstoffbelasteten Patienten aus) und spezifisch (die Spezifität bezieht sich auf den Anteil richtig erkannter nicht belasteter Personen) wider.
Beim Biomonitoring sind Kurzzeit-Wirkungen von Langzeitwirkungen zu unterscheiden. Als Kurzzeit-Wirkungen werden solche Wirkungen bezeichnet, die zu spontanen Verhaltensänderungen und gegebenenfalls rascher Mortalität
– als Folge akuter Toxizität – führen. Dagegen führen Langzeit-Wirkungen meist zu chronischen Schädigungen bis hin zur Mortalität durch dauerhaft hohe Grundbelastungen.

Folgende Aspekte sind bei der Durchführung des umweltmedizinischen Biomonitoring hervorzuheben:

  • Messung der Belastung in Zellstrukturen und Flüssigkeiten der Person, wie:
    • Blut
    • Blutplasma – zellfreier Anteil des Blutes, welcher noch Gerinnungsfaktoren enthält
    • Urin
    • Haare
    • Muttermilch
    • Zähne
  • Beispielhafte Marker der "inneren Belastung" des Patienten:
    • Benzol – Beim Benzol handelt es sich um eine chemische Verbindung aus der Gruppe der aromatischen Kohlenwasserstoffe. Es ist ein Inhalations- sowie ein Kontaktgift und wirkt kanzerogen (krebserregend). Es ist u. a. Bestandteil von Benzin.
    • Polybromierte Diphenylether – Polybromierte Diphenylether (PBDE) sind bromhaltige organische Chemikalien, die als Flammschutzmittel in vielen Kunststoffen und Textilien eingesetzt werden
    • Blei – Blei und seine chemischen Verbindungen werden über die Nahrung, durch Inhalation oder direkte Einwirkung auf die Haut aufgenommen. Die Wirkung des Bleis auf den Körper wird als Schädigung des zentralen und peripheren Nervensystems deutlich. Außerdem wird die Blutbildung (hypochrome sideroachrestische Anämie) negativ beeinträchtigt und eine Nierenschädigung (pathologische Veränderungen in den Nieren, die zur Funktionseinschränkung führen – "Bleischrumpfniere" genannt) hervorgerufen.
    • Nickel – als häufigster Auslöser von Kontaktallergien stellt schon eine geringe Aufnahme über die Nahrung ein Risiko für das Auslösen einer allergischen Reaktion dar. Überdies ist das Einatmen von Nickeldämpfen mit einem erhöhten Karzinomrisiko der Lunge (Bronchialkarzinom) und der oberen Atemwege assoziiert.
    • Quecksilber – giftiges Schwermetall, welches sich schon bei Raumtemperatur verflüssigt und toxische Dämpfe bildet. Die Symptome einer Quecksilbervergiftung sind mannigfaltig. Man unterscheidet eine akute, von einer subakuten und von einer chronischen Quecksilbervergiftung.
    • Cotinin – Abbauprodukt des Nikotins; es findet sich auch beim Passivraucher in Blut und Urin als N-Glucuronid-Konjugat. Cotinin eignet sich als Maßeinheit für den Tabakkonsum und ermöglicht so eine Aussage über das Rauchverhalten

Die Wahl des Untersuchungsgutes (z. B. Blut oder Urin) ist direkt abhängig von der gegebenen Fragestellung. Beispielsweise ist eine lang anhaltende Quecksilberintoxikation vornehmlich im Urin nachzuweisen.

Eine Abänderung des Standardverfahrens wird durch die Verwendung des sogenannten Effekt-Biomonitoring erreicht. Hier werden besonders Stoffe als Markierung der Belastung genutzt, die entweder an DNA-Strukturen oder Proteinstrukturen binden. Aufgrund der Markereigenschaften eignet sich dieses spezialisierte Verfahren zum Nachweis genomschädigender Substanzen (Stoffe, die einen Schaden am Erbgut eines Menschen verursachen).

Weiterführende Informationen zum Biomonitoring

  • Biomonitoring-Auskunftssystem der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Auskunftssystem
  • Kommission "Humanbiomonitoring" des Umweltbundesamtes: www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/kommissionen-arbeitsgruppen/kommission-human-biomonitoring
  • Arbeits- und umweltmedizinische Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (u. a. "Umweltmedizinische Leitlinie Human-Biomonitoring"): www.dgaum.de/leitlinien-qualitaetssicherung

Ihr Nutzen

Das umweltmedizinische Biomonitoring verfügt gegenüber Untersuchungen der Umgebung über den Vorteil, dass die exakte körperliche Belastung durch einen Schadstoff nachgewiesen werden kann und die Messung nicht durch die Bestimmung der Konzentration eines Schadstoffes in der Umgebungsluft erfolgt. Als Resultat ist die Anwendung des Verfahrens Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung, soweit dafür arbeitsmedizinisch anerkannte Analyseverfahren und geeignete Werte zur Beurteilung zur Verfügung stehen.

Literatur

  1. Jordt M: Erfolgreich IGeLn: Analyse – Organisation – Vermarktung. Springer Verlag 2006
  2. Schwartz F: Das Public-health-Buch. Urban & Fischer Verlag 2002
  3. Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRSG). Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Human-Biomonitoring, umweltmedizinische Leitlinie. (AWMF-Registernummer: 002 - 024), September 2011 Langfassung

     
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