Stressverarbeitung
Stress

Im Mittelpunkt der modernen psychologischen Stressforschung steht die Möglichkeit der Verarbeitung von Belastungen. Es geht dabei um die Beziehung zwischen Person und Umwelt.

Die Stressverarbeitung wird in der „Stressdiagnostik“ über die folgenden fünf Themenbereiche: gemessen

  • Emotionale Intelligenz (EQ)
  • Positives Copingverhalten
  • Negatives Copingverhalten
  • Perfektionismus
  • Soziale Unterstützung

Für Lazarus (1991, 1999) steht bei der Stressverarbeitung zunächst der Prozess der Bewertung („appraisal“). Das Individuum schätzt in einem ersten Schritt die neue Situation ein, inwieweit sie für ihn unbedeutend oder angenehm-positiv oder aber bedrohlich – also stresserzeugend – ist. Die stressbezogenen Einschätzungen wiederum werden in Bedrohung, Schaden/Verlust-Erkennung und Herausforderung unterteilt. Bei dieser Unterteilung wird deutlich, dass eine Herausforderung auch mit positiven Erlebnisqualitäten verbunden sein kann, der Stressbegriff nach Lazarus also nicht auf negative Emotionen beschränkt bleibt.

In einem zweiten Schritt schätzt der Betroffene seine Bewältigungsmöglichkeiten ein. Er fragt sich: Welche Möglichkeiten der Bewältigung stehen mir zur Verfügung? Besteht eine Möglichkeit, die Situation zu vermeiden oder auf sie aktiv einzuwirken?

Die nachfolgende Möglichkeit der Stressbewältigung, das sogenannte „Coping“-Verhalten, wird von einigen Autoren (Laux, 1983; Schneewind und Ruppert, 1995) für die Belastungsfolgen wichtiger als die Häufigkeit und Intensität der Stressepisoden selbst angesehen.

In der Literatur wird hierzu eine Vielzahl von Problemlösungen beschrieben. Sie beziehen sich dabei auf die sehr individuellen Bewältigungsstile, zum Beispiel einen aktiven beziehungsweise passiv-vermeidenden Stil oder eine Differenzierung zwischen emotions- und problembezogenem Coping.

Zur Stressbewältigung (Coping) gehören kognitive und das Verhalten betreffende Strategien (Ressourcen), wie mit dem Stress (Stressor) umgegangen wird. Ein breites Repertoire an Copingstrategien kann dabei eingesetzt werden:

  • Instrumentelles Coping: dieses zielt primär auf Veränderung der Situation. Dabei kann das Einholen von Informationen helfen oder auch die soziale Unterstützung von Familie, Freunde etc.
  • Emotionales Coping: Veränderung von Gefühlen und Gedanken, um die Realität anzunehmen (z. B. sich kognitiv umstrukturieren und ablenken, Beten etc.)
  • Regeneratives Coping: z. B. Entspannungstraining und Sport
  • Destruktives Coping (meiden): Drogen- und Alkoholmissbrauch; problematisches Essverhalten

An einem Beispiel soll ein solcher Unterschied erklärt werden:

Eine belastende Situation, zum Beispiel eine Prüfung, muss bewältigt werden. Bei einem problembezogenem Handeln wird sich der Kandidat ausführlich mit der empfohlenen Prüfungsliteratur befassen. Er versucht, die Lieblingsfragen des Prüfers in Erfahrung zu bringen. Er wird sich womöglich einer Arbeitsgruppe anschließen. Er wird auch versuchen, die Stoffmenge aufzuteilen und sich nur mit speziellen Themen beschäftigen. Durch dieses problemzentrierte Arbeiten erscheint die bevorstehende Prüfung weniger bedrohlich. Es erfolgt eine Neubewertung der Situation.
Beim emotionsbezogenem Handeln steht die Regulation der Emotionen im Vordergrund. Um die Angst und den Ärger, eventuell auch die Depression, zu bewältigen, werden Entspannungsverfahren erlernt. Der Kandidat sucht Unterstützung bei Freunden. Er übt positives Denken ein. Insgesamt entwickelt er eine defensive Neubewertung, um mit der Bedrohung fertig zu werden.

Die einzelnen Formen der Bewältigungsstrategien, zum Beispiel Bagatellisieren, Distanzieren (ich mache weiter, als ob nichts geschehen sei), Bedürfnis nach sozialer Unterstützung, Anerkennung von Verantwortlichkeit (ich erkenne, dass das Problem von mir kommt), Suche nach Selbstbestätigung, Fluchttendenz (ich hoffe, dass ein Wunder geschieht), soziale Abkapslung oder planvolles Problemlösen (Aufbau eines Handlungsplanes, dem ich folge), werden in der „Stressdiagnostik“ in einem ausführlichen Fragenkatalog berücksichtigt.

