Hyperhidrosebehandlung

Eine Form der Hyperhidrosebehandlung (Synonym: Hyperhidrose-Therapie) ist die lokale Injektion von Botulinumtoxin (Botox).

Etwa 0,5 % der Bevölkerung sind von einer vermehrten Schweißbildung betroffen, deren häufigste Form als primäre idiopathische, fokale Hyperhidrose bezeichnet wird. Seltener ist die generalisierte sekundäre Hyperhidrose, die meist eine Systemerkrankung als Ursache hat (z. B. endokrinologische Störungen wie Schilddrüsendysfunktion, Diabetes mellitus, Tumoren oder neurologische Erkrankungen  ̶  Erkrankungen des Nervensystems). Neben psychosozialen Problemen führt die vermehrte Schweißsekretion auch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen durch Viren, Bakterien und Pilze.
Botox ist ein natürliches Bakteriengift, das von dem Bakterium Clostridium botulinum produziert wird. Das Verfahren dient der Behandlung der Hyperhidrose, die durch eine störende vermehrte Schweißproduktion in der Axilla (Achselhöhle), im Gesicht und an den Hand- und Fußflächen gekennzeichnet ist.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Hyperhidrose –  übermäßiges, unkontrollierbares und damit krankhaftes Schwitzen

Die Unterscheidung des abnormen Schwitzens von dem Normalzustand erfolgt über die Menge des Schweißes. Als pathologisch (krankhaft) gilt eine Menge von mehr als 50 mg Schweiß pro Minute in der Achsel. Eine derartige Verstärkung des Schwitzens kann sowohl im Berufs- als auch im Privatleben zu erheblichen psychischen Belastungen führen. Deswegen ist eine Therapie mit Botox medizinisch indiziert.

Auch eine Schweißproduktion, die unterhalb der definierten Grenze liegt, kann sehr störend sein und mit großem Leidensdruck verbunden sein. Hier ist die Indikation gegeben, auch wenn es sich um ein ästhetisches Anliegen handelt. Allerdings wird die Behandlung der Hand- und Fußflächen wegen der notwendigen Betäubung und der vermehrten Komplikationen nicht aus ästhetischen Gründen durchgeführt.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Allergien gegen Botulinumtoxin oder andere Bestandteile der Injektionslösung.
  • Myasthenia gravis oder andere neuromuskuläre Erkrankungen, die eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Botulinumtoxin aufweisen.
  • Infektionen oder Hauterkrankungen an den vorgesehenen Injektionsstellen.
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Da unzureichende Daten zur Sicherheit von Botulinumtoxin während der Schwangerschaft und Stillzeit vorliegen, ist die Anwendung kontraindiziert.
  • Gerinnungsstörungen: Patienten mit Blutgerinnungsstörungen sollten nicht mit Botulinumtoxin behandelt werden, da es zu Blutungen im Behandlungsbereich kommen kann.
  • Bestimmte Medikamente: Die Einnahme bestimmter Medikamente, wie z.B. Aminoglykosid-Antibiotika, kann die Wirkung von Botulinumtoxin beeinflussen und sollte daher vermieden werden.

Vor der Behandlung

  • Umfassende medizinische Anamnese und Untersuchung zur Bestätigung der Diagnose Hyperhidrose und zum Ausschluss sekundärer Ursachen.
  • Patienten sollten informiert werden über die Wirkweise, die erwarteten Ergebnisse und mögliche Nebenwirkungen der Botox-Behandlung.
  • Patienten sollten mindestens zwei Wochen vor der Behandlung die Einnahme von Antikoagulantien (Blutverdünner) vermeiden.
  • Vor der Behandlung sollten Alkohol und Tabak vermieden werden, da diese die Heilung beeinträchtigen können.

Das Verfahren

Die Hyperhidrosebehandlung mit Botox dient ausschließlich der Behandlung der primären Hyperhidrose. Aus diesem Grund sollte zunächst eine sekundäre Hyperhidrose ausgeschlossen werden. Die Ursache für die Hyperhidrose ist eine Störung der sogenannten ekkrinen Schweißdrüsen (Glandulae sudofirae eccrinae), die für die Thermoregulation (Regulation der Körperwärme) des Körpers verantwortlich sind. Diese Drüsen werden durch den Sympathikus (Teil des vegetativen, unwillkürlichen Nervensystems) über cholinerge Nerven versorgt (cholinerge Innervation bezeichnet den Teil des Nervensystems, der Acetylcholin als Neurotransmitter verwendet. Ein Neurotransmitter ist ein Botenstoff, der die elektrische Information von einer Nervenzelle zur nächsten überbringt), die durch Stress oder Angst besonders aktiviert werden.

