Raucherentwöhnung (Kurzdarstellung aller Verfahren)

Die Raucherentwöhnung ist eine notwendige Maßnahme zur Bekämpfung der Tabakabhängigkeit. Bereits im 16. Jahrhundert wurde der Pfeifentabak durch die spanischen Eroberer nach Europa gebracht. Damals als Privileg der Reichen, heute als Produkt der Massenindustrie und verfügbar für jedermann, ist die Abhängigkeit vom Zigarettengift Nikotin eine der häufigsten Suchterkrankungen im 21. Jahrhundert.

Die Nikotinsucht ist sowohl durch eine soziale bzw. psychische Komponente als auch durch eine biologische Komponente gekennzeichnet. Das Rauchverhalten wird sozial durch Gruppenakzeptanz verstärkt, während der Nikotinkonsum neurobiologisch über präsynaptische nikotinerge Acetylcholinrezeptoren die Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin im mesolimbischen System (Ausschüttung der Botenstoffe im Belohnungssystem des Gehirns) erhöht. Dies erklärt die hohe Suchtpotenz des Rauchens und die Art der Suchtentstehung. Es begründet weiterhin die Komplexität der Verfahren zur Raucherentwöhnung.

Die ICD-10-GM (Internationale Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation) definiert folgende Kriterien zur Diagnose der Tabakabhängigkeit, von denen mindestens drei erfüllt sein müssen:  

Kriterium Beschreibung
 I  Zwanghafter Tabakkonsum
 II  Toleranzentwicklung (Steigerung des Konsums, um Befriedigung zu erreichen)
 III  Körperliche Entzugssymptome bei Abstinenz
 IV  Anhaltender Tabakkonsum trotz Folgeschäden
 V  Veränderung der Lebensgewohnheiten, um den Tabakkonsum aufrechtzuerhalten
 VI  Eingeschränkte Kontrolle über das Rauchverhalten

Die Folgeschäden des Tabakkonsums sind immens. Jährlich sterben über 100.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Todesfälle durch Rauchen, im Alter zwischen 35 und 69 Jahren, sind: 

  • 40-45 % aller Krebstode,
  • 90-95 % aller Lungenkarzinome (Lungenkrebs)
  • 75 % aller chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (Gruppe von Krankheiten der Lunge, die durch Husten, vermehrten Auswurf und Atemnot bei Belastung gekennzeichnet sind, wie beispielsweise die chronisch-obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem)
  • 35 % aller kardiovaskulären Todesfälle (z. B. Myokardinfarkte/Herzinfarkte)

Auch rauchende, werdende Mütter und das Passivrauchen stellen ein großes Gesundheitsrisiko dar.

Rauchstopp senkt das Risiko für Lungen-, Leber-, Magen- und Kolonkarzinom nach ca. 10 Jahren. Nach ca. 15 Jahren erreichten die untersuchten Personen das Risiko von Personen, die niemals geraucht hatten [5].

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Verhütung von Folgeerkrankungen
  • sekundären Prävention bereits bestehender Erkrankungen – z. B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Hypertonie (Bluthochdruck)
  • (Bestandteil der) Rehabilitation nach Erkrankungen, die mit dem Rauchen assoziiert sind
  • Schutz von Nichtrauchern
  • Schutz des ungeborenen Kindes in der Schwangerschaft

Vor der Raucherentwöhnung

  • Aufklärung und Motivation: Wichtige Schritte vor Beginn der Raucherentwöhnung sind die umfassende Aufklärung über die Folgen des Rauchens und die Motivation zur Tabakabstinenz.
  • Evaluation der Abhängigkeit: Die Beurteilung des Abhängigkeitsgrades, oft mithilfe von Fragebögen und klinischen Kriterien.
  • Gesundheitliche Bewertung: Eine Überprüfung der allgemeinen Gesundheit und Identifizierung von möglichen Risikofaktoren oder bestehenden Erkrankungen.

Die Verfahren

Für die Raucherentwöhnung steht eine Vielzahl an Methoden zur Verfügung. Wie bereits erwähnt, besitzt die Tabaksucht eine psychologische und eine biologische Komponente. Deswegen besteht die Entwöhnung aus einer medikamentösen Therapie, vor allem zur Reduktion der Entzugserscheinungen, und aus einem verhaltenstherapeutischen Ansatz, der meist auf den Lerntheorien basiert.

