Elektrische Kardioversion

Bei der Elektrokardioversion (Synonym: Elektrische Kardioversion; DC-Kardioversion) handelt es sich um ein therapeutisches Verfahren der Kardiologie zur Wiederherstellung des Sinusrhythmus (regelmäßiger Herzrhythmus) bei einer vorhandenen Herzrhythmusstörung. Um bei einem Patienten den korrekten Herzrhythmus mit Hilfe der Elektrokardioversion herzustellen, werden Defibrillatoren eingesetzt. Über einen Defibrillator kann gezielt durch das Auflegen an definierten Punkten im Bereich des Sternums (Brustbein) elektrischer Strom auf das Herz geleitet werden, sodass eine Beeinflussung der Reizleitung im Herzen erfolgt. Über diesen Eingriff in die komplexe Reizleitung ist somit eine Korrektur des Herzrhythmus zu erreichen.

Die Mehrzahl der Kardioversionen wird auf Grund eines Vorhofflimmerns durchgeführt. Bei Patienten mit einem Vorhofflimmern sind prinzipiell zwei Behandlungsoptionen gegeben. Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit der Durchführung einer Frequenzkontrolle mit dem Ziel der Vermeidung einer Tachykardie (anhaltend beschleunigter Puls, >100 Schläge pro Minute). Auf der anderen Seite ist jedoch auch eine Rhythmuskontrolle mit dem Ziel der Wiederherstellung des Sinusrhythmus als Therapiemöglichkeit vorhanden. Betrachtet man die Behandlungserfolge sowohl beim Vorliegen eines Vorhofflatterns als auch eines Vorhofflimmerns, so lässt sich feststellen, dass die Wiederherstellung des Sinusrhythmus bei Patienten mit Vorhofflimmern und -flattern durch die elektrische Kardioversion die größten Erfolgschancen bietet und somit den Goldstandard (Verfahren der ersten Wahl) darstellt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Vorhofflimmern (VhF) und Vorhofflattern (die Begriffe "Flimmern" und "Flattern" beschreiben die Frequenz der Vorhofaktionen) bei:
    • erster VhF-Episode
    • persistierendem VhF
    • stark symptomatischem VhF bzw. wenn die Herzfrequenz während der Flimmerepisode sehr hoch ist
    • VhF bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) sowie reversible Tachykardiomyopathien (tachykardie-induziert Kardiomyopathie/Herzmuskelerkrankung durch krankhaft erhöhte Herzfrequenz/Puls)
    Obwohl es sich bei der Elektrokardioversion um ein wenig schonendes Verfahren handelt, stellt sich für die Mehrheit der Patienten und Ärzte die Frage, ob nicht das höhere Komplikationsrisiko der elektrischen Kardioversion in Kauf genommen werden sollte, um eine Etablierung eines stabilen Sinusrhythmus durch eine erfolgreiche Kardioversion zu erreichen und so die wesentlichen Nachteile und Komplikationen des Vorhofflimmerns vermeiden zu können. Trotz der erhöhten Risiken während und nach der Durchführung lässt sich über einen längeren Zeitraum durch die Elektrokardioversion die Thrombembolie-Gefahr deutlich reduzieren, da das Vorhofflimmern eines der wichtigsten Risikofaktoren für die Thrombusentstehung darstellt. Des Weiteren kann durch die Nutzung der Elektrokardioversion die klinische Symptomatik, zu der unter anderem eine Dyspnoe (subjektive Atembeschwerden), eine reduzierte Belastbarkeit, Angina pectoris (Brustschmerz) und Synkopen (Ohnmachtsanfälle) gehören,  in der Regel massiv reduziert werden.
    Die prognostische Relevanz des Vorhofflimmerns wurde in verschiedenen klinischen Studien, beispielsweise in der Framingham-Studie, untersucht, inwieweit unabhängig von begleitenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen das Vorhofflimmern die Gesamtmortalität (Sterblichkeit) beeinflusst. Durch das Vorliegen eines Vorhofflimmerns wird in Abhängigkeit von weiteren Faktoren die Sterblichkeit teilweise verdoppelt. Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung, da das Vorhofflimmern die häufigste Herzrhythmusstörung in Deutschland darstellt.
  • Ventrikuläre und supraventrikuläre Tachykardie  (Störung beruht auf einem Fehler auf Ebene der Herzkammer oder im Reizleitungssystem auf Herzkammerebene) – die Ursache für eine Tachykardie kann sowohl erworben als auch angeboren sein. Der Tachykardie liegt ein Fehler in der Reizleitung vor, sodass als Folge eine Beschleunigung der Herzfrequenz erfolgt.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Herzschrittmacher – sollte ein Patient zuvor einen Herzschrittmacher implantiert bekommen haben, so stellt dies gegebenenfalls eine relative Kontraindikation dar, da die Elektrokardioversion zu massiven Komplikationen führen könnte. Allerdings lassen sich die Sonden speziell einstellen, sodass trotz eines Schrittmachers eine gefahrlose Durchführung möglich ist.
  • Thromben – intrakardiale (innerhalb des Herzens vorliegende) Thromben stellen eine absolute Kontraindikation dar, weil das Risiko einer Loslösung des Thrombus mit einer Embolie deutlich erhöht ist.