Es resultieren positive und negative Copingstrategien. Sind sie positiv, hat der Patient die Fähigkeit, mit kritischen Situationen oder mit Belastungen konstruktiv umzugehen; sind sie negativ, überwiegen die belastungsverstärkenden Einstellungen. Resignatives Verhalten mit Abkapslung oder Selbstbestrafung gewinnen die Oberhand und wirken dann langfristig krankheitsfördernd.

Nach Einschätzung solcher Bewältigungsoptionen folgt der Schritt zur Bewältigung, also der Versuch und die Bemühung, mit dem Stress fertig zu werden; das Gelingen ist damit aber nicht garantiert. Der Versuch kann sogar zum Scheitern und damit zu einer Stresserhöhung führen.

Diese individuellen Ressourcen – also die Pufferzonen zur Verarbeitung von Belastungen – werden nicht allein durch das Copingverhalten bestimmt.

Ihr Ausmaß wird auch von einer Vielzahl von Persönlichkeitsvariablen reguliert, die in der „Stressdiagnostik“ mit gemessen werden.

Am bekanntesten ist das Typ-A-Verhalten: Menschen mit ausgeprägtem Hang zum Perfektionismus legen überhöhte Maßstäbe an ihre eigenen Leistungen. Sie setzen sich unter Zeitdruck, sind überdurchschnittlich ehrgeizig oder erleben sich ständig im Wettbewerb mit anderen. Diese Verhaltensweisen wirken belastungsverstärkend. Das Typ-A-Verhalten wird im Themenbereich Perfektionismus in der „Stressdiagnostik“ mit abgefragt.

Bei der Stressbewältigung spielen die sozialen Ressourcen eine besondere Rolle. Es ist allerdings nicht so, dass grundsätzlich eine möglichst vielseitige soziale Unterstützung sinnvoll ist. So kann das Selbstwertgefühl eher gehoben werden, wenn der Stressor allein bewältigt wird (Moos und Schäfer, 1993). Auch ist ein Zuviel an sozialer Unterstützung oft mit Verantwortung für neue soziale Rollen verbunden. Aber es ist wichtig zu wissen, dass bei einem Scheitern der eigenen Bemühungen von anderer Seite Hilfe zur Verfügung steht.

Ein für die Stressbewältigung wichtiges, relativ neu beschriebenes Persönlichkeitsmerkmal ist die emotionale Intelligenz (EQ) (Goleman, 1996). Sie wird der kognitiven Intelligenz (IQ) gegenübergestellt. Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit sich selbst zu motivieren, auch im Anblick von Frustrationen. Menschen mit hohem EQ können ihre Impulse und Stimmungen besser kontrollieren, akute Stresssituationen hindern sie nicht am Denken und Handeln. Aber auch die Gefühle anderer Menschen werden in der richtigen Intensität wahrgenommen. Der EQ ist vom IQ unabhängig. Der EQ-Score wird in der „Stressdiagnostik“ gemessen und prägt die Qualität der Stressverarbeitung mit.

Des Weiteren entscheidet die Resilienz, wie der Mensch mit Stress klarkommt. Der Begriff Resilienz entstammt dem lateinischen Wort „resilire“ (= abprallen, zurückspringen).

Auch wenn Resilienz teilweise erblich ist, so kann jedoch diese bei jedem Menschen gefördert werden. 

Es werden 3 Formen des Umgangs mit Stress beschrieben [1]

  • Resistenz, z. B. im Sinne einer neurobiologischen Stressresistenz. Diese kann durch Achtsamkeitstraining gestärkt werden.
  • Regeneration der psychischen und physischen Regenerationsfähigkeit. Diese kann mithilfe von Entspannungsübungen und Sport gesteigert werden.
  • Rekonfiguration von z. B. zu hohen Erwartungshaltungen. Einstellungen oder Verhaltensweisen müssen an die veränderte Lebenssituation angepasst werden.

Resilienz ist die Fähigkeit, sich durch Stresssituationen zu helfen und vor negativen Entwicklungen zu schützen. Diese Schutzfaktoren helfen beispielsweise sich vor einem Burnout zu schützen.

Literatur

  1. Helmreich I; Lieb K. Resilienz. Schutzmechanismen gegen Burnout und Depression. In│Fo│Neurologie & Psychiatrie 2015; 17(2):52-60

 

     
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