Übergewicht – Stoffwechsel – Diabetes mellitus

Nachfolgend werden unter "Hormon-, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen" Krankheiten beschrieben, die gemäß ICD-10 dieser Kategorie zuzuordnen sind (E00-E90). Der ICD-10 dient der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten sowie verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und ist weltweit anerkannt.

Hormon-, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen

Endokrine (hormonell bedingte) Krankheiten

Das endokrine System (Hormonsystem) besteht aus Drüsen und Organen, die jeweils spezifische Hormone (Botenstoffe) bilden (Synthese) und direkt in die Blutbahn freisetzen (Sekretion), damit sie in die Zielzellen gelangen. Das endokrine System reguliert und steuert damit zahlreiche Körperfunktionen wie Fortpflanzung, Wachstums- und Stoffwechselprozesse.

Endokrine Drüsen bzw. Organe sind:

  • Hoden (Testes) – produzieren Testosteron und sind zudem zuständig für die Spermatogenese (Samenzellbildung)
  • Langerhans-Inseln des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) – kontrollieren die Freisetzung der Hormons Insulin (ß-Zellen) und Glucagon (α-Zellen)
  • Nebennieren – sitzen den Nieren auf und produzieren u. a. das Hormon Cortisol
  • Nebenschilddrüsen (Parathyroid) – in der Regel gibt es vier Nebenschilddrüsen, die der Schilddrüse an der Rückseite oben und unten anliegen; sie bilden das Parathormon, das den Calcium- und Phosphathaushalt reguliert; gleichzeitig ist es an der Biosynthese des Vitamin D beteiligt
  • Ovarien (Eierstöcke) – produzieren vor allem die Hormone Östradiol (wichtigstes Östrogen) und Progesteron (Gestagene)
  • Schilddrüse – produziert Schilddrüsenhormone; hierzu zählen insbesondere Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (Tetraiodthyronin, T4)
  • Thymus (Thymusdrüse/Bries) – ist an der Entwicklung des Immunsystems beteiligt
  • Zirbeldrüse (Epiphyse) – Teil des Zwischenhirns; produziert Melatonin, das schlaffördernd wirkt und den Tag-Nacht-Rhythmus steuert

Der Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) steuert die Freisetzung von Hormonen und die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) beeinflusst andere endokrine Drüsen, wie zum Beispiel die Schilddrüse.

Von einer endokrinen Erkrankung spricht man, wenn entweder zu viele Hormone ausgeschüttet werden oder zu wenige (Hormonungleichgewicht).

Ursachen dafür können u. a. sein:

  • ein Problem in der endokrinen Drüse selbst
  • zu starke oder zu schwache Stimulierung der Hypothalamus-Hypophysen-Achse
  • Tumoren – sie können überschüssige Hormone bilden oder Drüsengewebe zerstören (Hormonproduktion ↓)
  • Autoimmunerkrankung – das körpereigene Immunsystem greift eine endokrine Drüse an (Hormonproduktion ↓)

Über die Messung des Hormonspiegels lässt sich prüfen, wie gut die betreffende endokrine Drüse funktioniert.

Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen

Unsere heutige Ernährungsweise ist mit verantwortlich für das Entstehen zahlreicher Erkrankungen. Wir essen zu viel, zu süß, zu fettig und zu salzig. Vor allem eine hyperkalorische Ernährung (Aufnahme von Kalorien über den Bedarf hinaus) stellt ein großes Problem dar, denn sie führt zu Übergewicht, das wiederum Ursache vieler Krankheiten, z. B. Tumorerkrankungen (Krebserkrankungen) ist. In Deutschland ist jeder Zweite übergewichtig.