Im Folgenden werden die wichtigsten Entwöhnungsmöglichkeiten kurz dargestellt: 

  • Akupunktur – Dieses Verfahren ist Teil der ganzheitlichen Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Nadeln werden an speziellen Akupunktur-Punkten eingestochen und beeinflussen die Zirkulation der Energien im Körper und somit das Verlangen nach dem Rauchen. Verbreitet ist hier vor allem die Ohrakupunktur.
  • Hypnose – Die Hypnose gehört zu den suggestiven Verfahren und zielt auf die Veränderung des Bewusstseins zugunsten der Rauchfreiheit ab. Während der Behandlung befindet sich der Patient in einem psychogenen Dämmerzustand bzw. einer Trance. Der Patient verliert dabei nicht den Bezug zur Realität und ist sich ständig seiner Reaktionsfähigkeit bewusst. In diesem Zustand wird er angeleitet, Entzugserscheinungen zu überwinden und der Versuchung des Rauchens zu widerstehen.
  • Raucherentwöhnungskurs – Diese Gruppentherapie findet in kleinem Kreise (ca. 10 Personen) statt und dient dem Erfahrungsaustausch. Außerdem wird das Gemeinschaftsgefühl genutzt, um den schwierigen, rauchfreien Alltag erfolgreich zu gestalten, dabei profitieren die Kursteilnehmer von den Erfahrungen der anderen. Es werden individuelle Strategien vermittelt und die Teilnehmer in ihrer Motivation bestärkt.
  • Medikamentöse Therapie mit Bupropion – Der genaue Wirkmechanismus des Bupropionhydrochlorids ist nicht bekannt, jedoch wird vermutet, dass es auf neurobiologischer Ebene dopaminerge bzw. noradrenerge (Dopamin und Noradrenalin sind Neurotransmitter) Prozesse beeinflusst.
    Die aktuelle S3-Leitlinie spricht sich zudem positiv für Vareniclin aus. Für die Wirkstoffe Nortriptylin (aktiver Metabolit des trizyklischen Antidepressivums Amitriptylin), Clonidin (Alpha-2-Agonist aus der Wirkstoffgruppe der Imidazoline) und Cytisin wird eine Kann-Empfehlung ausgesprochen. Cytisin ist ein sekundärer Pflanzenstoff des Goldregens und zählt zur Gruppe der Chinolizidin-Alkaloide. Seine Wirkung ähnelt der des Nikotins, da beide Substanzen mit denselben Rezeptoren im Gehirn in Wechselwirkung stehen.
  • Nikotinersatztherapie – Nikotinersatzpräparate werden in Apotheken in Form von Nikotinkaugummis, Nikotinpflastern, Nikotinsprays, Nikotininhalatoren (nikotinhaltige E-Zigaretten) und Sublingual-Nikotintabletten angeboten. Die Dosierung des Nikotingehalts z. B. der Kaugummis wird bis zur völligen Abstinenz reduziert. Die Erfolgschancen dieser Therapie sind groß, jedoch wird das Risiko der Abhängigkeit von reinem Nikotin diskutiert.
    • Ein Cochrane-Review auf der Basis von zu 17 zusätzlichen Studien liefert die Evidenz, dass die Rauchentwöhnung mithilfe von E-Zigaretten besser funktioniert als mit anderen Nikotinersatzprodukten [4].
  • Selbstmotivation – Eigenständige Raucherentwöhnung durch Literatur oder mithilfe von Tonbändern.
  • Stationäre Raucherentwöhnung – Die Patienten werden intensiv stationär betreut, während unterschiedliche Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft werden. Die Erfolgsrate ist hier sehr gut.
  • Verhaltenstherapie – Die Verhaltenstherapie wird in Gruppen oder als Einzeltherapie zu 6-10 Sitzungen abgehalten und beinhaltet die kognitive Vorbereitung auf die Nikotinabstinenz, Problemlösetraining sowie Bewältigungsstrategien. Für Kurzinterventionen hat sich das 5-R-Schema als Vorgehensweise bewährt: Relevance (Bezug herstellen), Risks (Risiken benennen), Rewards (Vorteile der Rauchfreiheit benennen), Roadblocks (Hindernisse ansprechen und bewältigen), Repetition (Wiederholen der Schritte).
    Die Verhaltenstherapie besteht außerdem aus den folgenden Bausteinen:

    • Selbstbeobachtungsphase – Bewusstmachen des (Rauch-)Verhaltens, der Situation und der Konsequenzen.
    • Akute Entwöhnungsphase – Entscheidung über die Methode zur Beendigung des Konsums, z. B. Schlusspunkt-Methode, sowie Erstellung von Strategien im Alltag, Aufbau von Alternativverhalten und Festlegung von Belohnungen.
    • Stabilisierungsphase – Rückfallprophylaxe und Erarbeiten von Bewältigungsstrategien.

Die erfolgreiche Bekämpfung der Entzugserscheinungen ist sehr wichtig für den Erfolg der oben beschriebenen Verfahren. Dies kann wie bereits erwähnt unterstützend und kontrolliert auf medikamentösem Wege z. B. mit Nikotinpflastern, -kaugummis und Nasensprays geschehen. Da jedoch häufig diese Mittel statt zum Entzug als Nikotinersatz verwendet werden, sollten sie nur mit gebührender Zurückhaltung zum Einsatz kommen. Begleitend können auch Entspannungstechniken eingesetzt werden.

Nach der Raucherentwöhnung

  • Nachsorge und Unterstützung: Regelmäßige Follow-up-Termine und psychologische Unterstützung zur Aufrechterhaltung der Abstinenz.
  • Bewertung des Erfolgs: Überprüfung des Rauchstatus und Bewertung des Erfolgs der angewendeten Methoden.
  • Rückfallprävention: Strategien zur Vermeidung von Rückfällen und zur langfristigen Rauchfreiheit.

Mögliche Komplikationen

Frühkomplikationen

  • Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme.
  • Stress und emotionale Schwankungen.
  • Gewichtszunahme als häufige Nebenwirkung.

Spätkomplikationen

  • Langfristige psychologische Abhängigkeit.
  • Mögliche Herz-Kreislauf-Probleme durch abrupte Veränderungen in der Nikotinzufuhr.
  • Risiko eines Rückfalls, insbesondere bei unzureichender Unterstützung und Nachsorge.

Die Literatur bietet weitere vertiefende Informationen und die S3-Leitlinie gibt umfassende Empfehlungen zur Raucherentwöhnung. Es ist wichtig, dass jeder Raucher individuell bewertet und ein maßgeschneiderter Plan zur Raucherentwöhnung erstellt wird, der sowohl die physischen als auch die psychologischen Aspekte der Abhängigkeit berücksichtigt.

Ihr Nutzen

Die Raucherentwöhnung bietet individuelle Hilfestellung bei der schwierigen Durchführung der Tabakabstinenz. Da es sich um eine Suchterkrankung handelt, ist dieser Prozess nicht zu unterschätzen und in seiner Durchführung sehr vielschichtig. Rauchen verursacht eine Vielzahl gefährlicher Erkrankungen, daher ist die Raucherentwöhnung notwendig zur Erhaltung der Gesundheit und Vitalität.

Literatur

  1. Schauder P: Ernährungsmedizin: Prävention und Therapie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
  2. Berger M: Psychische Erkrankungen: Klinik und Therapie; Elsevier; Urban & Fischer Verlag 2009. Deutsches Ärzteblatt 2/2004
  3. Partoll W: Rauchen – die bagatellisierte Sucht; Akademische Schriftenreihe; GRIN Verlag 2007
  4. Lindson N et al.: Electronic cigarettes for smoking cessation Cochrane Database of Systematic Reviews 17. November 2022 https://doi.org/10.1002/14651858.CD010216.pub7
  5. Park E et al.: Cancer Risk Following Smoking Cessation in Korea JAMA Netw Open.2024;7(2):e2354958. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.54958

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung. (AWMF-Registernummer: 076-006), Januar 2021 Kurzfassung Langfassung

     
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