Vor der Kardioversion

  • Thrombenausschluss – vor der Durchführung der Elektrokardioversion ist unbedingt zu überprüfen, dass sich während dem Vorliegen des Vorhofflimmerns keine Thromben (Blutgerinnsel) gebildet haben, da sich diese nach erfolgter Elektrokardioversion durch die wiedereinsetzende mechanische Aktivität der Vorhöfe lösen und Embolien (durch Thromben in der Blutbahn können Blutgefäße blockiert werden und so zum Absterben des nachfolgenden Gewebes führen) hervorrufen können.
    Auf Grund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse kann beim Vorliegen eines Vorhofflimmerns, welches seit weniger als 48 Stunden besteht, auf die Antikoagulation (Blutgerinnungshemmer) verzichtet werden, da eine Thrombusentstehung nicht innerhalb von zwei Tagen erfolgen kann. Des Weiteren ist in einem solchen Fall auch keine vorherige transösophageale Echokardiographie (TEE) angezeigt. Im Gegensatz zu einem akuten Vorhofflimmern muss bei einem länger bestehenden (länger als 48 Stunden) beachtet werden, dass der Patient seit mindestens drei Wochen mit Blutgerinnungshemmern (Phenprocoumon/Marcumar)behandelt wird.
  • Laboruntersuchung – für die Erfolgsprognose der Elektrokardioversion sind zwei Laborparameter von großer Bedeutung. Sowohl eine Hypokaliämie (Reduktion der Kaliumkonzentration im Blut mit der Folge der Beeinflussung Herzfrequenz und somit der Herzfunktion) als auch eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion mit verstärkter Hormonfreisetzung und Erhöhung der Herzfrequenz) sollten vor der Durchführung des Verfahrens ausgeschlossen werden.
  • Narkose – die Elektrokardioversion erfolgt bei Vollnarkose. Für die Narkose wird in der Regel ein Etomidat (spezielles Narkotikum) verwendet, welches die Eigenschaften hat, über einen raschen jedoch kurzen Wirkeintritt zu verfügen und die Herzfunktion in sehr geringem Maße zu beeinflussen.

Das Verfahren

Die Elektrokardioversion stellt einen Teil der Verfahren zur Kardioversion dar. Die Wiederherstellung des regelmäßigen Herzrhythmus ist jedoch nicht nur durch eine direkte Korrektur der Reizleitung möglich, sondern kann stattdessen auch medikamentös erfolgen. Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis der Elektrokardioversion ist die Abgrenzung von der akuten Defibrillation. Obwohl beide Verfahren der Wiederherstellung des korrekten Herzrhythmus dienen und auf dem Grundprinzip des Einsatzes des Defibrillators zur Schockerzeugung beruhen, unterscheiden sich die beiden Verfahren jedoch deutlich in den Anwendungsgebieten. Im Gegensatz zur akuten Defibrillation wird bei der Elektrokardioversion mit einer signifikant niedrigeren Energiedosis in der Startphase begonnen. Des Weiteren erfolgt die Korrektur des Herzrhythmus bei der Kardioversion in direkter Abhängigkeit vom EKG. Somit wird die Korrektur EKG-getriggert ausgelöst, sodass der Schock durch das Gerät während der "R-Zacke" im EKG ausgelöst wird. Die "R-Zacke" beschreibt einen präzise definierten Zeitpunkt im Elektrokardiogramm, bei dem die Kontraktion der noch synchron arbeitenden Herzmuskelzellen registriert wird und im Anschluss hieran der Schock appliziert werden kann. Durch die feste Kopplung der Schockauslösung an das EKG wird eine deutliche Reduktion des Risikos für das Auftreten eines Kammerflimmerns erreicht. Dabei ist die biphasische Stromabgabe (biphasische Kardioversion) der monophasischen Stromabgabe deutlich überlegen und hat Erfolgsraten von über 90 %.
Die Durchführung der elektrischen Kardioversion findet unter Kurznarkose statt.