Folge einer schlechten Ernährung können Stoffwechselstörungen sein. In unserem Organismus werden ständig Stoffe aufgenommen, abgebaut, umgewandelt und ausgeschieden. Die Gesamtheit dieser Vorgänge nennt man Stoffwechsel. Bei einer Störung des Stoffwechsels sind eine oder auch mehrere Stoffwechselwege beeinträchtigt. Stoffwechselstörungen können erworben sein – z. B. Diabetes mellitus (Störung des Kohlenhydratstoffwechsels), Hypertriglyceridämie (Störung des Fettstoffwechsels) – oder angeboren. Angeborene Stoffwechselstörungen beruhen im Regelfall auf einem genetisch bedingten Enzymdefekt. Ein Beispiel ist die hereditäre Fructoseintoleranz (Fructoseunverträglichkeit).

Durch eine adäquate Ernährungsweise kann eine bereits bestehende Erkrankung positiv beeinflusst werden. Die Ernährung hat folglich einen präventiven sowie einen therapeutischen Charakter.

Häufige Hormon-, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen

  • Akromegalie – Hypersekretion von Somatotropin mit Größenzunahme der Körperendglieder bzw. der Akren
  • Diabetes mellitus Typ – Diabetes mellitus Typ 1, Diabetes mellitus Typ 2
  • Diabetische Nephropathie – Nierenerkrankung auf Grund einer Gefäßerkrankung bei Vorliegen eines Diabetes mellitus
  • Hashimoto-Thyreoiditis – Autoimmunerkrankung, die zu einer chronischen Schilddrüsenentzündung führt
  • Hyperhomocysteinämie (erhöhte Konzentration von Homocystein im Blut)
  • Hyperlipoproteinämien (Fettstoffwechselstörungen) – Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie
  • Hyperurikämie (Gicht)
  • Latente metabolische Azidose (schleichende stoffwechselbedingte Übersäuerung) – Störung des Säure-Basen-Haushalts
  • Mangelernährung im Alter
  • Metabolisches Syndrom – Sammelbezeichnung für verschiedene Krankheiten und Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen
  • Morbus Addison – primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (Nebennierenrindenschwäche), die zu einem Ausfall der Cortisol- und Aldosteron-Produktion führt
  • Morbus Cushing/Cushing-Syndrom – Gruppe von Erkrankungen, die zum Hyperkortisolismus (Hypercortisolismus; Überangebot von Cortisol) führen
  • Morbus Wilson – autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, bei der durch eine oder mehrere Genmutationen der Kupferstoffwechsel in der Leber gestört ist
  • Mukoviszidose (Synonym: zystische Fibrose) – genetisch bedingte Erkrankung, die durch die Produktion von zu zähmen Sekret in verschiedenen Organen gekennzeichnet ist
  • Nahrungsmittelintoleranzen (Nahrungsmittelunverträglichkeiten) – Fructoseintoleranz (Fruchtzuckerunverträglichkeit), Lactoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit), Sorbitintoleranz (Sorbitunverträglichkeit)
  • Schilddrüsenerkrankungen – Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Morbus Basedow (Form der Hyperthyreose, die durch eine Autoimmunerkrankung bedingt ist), Struma (Kropf)
  • Übergewicht, Adipositas (Fettsucht)
  • Untergewicht

Die wichtigsten Risikofaktoren für Hormon-, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Hohe Kalorienzufuhr
    • Hohe Aufnahme von Kohlenhydraten, v. a. Mono- und Disacchariden (Einfach- und Zweifachzucker)
    • Zu geringer Anteil komplexer Kohlenhydrate, ballaststoffarme Ernährung
    • Fettreiche Ernährung (gesättigte Fettsäuren), zu geringer Anteil einfach und mehrfach ungesättigter Fettsäuren, hohe Cholesterinaufnahme
    • Übermäßiger Konsum von rotem Fleisch
    • Erhöhte Purinaufnahme mit der Nahrung, z. B. durch übermäßigen Fleischkonsum (besonders Innereien)
    • Zuckeraustauschstoffe Sorbit, Xylit und Fructose in hohen Dosen
    • Rohköstler
    • Hohe Jodzufuhr/niedrige Jodzufuhr
    • Mikronährstoffmangel – Selen, Vitamin B6, B12 und Folsäure
  • Genussmittelkonsum
    • Alkoholkonsum
    • Tabakkonsum
  • Bewegungsmangel
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress
    • Schichtarbeit, Nachtdienst
    • Schlafmangel
  • Schwangerschaft
  • Übergewicht
  • Erhöhter Taillenumfang (Bauchumfang; Apfel-Typ)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Adipositas
  • Apoplex (Schlaganfall)
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn
  • Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Demenz
  • Depressionen
  • Hepatitis (Leberentzündung)
  • Hyperlipoproteinämien (Fettstoffwechselstörungen)
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie) – chronische Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht

Medikamente

  • Antibiotika
  • Antidepressiva
  • Antihistaminika – Medikamente gegen allergische Reaktionen wie beispielsweise Cetirizin
  • Antihypertensiva (Blutdrucksenker)
  • Glucocorticoide
  • Nicht-steroidale Antirheumatika – Schmerzmittel wie Ibuprofen
  • Sedativa – Beruhigungsmittel wie Bromazepam
  • Zytostatika (Substanzen, die das Zellwachstum bzw. die Zellteilung hemmen)
  • und viele mehr

Röntgenstrahlen

  • Strahlentherapie (Radiotherapie, Radiatio)

Bitte beachten Sie, dass die Aufzählung nur einen Auszug der möglichen Risikofaktoren darstellt. Weitere Ursachen finden Sie unter der jeweiligen Krankheit.

Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für Hormon-, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen

  • Laborparameter
    • Kohlenhydratstoffwechsel: Nüchternglucose, Glucosetoleranztest, Blutzuckertagesprofil, HbA1c-Wert
    • Fettstoffwechsel: Triglyceride, Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin
    • Leberparameter
    • Nierenparameter
    • Hormonspiegel
      • Gonadotropine
      • Schilddrüsenparameter
      • Sexualsteroide
  • H2-Atemteste (Fructose-H2-Atemtest, Lactose-H2-Atemtest, Sorbit-H2-Atemtest)
  • Abdomensonographie (Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane)
  • Nierensonographie (Ultraschalluntersuchung der Nieren)
  • Schilddrüsensonographie (Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse), Schilddrüsenszintigraphie
  • Transkranielle Dopplersonographie
  • Intima-Media-Dicke-Messung der Halsschlagader
  • Perimetrie (Gesichtsfelduntersuchung)
  • Computertomographie (CT; schnittbildgebendes Verfahren (Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen mit rechnerbasierter Auswertung)
  • Magnetresonanztomographie (MRT; computergestütztes Schnittbildverfahren (mittels magnetischer Felder, das heißt ohne Röntgenstrahlung))

Welcher Arzt hilft Ihnen?

Bei Hormon-, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen ist zunächst der Hausarzt, der in der Regel Allgemeinmediziner oder Internist ist, Ansprechpartner. In Abhängigkeit von der Erkrankung bzw. deren Schwere wird eine Vorstellung bei einem entsprechenden Facharzt, z. B. einem Endokrinologen erforderlich.

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Das DocMedicus Gesundheitslexikon ist Teil einer Reihe von Medizinlexika des DocMedicus Verlags. Der DocMedicus Verlag ist ein renommierter, digitaler Wissenschaftsverlag, der sich auf evidenzbasiertes medizinisches Wissen (EBM)* spezialisiert hat und seit Jahren für qualitativ hochwertige medizinische Informationen steht.

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Das Arztinformationssystem unterstützt Ärzte bei ihrer klinischen Entscheidungsfindung durch aktuelles medizinisches Wissen zu Prävention, Diagnostik und Therapie.

*Evidence-based Medicine ist die gewissenhafte, wohlüberlegte Anwendung der zurzeit besten wissenschaftlichen Fakten, um Entscheidungen bezüglich der individuellen Behandlung von Patienten zu treffen“ [1].

Literatur

  1. David L Sackett, William M C Rosenberg, J A Muir Gray, R Brian Haynes, W Scott Richardson: Evidence based medicine: what it is and what it isn't. BMJ 1996;312:71 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.312.7023.71
     
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