Venenstripping
Varizenstripping

Das Venenstripping (Synonym: Varizenstripping) ist der wesentliche Bestandteil der operativen Therapie der Varikose (sogenanntes Krampfaderleiden). Unter Varikose wird das ausgedehnte Vorkommen von Varizen verstanden. Varizen (lat. varix – Krampfader) sind unregelmäßig geschlängelte, oberflächliche Venen, die an einigen Stellen knotenförmig erweitert sein können. Die Formen der Varikose werden folgendermaßen eingeteilt:

  • Primäre Varikose: Diese Varikose wird auch als Varikothrombose bezeichnet, da eine Neigung zu Thrombosen (venöses Blutgerinnsel) besteht. Ursache der primären Varikose kann eine angeborene Bindegewebeschwäche sein, die direkt über eine Erweiterung der Gefäßwand zu einer Venenklappeninsuffizienz führt (die Venenklappen verhindern einen Rückstrom des Blutes zurück in die Beine, sind sie beschädigt, ist ein Rückstau mit Varizenbildung wahrscheinlich). Risikofaktoren für eine primäre Varikose sind Schwangerschaft, Adipositas (Übergewicht) und stehende Berufe.
  • Sekundäre Varikose: Infolge einer anderen Venenerkrankung, z. B. nach einem postthrombotischem Syndrom, kommt es zu einer Abflussbehinderung im tiefen Venensystem. Der venöse Blutstrom erfolgt nun vermehrt über die Vv. perforantes, die mit dem oberflächlichen Venensystem in Verbindung stehen und das Blut aus dem tiefen Venensystem umleiten. Es bildet sich ein Kollateralkreislauf über die Vv. saphenae, der zu einer Varizenbildung führt.

Die primäre Varikose kann in der Art ihrer Ausprägung wiederum in unterschiedliche Formen unterteilt werden:

  • Stammvarikosis: Bei dieser Form sind die beiden Hauptvenen des oberflächlichen Systems (Vena saphena magna und Vena saphena parva) betroffen.
  • Seitenastvarikosis: Hier sind Seitenäste durch Stauung des Blutes in den Hauptvenen betroffen.
  • Retikuläre Varikosis – Es handelt sich hierbei um Phlebektasien (gleichmäßige diffuse Weitstellung der Venen ohne Schlängelung) im Unterhautfettgewebe.
  • Perforansvarikosis: Die Verbindungsvenen zwischen tiefem und oberflächlichem Venensystem sind geweitet.
  • Besenreiservarikosis: Hiermit sind kleine rötlich-bläuliche Äderchen, die meist das erste Anzeichen einer Venenerkrankung darstellen, gemeint.

Unter Venenstripping versteht man die chirurgische Extraktion (Entfernung) von varikös veränderten Venen mit einem Venenstripper, einer flexiblen, speziellen Sonde. Die Entfernung der Varizen dient der Verhütung von Komplikationen wie der Thrombophlebitis (Entzündung einer oberflächlichen Vene), einer Varizenblutung oder (bei langjährigem Verlauf) einer chronischen venösen Insuffizienz mit venösen Ulzera (Geschwüren). Das Verfahren wird vor allem bei der Stammvarikose eingesetzt und als Venenstripping nach Babcock durchgeführt.
Das Venenstripping gehört zur Standardtherapie der Varikose und ist chirurgisch vielfach erprobt. Neben der Stammvarikose können kleinere Varikosen (z. B. der Seitenäste) behandelt und so das Risiko von Folgeerkrankungen verringert werden (Thrombophlebitis etc.).

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Primäre Varikose: Besonders bei einer ausgeprägten Stammvarikosis der Vena saphena magna und Vena saphena parva, wo eine Neigung zu Thrombosen besteht und eine Venenklappeninsuffizienz vorliegt.
  • Sekundäre Varikose: Resultierend aus anderen Venenerkrankungen wie einem postthrombotischen Syndrom, das zu einer Abflussbehinderung im tiefen Venensystem führt.
  • Fortgeschrittene Varikose: Bei Fällen, in denen andere Behandlungen wie Kompressionstherapie nicht ausreichend sind oder bei denen Komplikationen wie Thrombophlebitis, Varizenblutung oder chronische venöse Insuffizienz drohen.
  • Kombinierte Varizen: In Situationen, in denen neben der Stammvarikose auch Seitenäste oder retikuläre Varizen vorhanden sind.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Bei eingeschränkter arterieller Durchblutung besteht ein erhöhtes Risiko für Komplikationen.
  • Tiefe Venenthrombose (TVT) oder Thrombophlebitis: Vorliegen einer aktiven tiefen Venenthrombose oder Thrombophlebitis kann das Risiko für Embolien erhöhen.
  • Unkontrollierte systemische Erkrankungen: Bei schweren, unkontrollierten Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder schwerem Diabetes mellitus ist Vorsicht geboten.
  • Schwere Infektionen: Vor allem im Bereich der zu behandelnden Venen.
  • Schwangerschaft: Während der Schwangerschaft wird das Venenstripping in der Regel nicht empfohlen.
  • Unfähigkeit zur postoperativen Mobilisation: Da Bewegung nach der Operation wichtig ist, sind bettlägerige Patienten keine guten Kandidaten.
  • Unverträglichkeit gegenüber Lokalanästhetika: Bei bekannter Allergie gegen Lokalanästhetika.
  • Schwere psychische Erkrankungen: Die Eignung für das Venenstripping sollte bei schweren psychischen Erkrankungen sorgfältig abgewogen werden.