Vorteile der Elektrokardioversion gegenüber der medikamentösen Kardioversion

  • Sowohl die kurzfristige als auch die langfristige Erfolgsrate der Elektrokardioversion ist signifikant höher als bei der medikamentösen Kardioversion.
  • Des Weiteren liegt nach erfolgter Kardioversion eine sofortige Verbesserung des Herzrhythmus vor. Der kurzfristige Erfolg lässt sich durch eine parallele EKG-Kontrolle überprüfen.
  • Im Gegensatz zur medikamentösen Kardioversion liegt bei der Elektrokardioversion keine Schwächung der Herzfunktion und somit keine Reduktion des Schlagvolumens vor.

Nachteile der Elektrokardioversion gegenüber der medikamentösen Kardioversion

  • Zur Durchführung der Elektrokardioversion ist es notwendig, dass die Durchführung des Verfahrens in Vollnarkose erfolgt. Bei der medikamentösen Behandlungsoption ist natürlich keine Narkosemaßnahme notwendig.
  • Durch die Schockerzeugung mit Hilfe des Defibrillators besteht die Möglichkeit, weitere pathologische Rhythmusstörungen auszulösen und somit die Symptomatik noch weiter zu verschlechtern.
  • Wie bereits angeführt, kann die Durchführung der Elektrokardioversion eine Embolie durch die Loslösung eines Thrombus aus dem Vorhof des Herzens auslösen.

Nach der Kardioversion

Nach elektrischer Kardioversion bei einem Patienten mit einem vorliegenden Vorhofflimmern liegt eine erkennbare Beeinträchtigung der Funktion des linken Vorhofes noch mindestens eine weitere Woche nach der Durchführung des Verfahrens vor. Diese Funktionseinschränkung, die trotz wiederhergestelltem Sinusrhythmus vorliegt, wird auch als atriales "Stunning" bezeichnet. Auf Grund dessen ist auch nach der elektrischen Kardioversion zu beachten, dass sich kurzfristig weiterhin intrakardiale Thromben bilden können, sodass auch weiterhin eine potentielle Gefahr eines folgenden kardioembolischen Ereignisses vorliegt. Ohne ausreichende Gerinnungshemmung lässt sich feststellen, dass Thromboembolien in mehr als drei Prozent der Fälle auftreten. Infolgedessen wird auch über einen Zeitraum von ungefähr vier Wochen die antikoagulatorische Behandlung weitergeführt. 

Mögliche Komplikationen

Die häufigste Komplikation ist das Wiederauftreten der vorher vorliegenden Herzrhythmusstörung. Es besteht jedoch die Option, die Kardioversion zu wiederholen oder um eine medikamentöse Kardioversion zu erweitern. Neben dem Auftreten von Hautreizungen und allergischen Reaktion auf Medikamente können des Weiteren auch Embolien auftreten, die im schlimmsten Fall letal (tödlich) enden können.

Literatur

  1. Herz – Pharmakologische Therapie von Vorhofflimmern und -flattern; Grönefeld, G.; Urban und Vogel Verlag 2002
  2. Er F, Erdmann E.
    Die Elektrokardioversion
    Deutsche Medizinische Wochenschrift. 2007. 14:759-761
  3. Herzrhythmusstörungen; Lewalter, T.; Springer Verlag 2010
  4. Niedermolekulare Heparine; Lethen, H.; Springer Verlag 2006
  5. Mickley F, Löscher S, Hartmann A.
    Aktuelle Aspekte der Elektrokardioversion bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern
    Medizinische Klinik. 2004. 99:18-23
     
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