IgG/IgG4-Test

Beim IgG-Test (IgG/IgG4-Test) handelt es sich um ein Verfahren der Labormedizin, welches zur Diagnostik einer Nahrungsmittelunverträglichkeit eingesetzt werden kann. Mit Hilfe des Testverfahrens sollen Rückschlüsse auf IgG-vermittelte Reaktionen vom Typ III nach Coombs und Gell möglich sein.

Nahezu jedes Lebensmittel kann auf Grund einer Unverträglichkeit bei vielen Patienten zu einer Antikörper-vermittelten Immunantwort führen und in der Folge zu massiven Beschwerden führen.

Nach Definition der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI, 1994) werden folgende Reaktionen nach Nahrungsaufnahme als Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Nahrungsmittelunverträglichkeitsreaktion bezeichnet [1]:

  • toxische Reaktionen: Lebensmittelvergiftungen
  • nicht-toxische Reaktionen
  • nicht-immunologische Reaktionen
    • enzymatische Intoleranzen
    • pharmakologische Intoleranzen
    • Intoleranzen auf Nahrungsmittelzusatzstoffe
  • immunologische Reaktionen
    • IgE-vermittelt:
    • Nahrungsmittelallergie IgE-unabhängig (IgA oder IgG-vermittelt): Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie; chronische Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht)

Durch die Aufnahme der unverträglichen Nahrungsmittel kann eine chronische Entzündung ausgelöst werden, die teilweise mittels konventioneller Methoden nicht entdeckt werden kann. Zur Erkennung der Unverträglichkeit der jeweiligen Nahrungsmittel wird der Antikörpernachweis mittels eines Immunoassays (Antikörperbindungstest) analysiert.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Schmerzen und Missempfindungen im Abdominalbereich − basierend auf einer Nahrungsmittelunverträglichkeit können Immunreaktionen mit Entzündungsprozessen und Zelluntergängen in Verbindung stehen, die deutliche Schmerzen verursachen können. Im Rahmen einer Zöliakie, die auf einer immunologischen Unverträglichkeit der Bestandteile des Glutens basiert, kann es zu einer Schädigung der Darmschleimhaut kommen, die zu starken Schmerzen führen kann.
  • Völlegefühl − als typisches Symptom einer Nahrungsmittelunverträglichkeit ist das Völlegefühl zu sehen
  • Flatulenz − als Folge der Funktionseinschränkung des Darms durch eine Nahrungsmittelunverträglichkeit kann es zu starken Blähungs- und Flatulenzerscheinungen (Meteorismus) kommen
  • rezidivierende (wiederkehrende) Diarrhöen (Durchfälle) − durch veränderte Resorptionseigenschaften des Darms treten Durchfallerscheinungen häufiger auf
  • Myalgie (Muskelschmerzen) und Arthralgie (Gelenkschmerzen)
  • Cephalgie (Kopfschmerzen) ggf. auch Migräne
  • Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern

Vor der Untersuchung

Anamnese − die Anamnese spielt bei der Diagnostik einer Nahrungsmittelunverträglichkeit eine entscheidende Rolle:

  • Wie häufig treten die Symptome der Nahrungsmittelunverträglichkeit auf?
  • Welche Nahrungsmittel lösen die Reaktion aus?
  • In welchem zeitlichen Zusammenhang stehen Reaktion und Nahrungsaufnahme?
  • Gibt es beeinflussende Faktoren wie Kaffee- und Alkoholverzehr?
  • Treten die Beschwerden abhängig von körperlicher Anstrengung nach der Nahrungsaufnahme auf?
  • Liegen prädisponierende Faktoren wie weitere Allergien vor?

Einsatz weiterer Testverfahren:

  • Pricktest − mit Hilfe einer Sammlung der häufigsten Nahrungsmittelallergene kann durch das Tropfen eines potentiellen Allergens und der anschließenden Ritzung der oberen Hautschichten ein Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie ausgesprochen werden. Eine positive Reaktion auf eine intradermal (in die Dermis) platzierte Lösung eines Nahrungsmittels im Pricktest ist nicht mit einer Allergie gleichzusetzen.
  • Atopy-Patch-Test − hierbei handelt es sich um eine Form der Epikutantestung, bei der zur Erkennung einer Nahrungsmittelunverträglichkeit potentielle Allergene, die eine Reaktion vom Soforttyp nach Coombs und Gell auslösen können, über der Kutis (Kutis lat. Haut besteht aus: Epidermis/Oberhaut und Korium/Lederhaut) appliziert werden.
  • Provokationstest − dieses Testverfahren stellt den Goldstandard dar, weil eine Reaktion auf ein Nahrungsmittel eine allergische bzw. pseudoallergische Reaktion darstellt. Dem Patienten und gegebenenfalls dem Untersucher ist nicht bekannt, welches Nahrungsmittel der Patient zu sich nimmt. Problematisch ist jedoch, dass eine allergische Reaktion auftreten kann, die bis zum anaphylaktischen Schock führen kann. Deshalb darf dieser Test nur von allergologisch-erfahrenen Ärzten durchgeführt werden, die auch entsprechende Notfallmaßnahmen durchführen können.
  • Diäten − mit Hilfe von Auslass- und Additionsdiäten kann auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten geschlossen werden.

Das Verfahren

Der IgG-Test beruht auf der Anwendung des ELISA-Verfahrens. Beim ELISA handelt es sich um einen Immunoassay, der ein antikörperbasiertes Nachweisverfahren darstellt. Mit Hilfe spezieller Suchantikörper können Substanzen nicht nur nachgewiesen sondern auch quantifiziert werden. Durch die Bindung des Suchantikörpers an die gesuchte Substanz, die das Antigen darstellt, entsteht ein Komplex, der später in Abhängigkeit vom Verfahren angefärbt werden kann. Speziell beim IgG-Test sucht man nach IgG-Antikörpern, die gegen verschiedene Nahrungsmittel gerichtet sind und im Körper eine Immunreaktion auslösen können. Nachfolgend erhält der Patient eine Liste mit Nahrungsmitteln, die die Freisetzung von IgG-Antikörpern fördert.

Argumente für den IgG-Test

  • Publikationen aus den 80er Jahren haben gezeigt, dass antigenspezifisches IgG4 die Histaminfreisetzung aus basophilen Granulozyten fördern kann. Histamin ist der wichtigste Faktor bei akuten allergischen Reaktionen.
  • Der IgG-Test ist laut verschiedenen Studien indiziert (angezeigt), wenn ein Verdacht auf eine Zöliakie besteht und eine IgA-Defizienz (selektiver IgA-Mangel im Körper) vorliegt.
  • Die Meidung der jeweiligen unverträglichen Nahrungsbestandteile hat häufig einen positiven Einfluss auf assoziierte chronische Erkrankungen wie etwa atopisches Ekzem (Neurodermitis) oder Arthrose (degenerative Gelenkerkrankung).

Argumente gegen den IgG-Test

  • Diverse Allergologenverbände warnen vor eine Überschätzung der diagnostischen Aussagekraft von IgG- bzw. IgG4-Tests.
  • Der IgG4-Test für IgG4 im Blut gegen verschiedene Lebensmittel ist komplex, da hunderte Nahrungsbestandteile für eine allergische Reaktion verantwortlich sein können.
  • Positive Ergebnisse im IgG4-Test korrelieren nur in geringem Ausmaß mit klinischen Symptomen, sodass keine ausreichende Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden) vorliegt.
  • Es liegen zu wenige Studien mit einem adäquaten Design vor, die die Aussagekraft der IgG-Tests unterstreichen.
  • Die Bildung von IgG4 gegen Nahrungsbestandteile stellt nach aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen eine physiologische Reaktion dar und deutet keineswegs auf eine Unverträglichkeit hin. Stattdessen wird IgG4 eine wichtige Rolle in der Induktion der Immuntoleranz gegen Nahrungsbestandteile zugesprochen.  

Nach der Untersuchung

Nach erfolgter Testung erhält der Patient eine Liste der zu meidenden Lebensmittel, um eine Nahrungsmittelunverträglichkeitsreaktion zu verhindern.


Literatur

  1. Bruijnzeel-Koomen C, Ortolani C, Aas K, Bindslev-Jensen C, Björkstén B, Moneret-Vautrin D, Wüthrich B: Adverse reactions to food. European Academy of Allergology and Clinical Immunology Subcommittee. Allergy 1995 Aug; 50(8):623-35
  2. Stapel S, Asero R, Knol EF, Strobel S et al.: Testing for IgG4 against foods is not recommended as a diagnostic tool: EAACI Task Force Report. Allergy. 2008. 63:793–796
  3. Emmrich J, Liebe S: Nahrungsmittelallergien. Gastroenterologe. 2011. 6:427-439
  4. Ledochowski  M: Klinische Ernährungsmedizin. Springer Verlag 2009
  5. Biesalski HK, Bischoff SC, Puchstein C: Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2010
  6. Kreutz I: Serum-IgG-Test taugt nicht zur Diagnostik von Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Ärzte Zeitung, 18.06.2009