Vor der Operation

Vor der Operation sollte ein intensives Anamnesegespräch durchgeführt werden, das die Krankengeschichte und die Motivation zu dem Eingriff einschließt. Die Durchführung, eventuelle Nebenwirkungen und die Folgen der Operation sollten ausführlich erörtert werden.
Beachte: Die Anforderungen der Aufklärung sind strenger als üblich, da Gerichte im Bereich der ästhetischen Chirurgie eine „schonungslose“ Aufklärung fordern.

Des Weiteren sollten Sie vor der Operation für die Dauer von sieben bis zehn Tagen weder Acetylsalicylsäure (ASS) noch Schlafmittel oder Alkohol zu sich nehmen. Sowohl Acetylsalicylsäure als auch andere Schmerzmittel verzögern die Blutgerinnung und können zu unerwünschten Blutungen führen.
Raucher sollten ihren Nikotinkonsum bereits vier Wochen vor dem Eingriff stark einschränken, um die Wundheilung nicht zu gefährden.

Das Operationsverfahren

Bei dem klassischen Venenstripping nach Babcock (Synonym: Babcock-Operation) werden die insuffizienten (geschädigten) Abschnitte der V. saphena magna entfernt. Voraussetzung ist die Durchgängigkeit des tiefen Venensystems, dies wird durch eine Phlebographie (Kontrastmitteldarstellung der Venen) und/oder eine Dopplersonographie (Ultraschalluntersuchung) überprüft. Die Babcock-Operation beginnt mit einem Schnitt in der Leiste. Der Operateur setzt die sogenannte "Crosse" frei: Der Ort an dem die V. saphena magna in die V. femoralis mündet. Alle Seitenäste der V. saphena magna, die in die Crosse münden, werden unterbunden. Anschließend wird die Stammvene selbst unterbunden. Diese Maßnahme wird als Crossektomie bezeichnet.

Der zweite Schnitt erfolgt unterhalb des varikösen Abschnitts der Vene. Wenn die gesamte Vene varikös ist, befindet sich diese Stelle kurz über dem Malleolus medialis (Innenknöchel). Der untere Teil der V. saphena magna wird nun stumpf frei präpariert und unterbunden. Die Babcock-Sonde (Venenstripper) wird über den distalen (unteren) Zugang in die Vene eingeführt und bis zur Leiste vorgeschoben. Hier verknotet der Operateur die Vene mit dem Kopf der Sonde und zieht beides zusammen aus der distalen Schnittstelle heraus. Das Verfahren kann auch in umgekehrter Richtung erfolgen, um den Druck auf Nervenfasern im Bereich des Knöchels zu mindern.

Da eine Varikose weitere Bestandteile des Venensystems betreffen kann und verwandte Verfahren teilweise in Kombination mit dem klassischen Venenstripping nach Babcock durchgeführt werden müssen, werden diese hier kurz dargestellt:

  • Konventionelles Stripping der V. saphena parva – Die V. saphena parva wird ähnlich wie die V. saphena magna entfernt: Zuerst wird analog eine sogenannte Parva-Crossektomie durchgeführt und die Vene an ihrer Mündung in die V. poplitea in der Kniekehle unterbunden. Der distale (untere) Schnitt befindet sich oberhalb des Malleolus laterales (Außenknöchel). Hier wird die Sonde eingeführt, in die Kniekehle vorgeschoben und zusammen mit der verknoteten Vene herausgezogen.
  • Invaginierendes Stripping – Dieses Verfahren gilt als besonders schonend. In der Regel wird ein sogenannter Pin-Stripper nach Oesch verwendet, der ebenfalls mit der Vene verknotet wird. Beim Extrahieren stülpt sich der Venenstumpf ein. Dadurch wird das Operationstrauma sehr gering gehalten.
  • Kryostripping (Synonym: Kryovariektomie) – Dieses Verfahren ermöglicht ein schonendes Vorgehen und kann bei allen Formen der Varikose, außer der Besenreiservarikose, angewendet werden. Die Venenstripping-Sonde besteht aus Metall und kann mithilfe strömenden Gases auf bis zu -80 °C abgekühlt werden. Die Vene haftet an der Sonde und wird herausgezogen. Durch die Kälte lässt sich die Vene besser entfernen und eine Blutung wird nahezu komplett verhindert.
  • Miniphlebektomie – Diese Methode dient der Entfernung von Seitenastvarikosen, die sowohl isoliert als auch gemeinsam mit einer Stammvarikose auftreten können. Die Venen werden zuvor am stehenden Patienten markiert und anschließend über feine Stiche mit kleinen Häkchen herausgezogen.
  • Perforansligatur – Falls neben der Insuffizienz der V. saphena magna einige Perforansvenen ebenfalls insuffizient sind, sucht der Operateur diese auf und unterbindet sie.

Je nach Ausprägung der Varikose und nach Aufwand der Maßnahmen wird die Operation ambulant oder stationär durchgeführt. Falls nötig kann die Behandlung in mehreren Sitzungen erfolgen.

Anästhesieverfahren: Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) 
Operationsdauer: 1-3 Stunden

Nach der Operation

Der Patient sollte nach seiner Entlassung mindestens 3 Monate Kompressionsstrümpfe der Klasse II tragen und längeres Sitzen bzw. Stehen vermeiden. Schwellungen, Spannungsgefühl und Druckgefühl in den Beinen können vorkommen.

Mögliche Komplikationen

  • Blaue Flecken auf der Haut; Schwellungen, Spannungsgefühl und Druckgefühl in den Beinen, evtl. auch Empfindungsstörungen. Diese verschwinden im Regelfall nach einigen Tagen.
  • Verletzung von Hautnerven; diese führt dann zu einer Parästhesie (Taubheitsgefühl); in seltenen Fälle auch dauerhafte Schmerzen aufgrund eines Neuroms, das ist eine gutartige Knotenbildung, die nach Durchtrennung eines peripheren Nervs (Neurektomie) an der Stelle des Defekts entstehen kann
  • Stärke Schmerzen, als Zeichen einer Durchblutungsstörung (hier ist eine umgehende Kontrolluntersuchung erforderlich)
  • Wundheilungsstörungen (selten)
  • Infektionen (selten)
  • Verletzungen der Schlagader in der Leiste (A. femoralis communis)
  • Vorübergehende Schwellungen, Spannungsgefühl und Druckgefühl in den Beinen kann durch einen Lymphstau und/oder Hämatom (Bluterguss) entstehen. Dieses ist durch eine Kompressionstherapie (z. B. Kompressionstrümpfe) gut behandelbar:
    Sollte es zu chronischen Lymphstauungen kommen, ist ggf. eine Lymphdrainage erforderlich.
  • Wie nach jedem operativen Eingriff kann es zu einer Thrombose (Bildung eines Blutgerinnsels) kommen, mit der möglichen Folge einer Embolie (Verschluss eines Blutgefäßes) und damit einer Lungenembolie (Lebensgefahr). Eine Thromboseprophylaxe führt zu einer Risikoreduktion.
  • Durch die Verwendung von elektrischen Geräten (z. B. Elektrokoagulation) kann es zu Kriechströmen kommen, die zu Haut- und Gewebeschäden führen können.
  • Durch die Lagerung auf dem Operationstisch kann es zu Lagerungsschäden (z. B. Druckschäden an Weichteilen oder auch an Nerven, mit der Folge von Empfindungsstörungen kommen; in seltenen Fällen dadurch auch zu Lähmungen des betroffenen Gliedes).
  • Bei Überempfindlichkeit bzw. Allergien (z. B. Betäubungs-/Narkosemittel, Medikamente etc.) kann es vorübergehend zu folgenden Beschwerden kommen: Schwellung, Hautausschlag, Juckreiz, Niesen, tränende Augen (Augentränen), Schwindel oder Erbrechen.
  • Infektionen, nach denen schwere lebensbedrohliche Komplikationen betreffend Herz, Kreislauf, Atmung etc. auftreten, sind sehr selten. Ebenso sind bleibende Schäden (z. B. Lähmungen) und lebensbedrohende Komplikationen (z. B. Sepsis/Blutvergiftung) nach Infektionen sehr selten.

Literatur

  1. Petres J, Rompel R: Operative Dermatologie: Lehrbuch und Atlas. Springer Verlag 2006
  2. Nöldeke S: Klinikleitfaden chirurgische Ambulanz. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2009
  3. Grotewohl JH: Angewandte Phlebologie: Lehr- und Handbuch für Praxis und Klinik. Schattauer Verlag 2002
  4. Bazlen U, Schmidt D: Chirurgie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK). (AWMF-Registernummer: 037 - 005), Dezember 2018 Langfassung

     
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