Das Botox wird im betroffenen Bereich intrakutan (in die Haut) im Abstand von 1-2 cm injiziert, sodass es zu einer Quaddelbildung kommt. An den Fuß- und Handflächen ist eine vorherige örtliche Betäubung notwendig, da die Behandlung sonst sehr schmerzhaft ist. Die Wirkung des Botox setzt an den cholinergen Nerven an, die die Schweißdrüsen versorgen, indem es die Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin verhindert. Die Wirkung hält ca. 4-6 Monate an und kann beliebig oft wiederholt werden. Trotz mehrfacher Anwendung konnte gezeigt werden, dass keine gehäuften Nebenwirkungen auftreten.

Um den Bereich der vermehrten Schweißproduktion für die Behandlung zu markieren, steht der Minor-Test (Jod-Stärke-Test) zur Verfügung:

  • Einstreichen der Haut mit einer Jod-Kaliumiodid-Lösung (Lugolsche Lösung).
  • Bestäubung mit Stärkepulver nach der Trocknung.
  • Ist Schweiß vorhanden, färbt sich das Areal dunkelblau.

Anästhesieverfahren: Lokalanästhesie (örtliche Betäubung)
Operationsdauer 30-60 Minuten

Nach der Behandlung

  • Unmittelbar nach der Behandlung sollte der Patient die behandelten Bereiche nicht massieren oder reiben, um eine Ausbreitung des Toxins zu vermeiden.
  • Patienten sollten für einige Stunden nach der Injektion körperliche Anstrengungen und hitzebedingte Aktivitäten wie Saunabesuche vermeiden.
  • Der behandelte Bereich kann vorübergehend gerötet und geschwollen sein. Kühlung kann helfen, diese Symptome zu lindern.
  • Patienten sollten direkte Sonneneinstrahlung in den behandelten Bereichen vermeiden und einen Sonnenschutz verwenden.

Mögliche Komplikationen

Frühkomplikationen

  • Schmerzen, Schwellungen oder Hämatome an den Injektionsstellen.
  • Vorübergehende Muskelschwäche in der Nähe der Injektionsstellen.
  • Allergische Reaktionen auf das Toxin oder andere Bestandteile der Injektionslösung.

Spätkomplikationen

  • Wirkungsverlust: Die Wirkung von Botox ist zeitlich begrenzt und die Behandlung muss regelmäßig wiederholt werden.
  • Ungleichmäßige Ergebnisse: In einigen Fällen kann es zu ungleichmäßigen Ergebnissen kommen, die eine Nachbesserung erforderlich machen.
  • Toleranzentwicklung: Bei wiederholten Behandlungen kann es zur Entwicklung einer Toleranz gegenüber Botulinumtoxin kommen.

Alternative Therapieverfahren

Neben der Therapie mit Botox stehen eine Reihe anderer Therapiemaßnahmen zur Verfügung, die zum Teil allerdings mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein können: 

  • Autogenes Training
  • Akupunktur
  • Salbeiextrakte (Tabletten, Tee) – Anwendung basiert auf Erfahrungsberichten. Kontrollierte Studien zur Wirksamkeit liegen nicht vor, sodass die Substanz allenfalls als alternativer bzw. adjuvanter Therapieansatz betrachtet werden muss.
  • Antiperspiranzien: Lokale Anwendung von Aldehyden oder Aluminiumhydrochlorid, die eine Wirkung auf die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen haben und die Schweißsekretion hemmen.
  • Iontophorese: Das Anlegen eines schwachen elektrischen Gleitstromes an ein Salzbad, dessen Ionen eine verstopfende Wirkung auf die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen haben können.
  • Anticholinerge Medikamente: Sie bewirken eine systemische Blockade der cholinergen Innervation, d. h. eine Hemmung der Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin.
    Nebenwirkungen: Akkommodationsstörungen (Anpassungsvermögen des Auges an die äußeren Bedingungen), Mundtrockenheit, Tachykardien (Herzrasen), Miktionsstörungen (Blasenentleerungsstörung), Konzentrationsstörungen
  • Tranquilizer: Psychopharmaka, die beruhigend bzw. entspannend wirken, werden angewendet, wenn das Schwitzen eine Folge von Angstreaktionen ist.
  • Operative Therapie: Exzision des betroffenen Gewebes (z. B. bei therapieresistenter axillärer Hyperhidrose) oder Sympathektomie (Durchtrennung der Grenzstrangganglien und damit Unterbrechung der versorgenden Nervenbahnen)

Ihr Nutzen

Die Hyperhidrosebehandlung mit Botox ist eine sinnvolle medizinische Therapie, da eine vermehrte Schweißproduktion vor allem das soziale Leben des Patienten erheblich beeinträchtigen kann.

Literatur

  1. Sommer B, Sattler G: Botulinumtoxin in der ästhetischen Medizin. Georg Thieme Verlag 2006

     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag