Allgemeine Maßnahmen [ESC Syncope Guidelines 2018]
- Sofort Notruf absetzen! (Rufnummer 112)
- Abklärung:
- Handelt es um eine Synkope oder liegen andere Gründe für den Kreislaufkollaps vor?
- Besteht ein Risiko, dass der Patient ein kardiovaskuläres Ereignis erleiden oder versterben könnte?
- Nachfolgende Fragen sollten sich der Arzt/die Ärztin bei der Abklärung von Ohnmachtsanfällen in der Notaufnahme stellen:
- Liegt eine ernstzunehmende Ursache für den Bewusstseinsverlust vor?
- Wenn die Ursache unbekannt ist, wie hoch ist das Risiko, dass der Bewusstseinsverlust ernste Gründe haben kann?
- Sollte der Patient stationär aufgenommen werden?
- Asymptomatische Patienten mit unklarer Synkope gelten bei folgenden Befunden als Hochrisikopatienten:
- Familienanamnese eines plötzlichen Herztodes bzw. Todesfall eines Familienmitglieds im Alter unter 30 Jahren
- hohes Lebensalter bzw. schwerwiegende Morbidität (Begleiterkrankung)
- Anamnese oder klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
- abnormales Elektrokardiogramm (EKG; Aufzeichnung der elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels)
- Hämatokrit (Anteil der zellulären Bestandteile am Volumen des Blutes) < 30 bzw. Hinweise auf einen klinisch relevanten Volumenmangel
- Symptomatische Hochrisikopatienten und Patienten mit kardialer (herzbedingter) oder zerebrovaskuläre (gehirngefäßbedingter) Synkope bedürfen der weiteren Abklärung und müssen stationär aufgenommen werden.
- Bei behandlungsbedürftigen Sturzfolgen erfolgt eine stationäre Aufnahme unabhängig von der Risikosituation.
- Asymptomatische Patienten mit unklarer Synkope und niedrigem Risiko können zeitnah entlassen werden – die weitere Abklärung erfolgt ambulant.
- Asymptomatische Patienten mit unklarer Synkope gelten bei folgenden Befunden als Hochrisikopatienten:
Therapie [ESC Syncope Guidelines 2018]
- Karotis-Sinus-Massage (einseitiger Druck auf den Karotissinus); Indikation:
- Patient > 40 Jahre
- Ursache für die Synkope unklar und Reflexmechanismus nicht auszuschließen.
- Patienten mit Reflexsynkope:
- Medikation bei jungen Patienten mit Hypotonie: Midodrin (Sympathomimetikum; Midodrin ist ein Prodrug, dessen Metabolit Desglymidodrin den eigentlichen Wirkstoff darstellt) oder Fludrocortison (synthetisches Aldosteronanalogon, das zu den Mineralocorticoiden zählt)
- Junge Patienten mit Prodromi (Frühsymptome einer Erkrankung): Gegendruckmanöver (inklusive Tilt-Training, falls erforderlich)
- Altere Patienten mit dominierender kardioinhibitorischer Reflexsynkope: Implantation eines Herzschrittmachers (HSM)
- Altere Patienten mit Hypertonie: Unterbrechung einer antihypertensiven (blutdrucksenkenden) Therapie oder Dosisreduktion bis zum Erreichen eines systolischen Zielblutdrucks Blutdruck von 130 mmHg
- Allgemeine, kreislaufstärkende Maßnahmen können zur Besserung beitragen:
- Langsames morgendliches Aufstehen
- Ausreichende Flüssigkeits- (ca. 1,5-2,0 l/Tag) und Kochsalzzufuhr (5-6 g/Tag)
- Wechselduschen
- Bürstenmassagen
- Sport: empfehlenswert sind Schwimmen, Laufen und Tennis
- Saunabesuche
- Ggf. Unterbrechung einer antihypertensiven (blutdrucksenkenden) Therapie bzw. Dosisreduktion
- Tragen von Kompressionsstrumpfhosen
- Schlafen mit erhöhtem Oberkörper
- Ausgewählte Patienten mit oder ohne kurze Prodromi (uncharakteristische Vorzeichen oder auch Frühsymptome einer Erkrankung): Einsetzen eines implantierbaren Eventrecorders (Ereignis-Recorder)
*Eine orthostatische Hypotonie wird definiert durch einen Blutdruckabfall innerhalb von 3 Minuten nach dem Lagewechsel vom Liegen zum Stehen; dabei fällt der systolische Blutdruck um mehr als 20 mmHg oder auf einen Wert unter 90 mmHg absolut; der diastolische Blutdruck fällt um mehr als 10 mmHg.
Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren
ICD-Implantation
- Bei Patienten mit unerklärbarer Synkope und einem hohen Risiko für einen plötzlichen Herztod (PHT; siehe dazu unter der gleichnamigen Erkrankung) ist eine Abwägung der Vorteile einer ICD-Implantation gegen den Risiken vorzunehmen.
- Bei einer Synkope und eingeschränkter linksventrikulärer Auswurffraktion, allerdings oberhalb 35 % (d. h. ohne unstrittige ICD-Indikation), besteht eine ICD-Indikation (IIa C) [Syncope Guidelines 2018].
Leitlinien
- Moya A, Sutton R, Ammirati F, Blanc, et al. for the Task Force for the Diagnosis and Management of Syncope; European Society of Cardiology (ESC); European Heart Rhythm Association (EHRA); Heart Failure Association (HFA); Heart Rhythm Society (HRS): Guidelines for the diagnosis and management of syncope (version 2009). Eur Heart J 2009; 30: 2631-71. Epub 2009 Aug 27.
- S2k-Leitlinie: Synkopen im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 023-004), Juni 2014 Langfassung
- Brignole M, Moya A, de Lange F et al.: 2018 ESC Guidelines for the diagnosis and management of syncope. European Heart Journal, ehy037, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy037 Published: 19 March 2018
- S1-Leitlinie: Synkopen. (AWMF-Registernummer: 030-072), Januar 2020 Langfassung